Projekt 21253/01

Modellvorhaben: Denkmal- und naturschutzverträglicher Uferverbau gegen die Devastierung der Uferzone am Heiligen See im Neuen Garten/Potsdam (Brandenburg)

Projektdurchführung

Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG)
Allee nach Sanssouci 5
14471 Potsdam

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Anlass des Vorhabens war die starke Erosion des Uferbereichs am Heiligen See infolge von Witterungs- und geologischen Bedingungen, Bodentyp und Trittbelastung. Ziel des vorgeschlagenen Modellprojektes war es, im Bereich des nördlichen Westufers eine nachhaltige Lösung zu schaffen, die die historische Uferlinie wieder herstellt und zukünftige Uferschädigungen verhindert. Das Ufer wies durch Auskolkung eine Stufe zum Wasser mit Höhen von 50 bis 120 cm auf und war partiell stark erodiert und nur noch spärlich bewachsen.
Der Siedlungsraum von Kleinlebewesen, Wassertieren und Vögeln sollte erhalten und gefördert werden. Die zukünftige Uferlinie soll nicht in einer erodierbaren Kante enden und für die bestehenden Gehölze einen sicheren Abstand zum Wasser bieten. Das befestigte landseitige Ufer muss weitgehend resistent gegen witterungsbedingte Erosion und Trittbelastungen aller Art sein.
Ergänzt wurde die Maßnahme durch die Wiederherstellung des Uferweges in seiner historischen Linie.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenGrundlage des Modellprojektes war eine Diplomarbeit der TU Berlin, die in Zusammenarbeit mit dem Bereich Gärten der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) und Fachfirmen die Möglichkeiten eines naturnahen und denkmalgeeigneten Uferverbau analysierte, auf Eignung prüfte und eine ingenieurbiologische Variante für den steil abfallenden Unterwasserbereich am Heiligen See konzipierte.
Die durchgeführte ingenieurbiologische Variante des Uferverbaus zum Schutz des wasser- und landseitigen Ufers vor weiterer Erosion sowie zur Wiederherstellung der ursprünglichen Uferlinie beinhaltete folgende Maßnahmen:
· Wasserseitig wurde eine Berme je nach Höhendifferenz aus bis zu vier Steinwalzen angelegt, die das Ufer vor weiteren strömungsbedingten Abbrüchen schützt. Damit wird ein stufenloser Übergang des Geländes im Wasserwechselbereich möglich und der Wellenschlag entspricht im ufernahen Bereich dem eines ruhenden Gewässers.
· Die Bermenzone und der Flachwasserbereich wurden mit regionaltypischen Wasserpflanzen bepflanzt. Es kommen dabei vorgezogene Röhrichtwalzen sowie Röhrichtmatten mit ortstypischen Pflanzen zum Einsatz.
· Der Uferbereich wurde entsprechend historischer Pläne modelliert (Uferverluste wurden dabei aus-geglichen) und geht sanft abfallend in die Wasserzone über.
· Bei der Uferbegrünung wurde wegen der Erosions- und Trittbelastungsschäden auf stabilisierende Erosionsschutzmatten zurückgegriffen. Ausgewählt wurden Erosionsschutzmatten vom amerikanischen Hersteller North-American-Green (NAG) C 125 BN. Diese Matten schützen die darunter angesäte Grasnarbe, die durch die Matte wachsen kann, in ihrer Basalzone. Bei Trittbelastung wird so dieser wichtige Teil der Pflanze geschützt. Der Rasen auf der Erosionsschutzmatte ist maschinell mähbar, die Matte verrottet in einer Frist von mehreren Jahren. Der gesamte Uferbereich wurde zum anfänglichen Schutz für 2 Jahre wasser- und landseitig eingezäunt.
· Der stark erodierte und mit der Zeit verlagerte Uferweg erhielt die historische Wegeführung zurück, im flachen Bereich als wassergebundene Wegedecke, im Hangbereich als beiges Natursteinpflaster.


Ergebnisse und Diskussion

Der Modellbereich umfasste etwa 250 m Ufer am Nordwestbereich des Heiligen Sees in unmittelbarer Nähe von Schloss Cecilienhof. Die Durchführung des Projektes erfolgte in zwei Phasen. Nach den Vorbereitungen, wie die Überlagerung der historischen Pläne mit den aktuellen Vermessungen und Vermessungen der Wassertiefe im zukünftigen Uferbereich konnten im Herbst 2004 die Uferlinie festgelegt, die Kiefernholzpfähle für die Bermen eingeschlagen und die Berme (drei Steinwalzen) angelegt werden. Das Ufer wurde grob in seinen zukünftigen Umrissen mit zahlreichen Aufschüttungen planiert. Die Maßnahme dauerte etwa 4 Wochen. Die Winterruhe brachte die erwarteten Setzungen an Erdreich und Berme mit sich. Die Arbeiten im Was-er und die Materialtransporte wurden vom Wasser aus durchgeführt.
Im Frühjahr 2005 zeigte sich, dass die Setzungen an der Berme (die Steinwalzen lagern sich oval und setzen sich im Seeboden) das Aufsetzen einer vierten Steinwalze erforderlich machten. Die maximale Überspülung der Berme darf nur 30 cm betragen (der Wasserstand des Heiligen Sees ist reguliert). Das Ufer wurde mit wenigen Erdmassen noch einmal ergänzt und dann entsprechend der Uferlinie konvex bzw. konkav modelliert. Nach der Modellierung wurden die Böschungen auf der Rasenaussaat mit Erosionsmatten belegt. Die Matten werden mit Holznägeln (50 cm lang) befestigt. Neben dem Kronenbereich der Berme wurden Röhrichtwalzen, im Flachwasser Röhrichtmatten mit arealtypischen und autochthonen Pflanzen verlegt. Die Auswahl der Pflanzen erfolgte auch nach historischen Vorgaben. Alle Transporte an Land wurden mit Kleintransportern ausgeführt. Die Arbeiten der zweiten Phase nahmen eine Zeitraum von etwa 3 Wochen ein.
Bereits 2 Monate nach Fertigstellung zeigte das Ufer ein vitales Wachstum der Flora.
Die Überlagerung des historischen Kartenmaterials mit aktuellen digitalen Vermessungen offenbarte Abweichungen des Uferweges, die einerseits den Wurzelbereich von Bäumen schädigte, andererseits mit altem Asphalt im Hangbereich den Denkmalwert der Anlage deutlich beeinträchtigte.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Öffentlichkeitsarbeit war in diesem Modellfall sehr wichtig, da die Bevölkerung und die Gäste von Potsdam aus Unkenntnis und Unverständnis die Gebote zum Schutz der Gartenanlage und Uferzonen überwiegend missachten. Der Heilige See ist wegen seines sauberen Wassers der beliebteste Badesee von Potsdam. Im Winter mit den im Brandenburgischen üblichen Barfrösten kommt es häufig zu einer geschlossenen Eisdecke und zu erheblichen Uferschäden durch Eisläufer und -angler.
Regionale Presse und Fernsehen berichteten ausführlich und an prädestinierter Stelle. Zusätzlich informierte ein ausführlicher Artikel im Besuchermagazin der SPSG und ein Bauschild über die Maßnahme.


Fazit

Das Modellprojekt verlief außerordentlich erfolgreich, zügig und kostengünstig. Den Ergebnissen wird in Fachkreisen bereits reges Interesse entgegen gebracht. Besonders hervorzuheben sind:
· Der vorrangige Materialtransport über das Wasser und überwiegende Verbauung von einem Ponton im Wasser schützte den Neuen Garten außerordentlich, d. h. vorhandene Wege wurden nicht zerfahren, Rasenflächen geschont, Besucher nicht mit Lärm und Schmutz gestört. Die Transporte durch den Park erfolgten lediglich für Restmengen der 2. Projektphase mit Kleintransportern. Es entstanden keine Folgekosten für die Wiederherstellung der Parkanlage.
· Die Baumaßnahmen selbst waren in kurzer Zeit zu erledigen und daher auch kostenoptimiert.
· Die arealtypische Flora wurde um selten gewordene Wasserpflanzen ergänzt, die ufernahen Bäume nachhaltig geschützt, die Fauna nicht verändert oder gestört.
· Die Erosionsschutzmatten ließen sich leicht verlegen und dem Gelände anpassen. Sie wurden kurzfristig von der Rasenansaat durchwachsen und sind praktisch nicht mehr sichtbar. Der Rasen kann trotz der Matten maschinell gepflegt werden.
· Die zweijährige Einzäunung des Modellbereiches mit einem wenig sichtbehinderndem Zaun und der Erläuterungstafel erweist sich als ästhetisch vertretbare und informative Möglichkeit des vorübergehenden Schutzes des Uferbereiches.
· Der wiederhergestellte Uferweg mit Neuanpflanzungen und erneuerten Blickbeziehungen ergänzt die Maßnahme hervorragend in nachhaltiger, umwelt- und denkmalgerechter Weise.

Übersicht

Fördersumme

95.000,00 €

Förderzeitraum

13.06.2003 - 30.06.2006

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Kulturgüter
Landnutzung
Naturschutz