Hochwasser- und Naturschutz im Weißeritzkreis
Projektdurchführung
Technische Universität Bergakademie Freiberg
Interdisziplinäres Ökologisches Zentrum (IÖZ)
Institut für Mineralogie
AG Geochemie und Geoökologie
Brennhausgasse 14
09599 Freiberg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Hochwasser- und Naturschutz werden oft als schwer miteinander vereinbar gesehen. Am Beispiel des vom August-Hochwasser 2002 besonders stark in Mitleidenschaft gezogenen Weißeritz-Einzugsgebiets sollen beispielhaft Optimierungsstrategien und Maßnahmen für die Landnutzung erarbeitet werden, die sich sinnvoll ergänzen und beiden Aspekten dienen. Dem Einzugsgebiet kommt aus Naturschutzsicht eine besondere Bedeutung zu, da Teile des Gebietes als FFH-Gebiete (NATURA 2000) gemeldet sind und weiterhin besonders im Oberlauf verschiedene geschützte und gefährdete Biotoptypen vorkommen. Es gehört im Oberlauf zu den Hochwasserentstehungsgebieten in Sachsen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Projektziele wurden durch eine enge Zusammenarbeit von landschaftsökologischen und hydrologischen Gebietsanalysen sowie hydrologischer Modellierung erreicht:
Landschaftsökologische Analysen (IÖZ): Biotoptypenkartierung, Erfassung biotoptypenbezogener hochwasserschutzrelevanter Parameter (z. B. Durchwurzelungstiefe), Defizitanalyse, Ableitung, Planung und Bewertung (Biotoptypenbewertung eng gekoppelt mit einer Bewertung der Landschaftsstruktur) von möglichen Maßnahmen aus Naturschutzsicht,
Modellierung Abflussverhältnisse (IHI, BHB): gekoppelte Anwendung eines Wissensbasierten Systems (WBS FLAB) zur hydrologischen Raumgliederung und eines Niederschlag-Abflussmodells mit Integration der landschaftsökologischen Ergebnisse (Biotoptypen, Durchwurzelung), Ableitung von möglichen Maßnahmen, Bewertung hinsichtlich ihrer Hochwasserschutzwirkung,
Abflusssimulation in Fließgewässern: Simulation von Fließbewegungen in Gewässern und auf den Vorländern zur Prognostizierung des Einflusses unterschiedlicher Vegetation auf den Hochwasserabfluss.
Aufbauend auf der jeweiligen Analyse des Ist-Zustandes wurden verschiedene Landnutzungsszenarien wie beispielsweise die Etablierung von Extensivgrünland auf Ackerflächen oder der ökologische Waldumbau vorhandener, standortfremder Wälder erstellt und jeweils aus Sicht des Naturschutzes und des Hochwasserschutzes bewertet.
Ergebnisse und Diskussion
Die beiden TEZG Weißbach und Höckenbach unterscheiden sich sowohl hinsichtlich ihrer Ausstattung an Biotoptypen als auch in ihren hydrologischen Gebietseigenschaften deutlich: Während das TEZG Weißbach durch einen hohen Anteil naturschutzfachlich wertvoller Biotoptypen gekennzeichnet ist, dominieren im TEZG Höckenbach weitestgehend intensiv genutzte Äcker.
Die Modellierungen mit dem Wissensbasierten System FLAB und dem Niederschlag-Abflussmodell Wa-SiM-ETH zeigen, dass die Abflusskomponente Zwischenabfluss in den TEZG Weißbach und Höckenbach ebenso wie Oberflächenabflusskomponenten eine dominierende Rolle spielen, wobei im Weißbachgebiet die Ursachen besonders in der Flachgründigkeit und dem Skelettreichtum der Böden und im Höckenbachgebiet im schlechten Infiltrationsvermögen der Böden zu suchen sind.
Die entwickelten Verfahren zur Bewertung der Landnutzungsszenarien konnten sowohl für die TEZG als auch auf das Gesamteinzugsgebiet der Weißeritz erfolgreich angewendet werden. Die Ergebnisse zeigen, dass der vorbeugende Hochwasserschutz sehr gut mit den Anforderungen des Naturschutzes vereinbar ist, wobei die Gebietseigenschaften (v. a. Landnutzung, Böden) von ausschlaggebender Bedeutung für den Erfolg der Maßnahmen sind. Eine Fließgewässerrenaturierung beispielsweise erfüllt optimal beide Anforderungen. Sogar Szenarien für Landnutzungsänderungen, die allein aus Sicht des Na-turschutzes aufgestellt wurden, führten zu einer Verbesserung der Hochwasserschutzsituation; umgekehrt kann eine Landnutzung, die optimal den Anforderungen des Hochwasserschutzes dient, auch positive Effekte für den Naturschutz haben. Die Wirkung der analysierten Landnutzungsänderungen ist nach diesen Analysen in kleinen bis mittelgroßen Einzugsgebieten und bei Niederschlagsereignissen mit einer 5- bis 50-jährigen Auftretenswahrscheinlichkeit am größten. In Abhängigkeit von der Ausgangssituation können die Abflussspitzen im Fließgewässer nach diesen Simulationsergebnissen durch Landnutzungs- bzw. Bewirtschaftungsänderungen um 10 bis maximal 25 % gesenkt werden. Allerdings sind dafür Nutzungs- bzw. Bewirtschaftungsänderungen auf etwa 25 bis 50 % der Fläche erforderlich. Besonders hervorzuheben sind die weiteren positiven Synergieeffekte dieser Maßnahmen wie verbesserter Bodenschutz, ausgeglichener Gebietswasserhaushalt sowie Aufwertung des Landschaftsbildes.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Für HochNatur wurden ein Internetauftritt (http://www.ioez.tu-freiberg.de/hochnatur/) und ein Flyer erstellt. Gemeinsam mit zwei weiteren DBU-Projekten wurde eine Handreichung für Akteure vor Ort erarbeitet, in der Checkkarten die Auswahl von Maßnahmen für eine konkrete Fläche erleichtern (http://www.ioez.tu-freiberg.de/hochnatur/Broschuere.html). In Form von Steckbriefen werden die Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirkungen, der Zeitdauer bis zur Wirksamkeit und bevorzugter Einsatzgebiete vorgestellt und durch Hinweise zur Umsetzung ergänzt. Auswahl von Publikationen:
¢ Bianchin, S., E. Richert & H. Heilmeier (2005): A multifunctional approach to flood and nature protection in the Weisseritz catchment (Eastern Erzgebirge). - International Conference Multifunctionality of Landscapes Analysis, Evaluation and Decision Support, Tagungsband, Giessen 2005
¢ Merta, M., C. Seidler, S. Bianchin & E. Richert (2006): Analysis of land use change in the Eastern Ore Mountains regarding both nature protection and flood prevention. In: DKW-Series (2007) Progress in Hydro Sciences and Engineering, Dresden Water Center. TU Dresden (im Druck).
¢ Merta, M., C. Seidler, E. Richert & S. Bianchin (2007): Analyse von Landnutzungsänderungen unter hochwasser- und naturschutzfachlichen Aspekten im Einzugsgebiet der Weißeritz (Osterzgebirge). Forum für Hydrologie und Wasserbewirtschaftung 20 (einger.).
¢ Merta, M., C. Seidler, E. Richert & S. Bianchin (2007): Analysis of land use change in the Eastern Erzgebirge regarding both nature protection and flood prevention. Soil and Water Research, (einger.).
¢ Richert, E., S. Bianchin, H. Heilmeier. G. Hammer, M. Merta & C. Seidler (2007): Hochwasser- und Naturschutz im Weißeritzkreis - Interdisziplinäre Bewertung von Landnutzungsszenarien. Forum für Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, (einger.).
Fazit
Das Hauptproblem für die Umsetzung von Maßnahmen war die Flächenverfügbarkeit. Demzufolge müssen Anreize geschaffen werden, mit denen die Landeigentümer und -nutzer für eine möglichst dauerhafte Umsetzung von Maßnahmen gewonnen werden können. Im Bericht werden die zur Projektlaufzeit bestehenden Probleme dargestellt und Hinweise zu möglichen Verbesserungen gegeben.
Da die analysierten Landnutzungen ihre größte Wirkung in den kleineren Einzugsgebieten zeigen, die Maßnahmen hier auch flächengenau unter Berücksichtigung der lokalen Situation gut zu planen sind, sollten für Sachsen Landnutzungsänderungen besonders bei den sogenannten Hochwasserschutzkonzepten für Gewässer zweiter Ordnung Berücksichtigung finden.
Fördersumme
295.285,00 €
Förderzeitraum
01.11.2003 - 28.02.2007
Bundesland
Sachsen
Schlagwörter
Landnutzung
Naturschutz
Umwelttechnik