Methodisch beispielhafte Konservierung zweier umweltgeschädigter Elbsandsteinfiguren der Johanniskirche in Hamburg-Harvestehude (einschließlich Weiterbildungsmaßnahmen)
Projektdurchführung
Ev.-luth. KirchengemeindeSt. Johannis-Harvestehude
Heimhuder Str. 92
20148 Hamburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Zwei von vier Sandsteinfiguren, die vier Evangelisten darstellend, in ca. 30 m Höhe am Turm der Johannis-Kirche in Harvestehude waren so stark geschädigt, dass Figurenteile auf den Innenhof des Internationalen Kindergartens herabzustürzen drohten.
Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe, gebildet aus Steinmetzen, Restauratoren, Bauingenieuren und Naturwissenschaftlern hat die Umweltschäden zweier Sandsteinfiguren, der Evangelisten Matthäus und Johannes, untersucht und die Schadensbilder erfasst, Schadensursachen festgestellt, und Konservierungsmethoden erprobt. In die naturwissenschaftlich begleitete Restaurierung wurde die Acrylharzvolltränkung (AVT), die erstmalig für Hamburger Kulturgut modellhaft Anwendung gefunden hat, mit ein-bezogen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Arbeitsschwerpunkte liegen auf der Untersuchung zerstörender Prozesse (ohne vollständige Klärung im Einzelfall, s. o.) und auf der sehr aufwendigen Restaurierung transportabler Einzelstücke, die z. B. mit dem Verfahren der Acrylharzvolltränkung (AVT) konserviert werden können.
- Bestimmung der Gesteinsvarietät, der Salze und der Altrestaurierungs-Materialien
- Schadenserfassung und -dokumentation
- Entwicklung und Beurteilung von Reinigungsmethoden zur Entfernung der Algenbeläge, Gipskrusten, und sonstigen Ablagerungen, Reinigungstests
- Erarbeitung eines Restaurierungskonzeptes (Klebung / Vernadelung von gebrochenen Teilen, Antrag von Steinersatzmassen etc., Vorbereitung für die Acrylharzvolltränkung)
- Überprüfung des Erfolges von Restaurierungsmaßnahmen mittels Ultraschall.
- Acrylharzvolltränkung
- Überprüfung mittels Ultraschall.
Ergebnisse und Diskussion
Die Figuren sind beide aus Elbsandstein, der Varietät Cottaer Sandstein.
Die Verkrustungen und Verschmutzungen, die die Gesteinsoberfläche für die Konservierungsmittel stellenweise verschließen, wurden ebenso wie die Eisenanker entfernt.
Die Altrestaurierungsmörtel (Kalkmörtel mit hydraulischen Anteilen) in ihrer unterschiedlichen Zusammensetzung wurden durch offenporige Mörtel-Systeme, die für die Acrylharzvolltränkung geeignet sind, ersetzt.
Da der Salzgehalt sehr gering ist, brauchten die Figuren keiner Entsalzung unterzogen zu werden.
Die Figuren wurden mit Ledan TA 1 Leit 03 und 16 mm V4 A-Dübeln wieder zusammengesetzt.
Als weiterer Arbeitsschritt wurde eine partielle Festigung sandender Partien mit OH G 10 durchgeführt. Es folgte eine Reinigung mit Wasserberieselung und Mikrostrahlverfahren. Alle Fehlstellen wurden mit dem Restauriermörtel: Schmalstieg Steinmasse RS Typ A ergänzt.
Überprüfung der Vorrestaurierung
Nach der Restaurierung wurden Ultraschalluntersuchungen durchgeführt. Sie zeigten generell, dass die durchgeführten Restaurierungen erfolgreich waren. Einige Problemzonen, die sichtbar wurden, konnten vor der Durchführung der Acrylharzvolltränkung vom Restaurator nachgearbeitet werden.
Danach erfolgte durch die Fa. Ibach Steinkonservierung die Acrylharz-Volltränkung (AVT) .
Nachrestaurierung
Die Nachrestaurierung umfasste die Antragung der Altergänzungen und die Rissinjektagen der alten Bruchstücke. Abschließend erhielten die Figuren eine Lasur auf Acrylharzbasis.
Die Überprüfung der Restaurierung erfolgte in der Fa. Schmalstieg mit der Ultraschallmethode. Es wurden dieselben Mess-Strecken, die vor der AVT zur Prüfung dienten, erneut genutzt.
Als Ergebnis war nach der Acrylharzvolltränkung ein generell erhöhtes Geschwindigkeitsniveau mit Werten zwischen 3,5 und 5 km/s in fast allen Mess-Strecken zu ermitteln. Problemzonen, die bei der Messung vor der Tränkung detektiert wurden, zeigten nach der Tränkung meist auf das allgemeine Niveau angehobene Geschwindigkeiten oder zumindest deutlich erhöhte Werte. In Einzelfällen waren aber noch Zonen geringerer Geschwindigkeiten und undeutlicher Signaleinsätze auszumachen.
Rückführung der Figuren an den Turm
Eine spezielle Befestigung ist notwendig, da nach der AVT die Figuren mit ihrer dunklen natürlichen Natur-Steinfärbung einer nicht unerheblichen thermischen Längenänderung unterliegen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Arbeitsschritte und Ergebnisse wurden dokumentiert, in der materialkundlichen Datenbank des ZMK erfasst und in Vorträgen den Studierenden des Institutes für Restaurierung der Hochschule für Angewandte Kunst und Wissenschaft der FH Hildesheim und im Fachbereich Geowissenschaften an der Uni-versität Hannover ebenso wie den TeilnehmerInnen der studienvorbereitenden Praktika der Stiftungen Hamburger Museen und des Denkmalschutzamtes der Freien und Hansestadt Hamburg präsentiert. Die begleitenden Arbeitsschritte sind im Projektverlauf auf der Homepage der Kirchengemeinde St. Johannis, Hamburg-Harvestehude einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Am 20.12.2004 wurden der Kirchengemeinde St. Johannis in Harvestehude die Projektergebnisse abschließend vorgestellt.
Ein Artikel über die Projektarbeiten und -ergebnisse ist in der Fachzeitschrift Bautenschutz und Bausa-nierung / Bauen im Bestand (Heft 05 / 2005) erschienen.
Fazit
Ohne ein Gefährdungspotenzial für die spielenden Kinder des Internationalen Kindergartens darzustellen, stehen die Figuren der beiden Evangelisten Johannes und Matthäus wieder an ihren Plätzen am Turm der Johannis-Kirche. Möglich ist dies durch die erstmalige Anwendung der Acrylharzvolltränkung (AVT) an Hamburger Kunst- und Kulturgut und durch die intensive Zusammenarbeit von Naturwissenschaft und Handwerk.
Um weitergehende Erkenntnisse für den modellhaft durchgeführten Einsatz der AVT-Methode zu erhalten, wird darauf hingewiesen, dass eine Überprüfung der durchgeführten Restaurierungsmaßnahmen, unter anderem durch die Messung mittels Ultraschall, nach einer Bewitterungszeit von zwei bis drei Jahren als unbedingt nötig erachtet wird.
Fördersumme
35.000,00 €
Förderzeitraum
13.01.2004 - 13.01.2006
Bundesland
Hamburg
Schlagwörter