Südseeträume, Pflanzensammler und Entdecker – Erarbeitung einer Umweltausstellung zum Thema Biodiversität tropischer und exotischer Pflanzen
Projektdurchführung
Klassik Stiftung Weimar
Burgplatz 4
99423 Weimar
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Ausstellung in der Orangerie veranschaulicht die Themen Biodiversität, Ressourcenschonung sowie Vermarktung und Konsum von Pflanzen. Sie zeigt, wie viele Arten noch gar nicht bekannt sind, und führt in den Reichtum und die Vielfalt der Welt tropischer und exotischer Pflanzen ein. Dadurch entsteht Wertschätzung der Biodiversität, Freude an dem Reichtum der Natur, an ihrer Vitalität und Anpassungsfähigkeit - eine wichtige Grundvoraussetzung für Achtung und Schutz der Umwelt. Am Beispiel der Baumkronenforschung erschließen sich die Besucher, wie durch schadensfreie Untersuchung ein Höchstmaß an Ressourcen ermessen werden kann. Zudem wird gezeigt, wie Pflanzen als Massenware produziert, verpackt, transportiert, verkauft und nach kurzem Gebrauch weggeworfen werden. Sowohl die Produktions- und Vermarktungsformen als auch unser Konsumverhalten werden kritisch überprüft. Es wird deutlich, dass die Vermarktungsstrukturen den eigentlichen Wert der Pflanze zerstören, und dass der Verbraucher daran maßgeblich beteiligt ist.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAußerhalb des Orangeriepavillons bedient eine Südsee-Traumwelt bewusst Klischees. Im Anschluss daran wird im Inneren des Pavillons drastisch der Umgang mit der Pflanze als Konsumware vorgeführt. Dazu bedient sich die Ausstellung audiovisueller und illusionistischer Mittel, die zeigen, wie weit die heutige kommerzielle Pflanzenwelt von den Grundwerten, die wir an der Natur schätzen, entfernt ist. Der Rundgang ist durch den Wechsel sinnlicher Erlebnisse in der exotischen Pflanzeninszenierung der O-rangerie und der wissenschaftlich-didaktischer Beiträge geprägt. In den Themenkapiteln werden einzelne Anliegen exemplarisch aufgearbeitet. Essentielle Fragestellungen, wie die Herkunft unserer Kulturpflanzen und ihr wechselvolles Schicksal bis in unsere Wohnzimmer, werden einprägsam vermittelt und bei den Besuchern ein Denkprozess angestoßen. Die Besucher werden zudem in die Methoden der Beobachtung tropischer Baumkronen eingeführt, die wirkungsvolle Argumente zum Erhalt unserer Naturschätze liefern. Die Spannung aus konkreter, greifbarer Pflanzenwelt und der virtuellen High-Tech-Welt der Pavillons vermittelt etwas von der Faszination, welche die Pflanzenjäger vor 200 Jahren antrieb. Das Nebeneinander von einfachen sinnlichen Eindrücken und wissenschaftlich fundierten Informationen erfüllt alle Ansprüche der Umweltkommunikation und -didaktik. Dabei wird vor allem mit dem Wechsel von Variation, Kontrast, Geheimnis und Überraschung gearbeitet. Die audiovisuellen Inszenierung der Meuterei auf der Bounty weist auf die kommerzielle Grundlagen dieses Ereignisses hin. Auch hier werden illusionistische Malerei und Video-Reproduktionen eingesetzt. Insgesamt erschließt die Zeitreise der Ausstellung die verschiedenen Ebenen wissenschaftlicher, kultureller und kommerzieller Werte von Naturschönheiten.
Ergebnisse und Diskussion
Mit der Ausstellung Südseeträume. Pflanzensammler und Entdecker betrat die Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen in vielerlei Hinsicht Neuland. Sie vermittelte fachwissenschaftliches Wissen auf einer leicht zugänglichen Weise mit einfachen und visuellen Mitteln. Dazu kombinierte sie Facetten einer Kulturgeschichte der Botanik und des Pflanzensammelns mit aktuellen Debatten zur Biodiversität tropischer und exotischer Pflanzen. Wenngleich sich einige geplante Aspekte wie die Replik des 1753 entstandenen Agaven-Turmes nicht realisieren ließen, entstand insgesamt eine für Museen und Kultureinrichtungen neuartige Schau, keineswegs eine textreiche Vitrinenausstellung. Sie schlug den Bogen von den Anfängen der Pflanzensammler und Entdecker bis in die Gegenwart, sie warf kritische Fragen in bezug auf die Nachhaltigkeit, die Erhaltung der Biodiversität und die Schonung der Ressourcen auf und sprach die Eigenverantwortung jedes Einzelnen an. Dabei wurde jedoch kein vorwurfsvoller Zeigefinger erhoben. Vorrang hatten ästhetische und sinnliche Mittel; die Ausstellung war didaktisch durchdacht, aber nicht verkopft. Dennoch wurden keine einfachen Lösungen angeboten, es wurde im Gegenteil deutlich gemacht, das die Verantwortung nicht nur auf Großkonzerne, Händler oder Garten-märkte geschoben werden kann, sondern dass sie auch bei uns, dem Verbraucher, zu suchen ist. Dieser stille, subtile Appell lässt sich auf alle Bereiche übertragen, die sich mit der Produktion, dem Handel und dem Verbrauch von lebender Materie beschäftigen und vermag dadurch Anstöße für nachhaltiges Handeln in der Landwirtschaft, der Medizin, dem Tourismus u. a. mehr zu geben. Ein Appell, der gerade in der aktuellen Diskussion über die Discount-Mentalität weiterführend sein kann.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Mit großem Interesse wurde das Rahmenprogramm zur Ausstellung vom Publikum aufgenommen. Während des viertägigen Festivals der Weimarer Gartenlust hielt Prof. Morawetz einen Vortrag zum Thema Pflanzenjäger - Legende und Zauberei. Autorenlesungen von Kej Hielscher und Renate Hücking aus ihrem Buch Pflanzenjäger. In den fernen Welten auf der Suche nach dem Paradies oder von Anita Albus aus ihrem Buch Paradies und Paradox gaben einen literarischen Einblick in die Welt der Pflanzenjäger. Darüber hinaus fanden während der gesamten Laufzeit der Ausstellung (3. 7.-20. 9. 2003) Führungen zur Hauptausstellung, zum davon räumlich getrennten Ausstellungsteil Goethes Metamorphose der Pflanze sowie zu den Schaugärten statt. Ein großer Erfolg war zudem die Aufstellung eines Beobachtungskrans im Schloßpark Belvedere. Zahlreiche Besucher standen an, um in die Personenkabine zu steigen und den Park, die Thüringer Landschaft, aber auch die Baumkronen mit der darauf lebenden Flora und Fauna zu beobachten.
Fazit
Die Ausstellung Südseeträume. Pflanzensammler und Entdecker kann mit all ihren Konzeptionsveränderungen als ein interessantes, vielfältiges Ausstellungsprojekt bewertet werden. Die Ausstellung mit ihren drei Teilen - dem Kernbereich in der Orangerie, dem Kapitel Der Wardsche Kasten im Neuen Design und Goethes Metamorphose der Pflanzen - bot als Gesamtprojekt den Besuchern einen facettenreichen Einblick in die Welt der Pflanzensammler und Entdecker. Trotz des unterschiedlichen Duktus der ein-zelnen Abteilungen, der verschiedenen Köpfe und Macher, der unterschiedlichen Ausstellungsarchitektur und -grafik, ergänzten sich die Teile auf spannende Weise. Ebenso spannten die einzelnen Ausstellungsbereiche einen Bogen von den Anfängen der Pflanzenjagd, des Pflanzenentdeckens und des Pflanzensammelns bis in die Gegenwart - jüngste Gedanken zu diesem Thema manifestierten sich in den neuentworfenen, transportablen Minigewächshäusern. Jeder Besucher des viertägigen Festivals Weimarer Gartenlust (3.-7.7.2003) konnte die Ausstellung besuchen. Ihr Inhalt sollte für jedermann interessant und zugänglich sein, für den Botaniker wie für das Schulkind, für den Senior wie für den Gar-tenliebhaber und den Kunstinteressierten. Die geplanten Besucherzahlen der Ausstellung wurden während der dreimonatigen Laufzeit erreicht - 10 000 Besucher haben die Schau gesehen. Bis auf wenige Ausnahmen war die inhaltliche Resonanz der Besucher positiv - sie bewerteten die aufgeworfenen Fra-gen als provokant und beeindruckend.
Fördersumme
75.000,00 €
Förderzeitraum
17.02.2003 - 24.11.2003
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter
Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation