Projekt 21139/01

Veranstaltungsreihe: Tschechisch-deutscher Dialog über eine ökologische Steuerreform in der Tschechischen Republik

Projektdurchführung

Freie Universität Berlin Forschungsstelle für Umweltpolitik
Ihnestr. 22
14195 Berlin

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Projekts war die Initiierung und Organisation eines Dialogs über die Ökologische Steuerreform in der Tschechischen Republik, in den verschiedene Akteure aus Politik und Verwaltung, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden, Forschungseinrichtungen, umweltorientierten Verbänden und Interessengruppen, Verbraucherverbänden, Medien, Stiftungen und Kirchen einbezogen wurden. Dabei sollte mit Hilfe von deutschen Experten aus den jeweiligen Institutionen ein Know-How-Transfer erfolgen, der die umfassenden Erfahrungen mit der Einführung der ökologischen Steuerreform in Deutschland für die tsche-chischen Experten nutzbar machen kann.
Ein weiteres Ziel des Projektes war die Vernetzung der Partner aus der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland sowie ein gegenseitiger Erfahrungsaustausch über Thematik der ökologischen Finanzreform.
Anlass des Vorhabens war die in der Regierungserklärung der neugewählten tschechischen Regierung im August 2002 niedergelegte Willensbekundung, unverzüglich mit den Arbeiten an einer ökologischen Steuerreform zu beginnen. Um Konzeption und Implementation der ÖSR kurzfristig einleiten zu können, regte der tschechische Umweltminister Ambrozek im September 2002 bei Bundesminister Trittin eine Erweiterung und Verstärkung der bilateralen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Tschechien in den Bereichen Vorbereitung der ökologischen Steuerreform und Nutzung erneuerbarer Energien an.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurden 11 Seminare mit Experten aus den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen wie Regierung und Verwaltung, Wissenschaft und Forschung, Kirchen und Stiftungen, Medien, Gewerkschaften und Verbraucherverbände, Industrie und Arbeitgeberverbände, Nichtregierungsorganisationen aus dem Umweltbereich, Politiker von sozialdemokratischen, konservativen und grünen Parteien sowie Medien durchgeführt.
Die deutschen Experten und Seminarteilnehmer wurden von der Forschungsstelle für Umweltpolitik eingeladen, die tschechischen wurden von EcoConsulting Prag identifiziert und angesprochen.
Die zur Verfügung gestellten Beiträge der Experten wurden auf einer eigenen website der Karls-Univerität in Prag publiziert, zusammen mit links zu weiteren Publikationen zur ökologischen Steuer- und Finanzreform (http://www.czp.cuni.cz/ekoreforma/EDR_diseminace/english.htm)


Ergebnisse und Diskussion

Der ursprünglich auf zwei Jahre angelegte Stakeholder-Dialog sollte den Entstehungsprozess der tschechischen Konzeption einer ökologischen Steuerreform vom ersten Entwurf bis zur Einbringung ins Parlament begleiten. Dieser Zeitplan konnte nicht eingehalten werden, da auf Grund von nicht vorhersehbaren Veränderungen in der politischen Landschaft sowohl in Tschechien wie auch in Deutschland (mehrfache Regierungsumbildung in der Tschechischen Republik und vorgezogene Neuwahl zum Deutschen Bun-destag) bereits geplante Seminare und Veranstaltungen verschoben werden bzw. ganz entfallen mussten. Damit wurde eine kostenneutrale Verlängerung des Projektes erforderlich, womit sich die Laufzeit auf insgesamt drei Jahre erhöhte. Die Expertengruppe des tschechischen Umweltministeriums hat im Oktober 2005 eine detaillierte und ausgereifte Konzeption für eine Ökologische Steuerreform in der Tschechischen Republik vorgelegt, die jedoch auf Grund interministerieller Abstimmungsprobleme vor dem Wahlkampf 2006 nicht mehr ins Parlament eingebracht werden konnte.
Im Verlauf der Seminarreihe im Rahmen des Tschechisch-Deutschen Dialogprojektes wurde in den letzten drei Jahren durch die gezielte Einbeziehung wichtiger gesellschaftlicher Gruppen in die Diskussion eine deutliche Ausweitung des Akteursspektrums erreicht, so dass nun ein anfänglich von Experten zweier Staaten geführter themenspezifischer Dialog in einen binnenstaatlichen gesellschaftlichen Diskurs gemündet ist, der auch in den Koalitionsverhandlungen zur Bildung der neuen Regierung nach den Wah-len im Juni 2006 eine aktive Rolle spielen wird. Der beachtliche Anstieg der Umfragezahlen für die Grünen von unter fünf Prozent bei den letzten Wahlen im Juni 2002 auf nun 6,29 Prozent (Parlamentswahl am 2./3. Juni 2006) ist nicht auf das Dialogprojekt zurückzuführen, aber die Diskussionen über das Instrument Ökosteuer mit verschiedenen Akteuren haben sehr wohl zu einer Popularisierung dieses umweltpolitischen Themas geführt und damit die Aufmerksamkeit auf die Partei der Grünen gelenkt, die ja für eine moderne Umweltpolitik wirbt.
Es wird abzuwarten sein, ob die neue Regierung eine Umweltpolitikintegration in Sektorstrategien (EU-Cardiff-Prozess 1998) dezidiert umsetzt, wie dies bereits 2001 von Experten des tschechischen Umweltministeriums im Hinblick auf die Konzeption und Implementation einer Ökosteuer formuliert wurde.
Mit dem Tschechisch-Deutschen Dialogprojekt ist das Thema Ökosteuerreform erstmals in Tschechien breit kommuniziert worden und es ist damit nun in die öffentliche Diskussion gelangt. Dies ist ein Erfolg im Hinblick auf eine dringend notwendige Umweltentlastung sowie für eine vorausschauende Umweltpolitik in der Tschechischen Republik.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Mit den insgesamt 11 für bestimmte Zielgruppen durchgeführten Seminaren ist zunächst ein akteurspezi-fischer Multiplikationsprozess in Gang gesetzt worden, der sich konzentrisch in die Gesamtgesellschaft ausweiten wird. Unterstützt wird dieser Disseminationsprozess durch Publikationen von Seiten der Wissenschaft und der Presse wie auch von Informationsveranstaltungen der im Dialogprojekt angesprochenen Stakeholder. Es ist zu hoffen, dass das Instrument Ökologische Steuerreform auch Eingang in die offizielle Politik finden wird. Dies wird allerdings vom Ausgang der derzeitigen Koalitionsverhandlungen abhängen, d. h., welche Parteien letztlich die Regierung bilden werden. Es wird sich zeigen, ob die Sozialdemokraten das Thema Ökosteuerreform als so ernstes Anliegen betrachten, dass sie es auch in einer großen Koalition mit den Bürgerdemokraten durchsetzen.


Fazit

Mit diesem Dialogprojekt ist es gelungen, durch einen Wissens- und Erfahrungstransfer einen Diskussions- und Kommunikationsprozess einzuleiten und zugleich die Bildung von Netzwerken zu initiieren, die nicht nur auf bilateraler Ebene zwischen tschechischen und deutschen Ministerien, Wissenschaftlern und Vertretern von Kirchen und Stiftungen funktionieren, sondern auch innertschechisch zwischen einigen der verschiedenen Akteursgruppen, die aktiv im politischen Entscheidungsprozess mitwirken wollen.
Ein ähnlicher Stakeholderdialog über good practice-Modelle, die in einem der alten EU-Länder entwickelt wurden und als Beispiel für eigene nationale Konzeptionen von Politikinstrumenten in einem neuen EU-Land dienen können, ist auch in anderen Ländern auf Interesse gestoßen. So wird beispielsweise in Ländern wie Polen und Estland derzeit ein ähnliches Vorhaben erwogen. Es ist auch denkbar, dass künftige Beitrittsländer das Tschechisch-Deutsche Dialogprojekt als ein Modell für ihre politischen Strategien im Umweltsektor beim Angleichungsprozess an die Europäische Union sehen.

Übersicht

Fördersumme

72.670,00 €

Förderzeitraum

14.04.2003 - 30.04.2006

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik