Messung der Reservekohlenhydrate in Spargelwurzeln als Methode zum umweltschonenden Einsatz von Wasser, Dünger und Pflanzenschutzmitteln
Projektdurchführung
Forschungsanstalt Geisenheim
Fachgebiet Gemüsebau
Von-Lade-Str. 1
65366 Geisenheim
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Spargel ist die wichtigste Gemüseart in Deutschland. Der Anbau erfolgt überwiegend auf wenig speicherfähigen Sandböden, wo Risiken der Nährstoffverlagerung bestehen, aber auch ökologische Risiken durch den fast überall in Deutschland erforderlichen Einsatz der Bewässerung und von Fungiziden be-stehen. Für den Einsatz von N-Dünger gibt es neue in Geisenheim entwickelte Sollwerte, der Einsatz von Wasser und Fungiziden erfolgt dagegen gegenwärtig noch sehr subjektiv. Der aktuelle Reservekohlenhydratgehalt (RKH) der Speicherwurzeln könnte für den Einsatz dieser Ressourcen künftig als objektives Steuerungskriterium dienen, wie internationale Untersuchungen zeigten. Im Rahmen des Projektes wurde geprüft, ob und wie sich der Einsatz von Fungiziden und Zusatzwasser nach den RKH-Gehalten der Speicherwurzeln steuern lässt.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFür die im Frühjahr zu erntenden Spargelsprosse werden die RKH aus den Speicherwurzeln in die Knospen verlagert. Die RKH-Dynamik im Jahresverlauf spiegelt die jeweiligen Verhältnisse des Pflanzenbestandes auf dem Feld wider, wobei insbesondere im Sommer durch die pflanzenbaulichen Maßnahmen entschieden wird, welche Ertragspotentiale im Speicherwurzelsystem angelegt werden. Da die Vegetationszeit eines erntefähigen Spargelbestandes sehr kurz ist, wirken sich Mängel in der Bestandesführung maßgeblich auf die Pflanzenentwicklung und Umwelt aus.
Diese Prozesse wurden in Versuchen unter definierten Bedingungen genauer analysiert.
Weiterhin wurde mittels Schnelltest durch Bestimmen der aktuellen RKH-Gehalte in den Speicherwurzeln im Sommer/Herbst in Versuchen und Praxisflächen untersucht, wie sich Fungizid-, Dünger- bzw. Wassereinsatz auf die RKH-Gehalte im jeweiligen Abschnitt der Vegetationsperiode auswirken und ob weitere Maßnahmen zur Grünerhaltung der Bestände entfallen können oder ob weitere dieser Ressourcen erforderlich sind. RKH-Analysen zur Bestandesführung im weiteren Jahresverlauf und im Jahresvergleich dokumentieren, wie die Auswirkungen der Maßnahmen längerfristig auf den Pflanzenbestand sind.
Hauptziel ist es, basierend auf dem Kriterium RKH-Gehalt schrittweise den Ressourceneinsatz jahresspezifisch zu vermindern und damit eine Umweltentlastung vorzunehmen. In der Forschungsanstalt Geisenheim wurden gemeinsam mit der FH Wiesbaden die Informationen aufbereitet und in einem Online-System (www.asparagus-info.org) für die Anbauer zugänglich gemacht.
Ergebnisse und Diskussion
Durch Versuche in Containern, einer wägbaren Lysimeteranlage, auf Versuchsflächen und auf Praxisschlägen in verschiedenen Anbaugebieten Deutschlands konnten mit Unterstützung von Beratern und Wissenschaftlern umfassende neue Erkenntnisse zum Wurzelsystem des Spargels und zum Reserve-kohlenhydratsystem des Spargels gewonnen werden. Dabei wurde mit Hilfe eines Schnelltests zu mehreren Zeitpunkten des Jahres der Füllungsstand des RKH-Pools der Spargelbestände bestimmt. Auf vergleichbaren Praxisflächen und in versuchen wurde ermittelt, wie sich eine differenzierte Bewässerung und ein unterschiedlicher Fungizideinsatz auf die gespeicherte Zuckermenge auswirken. Daraus können Empfehlungen abgeleitet werden, wie der Wasser- und Fungizideinsatz zu erfolgen hat, um die Ertragsbildung zu sichern, aber die Mengen so zu begrenzen, das der Einsatz umweltschonend erfolgt.
¢ Der Hauptnutzen der Anwendung des RKH-Systems besteht in der verbesserten Terminisierung des Ernteabschlusses bei Spargelbeständen. Diese Termine sind nicht mehr fix, wie in der Vergangenheit (ca. 24.Juni), da bei Spargel bereits wesentlich früher als in der Vergangenheit die Beerntung beginnt und somit auch die Ernte früher abgeschlossen werden muss, damit die Pflanzen nicht ihren RKH-Pool erschöpfen. Durch diese objektive Terminfixierung werden auch deutliche umweltrelevante Effekte erreicht, denn die beprobten Anlagen altern nicht mehr vorzeitig, so dass weniger neue Anlagen angelegt werden müssen. Damit bleibt der einmal getätigte Aufwand der Flächenvorbereitung, der organischen Düngung, der Pflanzung etc. länger wirksam. Da die Verfügbarkeit von Flächen für den Spargelanbau begrenzt ist, musste immer häufiger der Anbau auf Flächen vorgenommen werden, auf denen diese Pflanzenart schon einmal in jüngster Zeit angebaut worden war. Die Anzahl derartiger Flächen kann vermindert werden, wenn eine Fläche länger genutzt wird. Auf Nachbauflächen ist der Ertrag niedriger, so dass alle Ressourcen weniger gut wirksam sind, zudem sind mehr Pflanzenschutzmaßnahmen notwendig.
¢ Durch Anwendung dieses RKH-Systems kann auch die Produktivität des Aufwuchses nach der Ernte bewertet werden, was für den Einsatz von Dünger, Bewässerung und Pflanzenschutz maßgeblich ist. Der Aufwand dafür ist relativ hoch, so dass er gegenwärtig vor allem für die Bewertung der Effekte obiger Faktoren in Versuchen getätigt wird. Dies besitzt jedoch einen Multiplikationseffekt, da es dadurch gelingt, die Wirksamkeit obiger Faktoren schneller und auf objektiver Basis zu bewerten. Somit können die neuen Empfehlungen schneller an die Praxis übergeben werden.
¢ Mit der Verteuerung der obigen Ressourcen wächst das Interesse der Anbauer, diese nur dann einzusetzen, wenn sie eine Ertragsverbesserung bewirken. Somit kann damit gerechnet werden, dass das Interesse zum Einsatz der Methode in den nächsten Jahren noch steigt. Bereits jetzt liegen Einladungen aus verschiedenen Spargelanbaugebieten vor, über die Ergebnisse des Projektes im kommenden Winterhalbjahr vor Spargelanbauern zu berichten und über die Weiterführung der Un-tersuchungen zu diskutieren.
¢ Nicht nur auf den Versuchsflächen und auf den Flächen, die im Rahmen des Projektes geplant waren, sondern zusätzlich wurden noch eine Vielzahl von weiteren Anbauern unterstützt, welche die RKH-Methode zur Steuerung ihrer Spargelflächen angewendet haben. Diese Probenahmen auf zusätzlichen Flächen sind ein Effekt, der aus den Arbeiten im Rahmen dieses Projektes resultierte, da die Anbauer in internen Diskussionen die Aussagen, die mit den Projektarbeiten möglich werden, beraten hatten. Wären sie nicht von einem Nutzen in der Zukunft überzeugt, hätten sie nicht eigene Mittel in derartige Untersuchungen investiert. Daneben wurden allerdings auch noch einige Anbauer di-rekt von ihren Anbauberatern betreut, die wiederum von der Forschungsanstalt Geisenheim angeleitet wurden. Auch die Pflanzenschutzindustrie hat die in Geisenheim entwickelte RKH-Methode zur Bewertung ihrer Pflanzenschutzversuche angewendet, um den Erfolg verschiedener Pflanzenschutzstrategien zu bewerten. Dies kann als voller Erfolg der Methode verbucht werden und stellt ebenfalls ein zusätzliches Ergebnis der Arbeit dieses Projektes dar.
Insgesamt konnten zahlreiche Zusammenhänge aufgeklärt werden, jedoch gibt es noch wesentliche Fragen, die weiterer Untersuchungen bedürfen, z. B. warum sich die RKH-Konzentrationen über Winter an einigen Standorten wesentlich reduzieren, an anderen nicht. Erst deren Beantwortung wird den Nutzer-kreis der Methode wesentlich vergrößern. Die Mittel dazu stehen gegenwärtig nicht zur Verfügung.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Vorträge:
- Weinheimer, S., Paschold, P.-J. (2007): Wurzeluntersuchungen bei Spargel. 19. Spargeltag, Messe Karlsruhe.
- Paschold, P.-J., Weinheimer S., (2007): Neues zur Nutzung des RKH-Systems zur Ableitung pflanzenbaulicher Maßnahmen bei Spargel. 14. Pfälzer Spargelbautag Neustadt/ Weinstraße.
- Weinheimer S., Paschold, P.-J. (2007): Neue Informationen zum Umfang und zur Masse des Spargelwurzelsystems. 14. Pfälzer Spargelbautag Neustadt/ W.
- Paschold, P.-J., (2006): Nährstoffmanagment und Reservekohlenhydrathaushalt von Spargel zur Ertragssteuerung. Spargeljahrestagung Alitzheim/Würzburg.
- Paschold, P.-J., (2006): Aktuelles zum Online-System Reservekohlenhydrate Spargel. Spargelseminar Grünberg.
- Paschold, P.-J., Weinheimer S., (2006): Online-System www. Asparagus-info.org zum Reservekohlenhydratmanagement von Spargel. DGG-Tagung Geisenheim.
- Paschold, P.-J., Weinheimer S., (2006): Online-System www. Asparagus-info.org zum Reservekohlenhydratmanagement von Spargel, Seddiner Spargeltag.
Schriftliche Veröffentlichungen:
- Paschold, P.J., Arslan, A., Schäfer, R., Ernst, M. 2008: Recommendations for Growers on the Basis of Carbohydrates in Asparagus Roots - Description of the Online System www. asparagus-info.org, Acta Horticulturae, 776, 477 - 483.
- Weinheimer, S., Paschold, P.-J. (2007): Verluste von Reservekohlenhydraten im Winter? Versuche im deutschen Gartenbau - Gemüsebau 2007 Spargel, Reservekohlenhydrate.
- Weinheimer S., Paschold, P.-J. (2007): Wurzelwachstum und -verteilung bei Spargel. Gemüse 43, 8. S. 35-37.
- Weinheimer, S. und Paschold, P.-J. (2007):. Dynamik des Wurzelwachstums von Spargel. Posterbeitrag 45. Gartenbauwissenschaftliche Tagung 2007, Erfurt.
- Weinheimer, S., Paschold, P.-J., Weber, D. (2007):. Reservekohlenhydratgehalt von Spargelwurzeln in Abhängigkeit vom Pflanzenschutz. Posterbeitrag 45. Gartenbauwissenschaftliche Tagung 2007, Erfurt.
- Laun, N., Himmel, M., Paschold, P.-J., Weinheimer, S. (2006): Schäden in der Laubabreife beeinträchtigen den Spargelertrag des Folgejahres. Versuche im deutschen Gartenbau - Gemüsebau 2006 Spargel Reservekohlenhydrate, Stemphylium, Pflanzenschutz.
- Paschold, P.-J., Weinheimer, S., Arslan, A., Schäfer, R. (2005): Reservekohlenhydrate in Spargelwurzeln - Empfehlungen für Anbauer online Spargel- und Erdbeerbörse Karlsruhe 2005, Posterbeitrag.
- Weinheimer, S., Paschold, P.-J. (2005): Beobachtung des Wurzelwachstums bei Spargel Versuche im deutschen Gartenbau - Gemüsebau 2005 Spargel Wurzelwachstum.
- Paschold, P.-J., Weinheimer, S., Arslan, A., Schäfer, R., Ernst, M. (2005): Recommendations for Growers on the Basis of Carbohydrates in Asparagus Roots - Description of the Online System Ger-many. 11. Asparagus Symposium 2005, Niederlande, Posterbeitrag.
Fazit
Durch die Projektarbeiten konnten umfassende neue Erkenntnisse zur Ausdehnung und Masse des Wurzelsystems und zum Reservekohlenhydratspeicher(RKH) von Spargel gewonnen werden. Der RKH-Pool stellt das Speichersystem von Zuckern für den Spargel dar und dieser entscheidet maßgeblich über die Höhe der erzielbaren Erträge. Die gespeicherte Zuckermenge ergit sich aus der Masse von Speicherwurzeln und Rhizom sowie der darin enthaltenen Zuckerkonzentration. Mit einem Wurzel-Schnelltest kann der aktuelle Füllungsstand dieses Pools ermittelt werden, die Wurzelmasse wird anhand von Boden- und Bestandesdaten errechnet. Durch die Ernte wird dieser Pool geleert, nachfolgend durch Assimi-lation wieder aufgefüllt.
Bei kontinuierlicher Anwendung der RKH-Methode ist es möglich, die Produktivität einer Anlage einzuschätzen und zu erkennen, wie sich die Bewirtschaftung auf die wirtschaftlich sinnvolle Lebensdauer auswirkt. Bewirtschaftung bedeutet dabei, es wird erkennbar, wie sich Erntedauer, Düngung, Bewässe-rung und Pflanzenschutz auf die gespeicherte Menge an RKH auswirken. Eine Differenzierung der Wirkung einzelner Faktoren kann nur in faktoriellen Versuchen bestimmt werden. Der Anbauer kann erkennen, ob seine Maßnahmen die erforderliche Speicherung an RKH bewirken. Ist ein ausreichend hoher Füllungsstand erreicht, kann ein zusätzlicher Einsatz von Dünger, Wasser und Fungiziden unterbleiben.
Am schnellsten ist der Nutzen der Methode für Anbauer erkennbar, wenn sie diese nutzen, um den Abschlusstermin der Ernte festzulegen. Insgesamt ist der Aufwand mit etwa 2 AKh je Probe relativ hoch. Dieser ist gerechtfertigt, wenn die einzelne Anbaufläche größer als 5 ha ist, was inzwischen relativ oft der Fall ist. Es sind Wurzelproben zu ziehen und die ermittelten Werte mit Hilfe von Beratern in das von Geisenheim gepflegte System www.asparagus-info.org einzugeben, wo die Empfehlungen für den weiteren Anbau ermittelt werden, die nur dem jeweiligen Nutzer zugänglich sind. Er erhält dann eine Dokumentation, die die Entwicklung des RKH-Pools innerhalb des Jahres und über die Jahre verdeutlicht und so Hinweise zum umweltschonenden Ressourceneinsatz gibt.
Fördersumme
123.780,00 €
Förderzeitraum
01.10.2004 - 30.09.2007
Bundesland
Hessen
Schlagwörter