Entwicklung und Erprobung von kleinen getauchten Festbetteinrichtungen für belüftete Oxidationsteiche und qualitativer und quantitativer Nachweis ihrer Funktionsfähigkeit am Beispiel der Abwasserteichanlage Wundersleben
Projektdurchführung
Bildung Beratung Beschäftigung (bbb) e. V.
Alexander-Puschkin-Platz 6
99510 Apolda
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Naturnahe Kläranlagen erfüllen nicht immer ganzjährig die vorgegebenen Reinigungsleistungen - auch wenn sie nach dem bekannten Stand der Technik bemessen, konstruiert und gebaut werden. Ein Beispiel für diese These ist die belüftete Oxidationsteichanlage Wundersleben in Thüringen. Sie wurde nach dem ATV-Arbeitsblatt A-201 (10/89) geplant, gebaut und 1999 in Betrieb genommen. Trotz mehrfacher Anpassungen konnten die Mindesteinleitungsanforderungen nicht stabil erfüllt werden.
Nach dem Einbau provisorischer getauchter Festbetteinrichtungen aus Kunststoffbruchmaterial hinter den Belüftern in Fließrichtung verbesserte sich die Qualität des behandelten Abwassers spürbar. Somit war die Voraussetzung für die Durchführung eines darauf bezogenen Forschungsprojektes gegeben.
Das Ziel des Forschungsprojekts bestand in der verfahrenstechnischen Bewertung, der konstruktiven Gestaltung sowie dem rationellen Ein- und Ausbau von determinierbarem, am Markt verfügbarem Festbettmaterial aus Kunststoffen. Integriert in die Aufgabenstellung war die Erfassung und Beseitigung des verfahrensbedingten Überschussschlammabfalls.
Außerdem sollten folgende Ziele verfolgt werden:
die unterschiedlichen Reinigungsleistungen im Sommer- und Winterbetrieb zu erfassen;
den Einfluss des Algenaufkommens auf die Abflussgrenzwerte zu relativieren;
die hohen Abwasserkonzentrationen beim Trockenwetterzufluss in ihrer Allgemeingültigkeit zu be-werten.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer im Rahmen des Forschungsprojektes erreichte Wissenszuwachs wurde in 6 Schritten gewonnen:
Nullversuch von Mai bis Anfang Juli 2004 - Das Ziel bestand maßgeblich in der Bestätigung der mit den provisorischen Festbetten erreichten verbesserten Reinigungsleistungen.
1. Versuchsreihe von Juli bis August 2004 - Es wurde das Ziel verfolgt, einen Sommerbetrieb ohne Festbetten zu erfassen. Dazu wurden die provisorischen Festbetten am 10.06.2004 ausgebaut.
2. Versuchsreihe von Oktober 2004 bis Januar 2005 - Im ersten Zeitabschnitt - temperaturbedingt bis zum 22.12.2004 - erfolgte die Simulation eines Sommerbetriebes mit Festbetten. Darauf aufbauend konnte der Vergleich Sommerbetrieb mit und ohne Festbetten durchgeführt werden. Im zweiten Zeitabschnitt ab 22.12.2004 wurden Daten für den Winterbetrieb mit Festbetten gewonnen.
3. Versuchsreihe von Dezember 2004 bis Ende März 2005 - Diese Versuchsreihe beinhaltete einen Winterbetrieb mit und ohne Festbetten. Die Festbetten wurden am 22.02.2005 ausgebaut.
4. Versuchsreihe von Mai bis August 2005 - Das Ziel war ein Sommerbetrieb mit optimierten Festbetten.
5. Versuchsreihe von Oktober 2005 bis April 2006 - Das Ziel bestand im Beschreiben eines Winterbetrie-bes mit optimierten Festbetten. Außerdem konnten analoge Werte des unbelüfteten Oxidationsteiches Süßenborn bei Weimar zum Vergleich herangezogen werden.
Ergebnisse und Diskussion
1. Belüftete Oxidationsteiche, die nach dem Stand der Technik geplant, gebaut und betrieben werden, erfüllen mit großer Wahrscheinlichkeit beim Zufluss höher konzentrierter Rohabwässer (> 800 mg CSB/l) nur zum Teil die ihnen vorgegebenen Einleitungsgrenzwerte nach der Abwasserverordnung, Anhang 1.
2. Durch den Einbau getauchter Festbetten in Kombination mit den Oberflächenbelüftern solcher naturnahen Kläranlagensysteme können deren kohlenstoffbezogene Reinigungsleistungen spürbar (bis 40 %) verbessert werden.
3. Die Effektivität der Verbesserung ist in hohem Maße von der Abwassertemperatur in den belüfteten Teichen abhängig. Bei Temperaturen ? 2° C, wie sie bei naturnahen Kläranlagensystemen vorkommen können, tendiert der Reinigungsanteil der getauchten Festbetten gegen Null.
4. Der zu erwartende höhere Überschussanfall der Festbetten auf dem verfügbaren Absetzraum des Schönungsteiches konnte nicht quantifiziert werden.
5. Bei der Kombination von Belüftern und getauchten Festbetten handelt es sich um ein hybrides System, bei dem eine eindeutige Zuordnung der anteiligen Reinigungsleistungen nicht möglich ist. Bei Abwassertemperaturen ? 2° C in den belüfteten Teichen kann in Abhängigkeit von der Temperatur eine Flächenbelastung der Festbetten von BA = 1,5 ... 3,0 g CSB / (m² * d) erreicht werden. Die Grundreinigung übernimmt dabei der belüftete Oxidationsteich mit BR = 50 g CSB / (m³ * d).
6. Anhand der Erfahrungen, die im Rahmen des zweijährigen Forschungsprojektes gesammelt wurden, erscheinen die Mindestanforderungen an naturnahe Kläranlagen, insbesondere bei großflächigen temperaturanfälligen Teichen, ganzjährig nicht sicher einhaltbar. Es wird in Anlehnung an die Stickstoffgrenzwerte ab der Größenklasse 3 der AbwV, Anhang 1, eine temperatur- oder jahreszeitliche Regelung empfohlen.
7. Als ein relevantes Problem bei der Bewertung der Leistungsfähigkeit der Versuchsanlage hat sich der Algenanteil auf die Ablaufgrenzwerte ausgewirkt. Die forschungsbedingten Vergleichsbetrachtungen der einzelnen Analysen in Kläranlagenablauf ergaben nur von den algenfreien (fitlrierten) Proben sinnvolle Werte. Analog zur Aussage im vorgenannten Punkt sollte die AbwV, Anhang 1, Größenklassen 1 und 2 im Sinne von Absatz (3) präzisiert werden.
8. Das zweijährige Versuchsprogramm fand unter in-situ-Bedingungen statt. Deshalb war es nur schwer möglich, die erforderlichen Korrelationen bei gleichwertigen Randbedingungen aufzustellen. Die in den Berichten zu den Versuchsreihen getroffenen Aussagen sind daher teilweise nur von tendenziellem Wert.
9. Das vorgeschlagene hybride System Belüfter - Festbetten kann aus jetziger Sicht als Rekonstruktions- und ggf. Erweiterungsmaßnahme für belüftete Oxidationsteiche empfohlen werden. Seine Berücksichtigung für Neuanlagen ist noch nicht begründbar.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Darstellung des Verfahrens erfolgte bereits in einer Fachzeitschrift. Als Reaktion darauf erhielten die Projektpartner über 40 Interessenten Hinweise und Erläuterungen zum Verfahren. Gleichzeitig wurden die ausführlichen Projektberichte mit dem Kooperationspartner Norddeutsche Seekabelwerke GmbH und Fuchs Gas- und Wassertechnik diskutiert und entsprechenden Interessenten zugesandt. Darüber hinaus erfolgten insbesondere aus Thüringen mehrere Besichtigungen der Anlage vor Ort.
Eine abschließende detaillierte Projektdarstellung erfolgt auf der Internetseite www.belueftete-abwasserteiche.de. Interessenten haben die Möglichkeit zum Download einzelner Arbeitsberichte.
Fazit
Das hybride System belüfteter Oxidationsteiche mit eingebauten Festbetten führt zu erhöhten Reinigungsleistungen.
Ein ganzjährig gültiger Bemessungsansatz in Form einer Flächenbelastung BA in g CSB / (m² * d) für die Festbetten kann nicht gegeben werden.
Die durchgeführten Versuche unterstreichen die besondere Abhängigkeit der Leistungsfähigkeit naturnaher Kläranlagen von den äußeren Witterungsbedingungen.
Die Verwirklichung des Patentes Beheizte Festbetten zur Steigerung der Leistungsfähigkeit biologi-scher Kläranlagen (Az. 10 2006 024 111.8-44) könnte die Problematik der Leistungsminderung von naturnahen Kläranlagen, insbesondere von belüfteten Oxidationsteichen mit eingebauten Festbetten, im Winter auflösen.
Fördersumme
62.547,00 €
Förderzeitraum
23.03.2004 - 23.09.2006
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik