Untersuchung und Beurteilung der Erdbestattungspraxis auf Friedhöfen in Deutschland hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Boden, Grundwasser und Atmosphäre in den ausgewählten Landschaften der Bundesrepublik Deutschland
Projektdurchführung
Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) e. V.
Kronenstr. 55 - 58
10117 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Im Rahmen des Projektes sollten Informationen über Art und Umfang des Problems mit Friedhöfen in Deutschland gewonnen werden. Die Folgen einer Erdbestattung für Boden, Grundwasser und Atmosphäre werden seit vielen Jahrzehnten besonders vor dem Hintergrund der im Wasserhaushalts- und weiteren Umweltschutzgesetzen definierten Rahmenbedingungen hinterfragt. Bis heute liegt den Friedhofsplanern und -betreibern keine einheitliche, unter bodenkundlichen Gesichtspunkten nachvollziehbare Beurteilung und Bewertung (Umweltverträglichkeit) mit der Zielrichtung der Erarbeitung von Empfehlungen und Verordnungen für die Vor- und Nachsorge von Erdbestattungen vor.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden> Eine intensive Literaturrecherche, die neben der bodenkundlichen zusätzlich toxikologische und (rechts)-medizinische Fachliteratur berücksichtigte. Im Projekt war geplant, zwischen Vorsorge- und Nachsorge-Aspekten zu differenzieren. Im Hinblick auf die Erweiterung bzw. Neuausweisung von Friedhofsflächen standen Vorsorge-Aspekte im Vordergrund, um das Risiko von Stoff-Kontaminationen in situ bzw. in tiefer liegende Bodenhorizonte oder ins Grundwasser zu reduzieren. In der Studie sollte auf Basis neuer (Literatur-)Erkenntnisse und in Zusammenarbeit mit umwelttoxikologischen- und medizinischen In-stituten eine weitere Präzisierung der bereits von den Antragstellern erarbeiteten bodenkundlichen Anforderungen an die Erdbestattung erfolgen.
> Eine Kontaktaufnahme mit anderen für die Fragestellung relevanten Fachrichtungen, z. B. zur Abschätzung der toxikologischen Relevanz von Abbauprodukten bzw. Arzneimittelrückständen aus den verwesenden Leichen sowie deren Transportverhalten in der ungesättigten Bodenzone.
> Die Ermittlung der flächenhaften Verbreitung von Problematiken bei der Erdbestattung, die z.B. teilweise bereits für Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg bekannt waren. Inwieweit auch andere Bundesländer Probleme bei der Erdbestattung aufwiesen, war zu klären, z.B. durch Kontaktaufnahme
mit den jeweiligen geologischen/bodenkundlichen Landesämtern, Ingenieurbüros und Kommunen sowie Wasserwerken, die mit der Problematik befasst sein konnten.
> Eine weitere Präzisierung bodenkundlicher Anforderungen an die Erdbestattung, wie sie vom Antragsteller bereits erarbeitet wurde. Im Mittelpunkt standen die Ableitung und Bewertung von Verwesungs- und Filtereigenschaften und daraus abgeleitete Ruhefristen für unterschiedliche Bodentypen-Gruppen.
Ergebnisse und Diskussion
Die Studie zur Bodenbeschaffenheit und Zersetzungsproblematik auf Friedhöfen verdeutlicht nach den ermittelten praktischen Erfahrungswerten der Friedhofs- und Gesundheitsämter durch die Fragebogenaktion, dass 26 % der Rückläufe Verwesungsprobleme auf ihren Friedhöfen angegeben haben und die Wachsleichenproblematik mit 53 % dominierend ist, aber auch die Mumifikationsangaben mit 9 % berücksichtigt werden müssen. Hinter diesem Resultat verbirgt sich oft die weitest gehende Unkenntnis über die Bodenbeschaffenheit und die Grundwasserstände. Daher sollten folgende Ziele angestrebt werden: zum einen eine kompetente bodenkundlich-hydrologische Beratung während einer Friedhofsplanung und Sanierung, die über die Planungsphase hinausgeht und zum anderen eine regelmäßige Überwachung bzw. analytische Begleitung des Standortes. Ebenso verdeutlicht vor allem die süddeutsche Ta-gespresse, dass diese Probleme nicht mehr tabuisiert werden und in den Gemeinden und Städten Gehör finden.
Darüber hinaus legt die intensive Literaturrecherche dar, dass über einen großen Zeitraum hinweg nur unzureichende Untersuchungen (Grundwasseranalysen, Bodenuntersuchungen, etc.) auf Friedhofsstandorten vorgenommen worden sind und die bereits bestehenden Ableitungen aus den Handlungsempfehlungen als vorläufig betrachtet werden müssen, da ausreichend charakterisierende Felduntersuchungen fehlen. Die einzelnen Schritte der menschlichen Zersetzung und deren Störungserscheinungen (Wachsleichenbildung) sind durch die forensische Medizin unter dem Aspekt der Todeszeitpunktfeststellung intensiv untersucht worden. Es fehlen jedoch genauere Untersuchungspunkte hinsichtlich der Bo-deneigenschaften gepaart mit den klimatischen Faktoren, die zu solchen Zuständen führen bzw. welche Möglichkeiten herangezogen werden können, um die Wachsleichen wieder in den Verwesungsprozess zu überführen. Von der rechtlichen Seite des Bestattungswesens bleiben nach wie vor Fragen hinsichtlich des adäquaten Umgangs mit Verwesungsstörungen sowie die gesicherte Einbettung des Wasser- und Bodenschutzes offen. Die rechtliche Regelung des Bestattungswesens gibt nur ein grobes Gerüst vor, dass von den Ländern, Gemeinden und Kommunen regionsspezifisch angepasst wird bzw. werden muss. Der Boden und Grundwasserschutz ist zwar in diesen verankert, doch in ihrer Handhabung zu ungenau. Von daher ist u.a. folgendes Ziel aus umweltrelevanter Sicht anzustreben: Die Verankerung des Bundesbodenschutzgesetzes darf mit seiner Intension, die Funktionen des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen und dabei schädliche Bodenveränderungen abzuwehren bzw. ggf. hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen, in den Auslegungen der Landesgesetzgebungen nicht unberücksichtigt bleiben.
Zum Vor- und Nachsorgegedanken: Unter der Annahme dessen, dass nicht jeder Boden für die Erdbestattung bzw. als Friedhofsstandort aufgrund seiner schlechten Eigenschaften für die Leichenzersetzung oder auch mögliche Gefahren für das Grundwasser darstellen kann, ist es notwendig, bundeseinheitliche Regelungen hinsichtlich einer Beurteilung von Friedhofsstandorten zu manifestieren. Das könnte eine Art Umweltverträglichkeitsprüfung sein, um die Vor- und Nachsorge in die Friedhofsplanung mit einzubeziehen und Gefährdungen für Mensch und Umwelt wären auszuschließen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Erste Zwischenergebnisse und ein Bericht über die Studie wurden am 29.09.2003 im Haus des ZDB Berlin im Rahmen einer Informationsveranstaltung als Referat vorgestellt. Bei einer Fragebogenaktion wur-den 974 Institutionen und Gremien des Friedhofswesens zum Thema befragt. Im Geschäftsbericht 2003 des ZDB wurde ebenfalls ein Bericht über die Projektstudie erstellt.
Fazit
Um praktikable Lösungen für Problemstandorte herbeizuführen, die einen gesicherten Betriebsablauf auf Friedhöfen gewährleisten und dem Vorsorgeaspekt des Umweltschutzes Rechnung tragen, ist es notwendig, künftig eingehende Feldforschungen an unterschiedlichen Friedhofsstandorten in Deutschland vorzunehmen. Nur so können gesicherte Aussagen über die Ursachen, die zu Verwesungsstörungen führen sowie Grundwassergefährdungsprognosen gemacht werden. Basierend auf den Untersuchungsergebnissen ließe sich eine Handhabung konzipieren, die bundesweit als Friedhofs-Manual vorgeschlagen werden und den kommunalen, gemeindlichen, kirchlichen und auch privaten Friedhofsträgern als Leitfaden für den Betriebsablauf dienen kann
Fördersumme
51.000,00 €
Bundesland
Berlin
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umwelttechnik