Projekt 20512/01

Untersuchung und Weiterentwicklung des so genannten Bioserve-Verfahrens zur Reduktion des Überschussschlammes und Erhöhung der Prozessstabilität am Beispiel der Kläranlage Neuss-Ost

Projektdurchführung

Bioserve GmbH
Carl-Zeiss-Str. 53
55129 Mainz

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In Deutschland wurde in den vergangenen Jahrzehnten ein hoher Qualitätsstandard im Gewässerschutz erreicht. Damit verbunden war, dass der Ausbau der abwassertechnischen Anlagen zu einem erheblichen Anstieg des Klärschlammanfalls führte. Mit steigendem Entsorgungsdruck gewinnen innovative Verfahren, welche den Klärschlammanfall minimieren, zunehmend an Bedeutung. Das Bioserve-Verfahren dient dazu, den Überschussschlammanfall in kommunalen und industriellen Kläranlagen zu reduzieren. Die Zielsetzung des Projektes war es daher, anhand des Beispiels der Kläranlage Neuss-Ost den Wirknachweis des Bioserve-Verfahrens zu führen. Neben der verfahrenstechnischen Durchführung des Bioserve-Verfahrens sollten auch die Erarbeitung von möglichen Steuerungskonzepten und Bemessungskriterien, Auswirkungen auf die Schlammqualität und -entsorgung und eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Bestandteil des Projektes sein.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn der ersten Versuchsphase wurde der IST-Zustand der KA Neuss-Ost hinsichtlich des Überschuss-schlammanfalls erfasst. Im zweiten Monat begann der großtechnische Versuchsbetrieb. Von Beginn an wurde der Belebtschlamm mindestens einmal wöchentlich mikroskopisch untersucht, bis unter dem Mikroskop eine erhöhte Zahl an Wimperntierchen und Rotatorien feststellbar war. Dann wurde die Menge an täglich abzuziehendem Überschussschlamm in kleinen Schritten reduziert. Die Trockensubstanzgehalte wurden dabei konstant gehalten. Für die Bilanzierung des Schlammanfalls wurden regelmäßig alle Parameter ermittelt, die für die Berechnung des Überschussschlammanfalls notwendig sind. Aus den erhaltenen Daten wurde die Bemessungsgrundlage, ausgedrückt als Spezifischer Überschussschlamm ermittelt und fortan für die Berechnung der Überschussschlammreduktion herangezogen. Im gesamten Versuchsverlauf wurden die Zulauf- und Ablaufdaten, die Charakteristika des Belebtschlammes sowie sämtliche Parameter, die zur Beurteilung der Wirkung des Verfahrens notwendig sind, ermittelt. Im gesamten Versuchsverlauf war die Fa. Bioserve mit der praktischen Projektdurchführung und das IWB mit der Datenauswertung befasst. Im letzten Projektmonat wurde der Abschlussbericht erstellt.


Ergebnisse und Diskussion

Die Untersuchungen mit dem Bioserve-Verfahren auf der Kläranlage Neuss-Ost wurden im großtechnischen Maßstab über einen Zeitraum von 12 Monaten durchgeführt. Die Implementierung des Bioserve-Verfahrens in der B-Stufe der Kläranlage Neuss-Ost erfolgte im August 2003. Die Dosierung des speziell auf die Kläranlage Neuss-Ost abgestimmten Produktes LIPISOL erfolgte in den Zulauf zur 1. Kaskade der B-Stufe. Die Steuerung des Überschussschlamm-Abzugsregimes im Versuchszeitraum erfolgte anhand der jeweils aktuellen TS-Gehalte in der B-Stufe und anhand des mikroskopischen Bildes des B-Stufen-Belebtschlammes.
Die Auswirkungen des Bioserve-Verfahrens auf den Kläranlagenbetrieb wurden jeweils vom Zeitpunkt der Erstdosierung bis zum Versuchsende im August 2004 fortlaufend dokumentiert und mit dem korrespondierenden Vergleichszeitraum des Vorjahres (Referenzzeitraum ohne Bioserve-Verfahren) verglichen. Um Aussagen über die Wirksamkeit des Bioserve-Verfahrens treffen zu können, wurde eine Massenbilanzierung des gesamten Schlammanfalls der KA Neuss-Ost durchgeführt. Die festgestellten Schlammmassen wurden dann ins Verhältnis zu den eliminierten CSB-Frachten gesetzt.
Bei der Kläranlage Neuss-Ost wurde im Versuchszeitraum August 2003 bis August 2004 in der B-Stufe eine mittlere spezifische Überschussschlammproduktion von 0,22 kg TS ÜS/kg CSB ermittelt. Gegenüber dem Vergleichszeitraum Juni 2002 bis Juli 2003, der eine mittlere spezifische Überschussschlammproduktion von 0,30 kg TS ÜS/kg CSB aufwies, ergab sich somit eine Reduktionsrate von 26,7 %. Das Schlammalter in der B-Stufe konnte entsprechend gesteigert werden: Der Medianwert des Schlammalters betrug im Referenzzeitraum 13,8 Tage, im Versuchszeitraum wurde der Medianwert zu 18,1 Tagen ermittelt, so dass im Mittel eine Steigerung des Schlammalters um 4,3 Tage vorlag. Das mik-roskopische Bild des B-Stufen-Schlammes wies eine im Versuchsverlauf deutlich gestiegene Anzahl an Räder- und Wimperntierchen auf. Deshalb hat sich die Sichttiefe in den Nachklärbecken der B-Stufe im Versuchszeitraum deutlich gegenüber dem Referenzzeitraum verbessert. Im Referenzzeitraum lag der Medianwert bei 60 cm, im Versuchszeitraum stieg die Sichttiefe als Medianwert auf 106 cm an. Die Maximalwerte lagen bei 140 cm (Referenzzeitraum) und 188 cm (Versuchszeitraum). Parallel dazu wurde die Konzentration an abfiltrierbaren Stoffen im Ablauf der Nachklärbecken von bei 8,0 mg/l (Medianwert im Referenzzeitraum) auf 4,0 mg/l (Medianwert im Versuchszeitraum) gesenkt. Dadurch konnte die nachfolgende Filtrationsanlage deutlich entlastet werden.
Die Konzentrationen an N ges. (anorg.) im Ablauf der Nachklärung wiesen im Versuchszeitraum aufgrund des gegenüber dem Referenzzeitraum erhöhten Schlammalters deutlich weniger Spitzen auf und bewegten sich insgesamt auf einem niedrigeren Niveau. Der Medianwert lag im Referenzzeitraum bei 5,20 mg/l (Maximalwert: 19,25 mg/l), im Versuchszeitraum lag der Medianwert bei 3,13 mg/l (Maximalwert: 14,67 mg/l).
Auf der Basis der kläranlagenspezifischen Kostenansätze im Bereich der Schlammbehandlung und -entsorgung war es möglich, Aussagen über die Wirtschaftlichkeit des Bioserve-Verfahrens abzuleiten.
Die Auswertung ergab eine Kostenersparnis in Höhe von rund 36.515,62 €/a. Die Vergütung für das Bioserve-Verfahren ist hier bereits berücksichtigt. Die oben geschilderten Verbesserungen der Betriebsstabilität eröffnen zukünftig noch weiteres Einsparpotential.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des vorliegenden Forschungsvorhabens werden auf einer Tagungsveranstaltung des IWB und der Fachhochschule Köln am 22. und 23.2.2005 vom Betreiber der KA Neuss-Ost selbst dargestellt (Vortrag und Fachausstellung). Weiterhin werden sie ebenfalls vom Betreiber in einer der nächsten Ausgaben der Fachzeitschrift wwt-awt veröffentlicht. Im April 2005 wird das Projekt auf den IFAT-Messestand der DBU vorgestellt.


Fazit

Mit Hilfe des Bioserve-Verfahrens konnte auf der KA Neuss-Ost eine Reduktion des biologischen Überschussschlammanfalls um ca. 27 % nachgewiesen werden. Im Versuchsverlauf stieg die Anzahl an Wimpern- und Rädertierchen drastisch an. Dies führte zu einer deutlich verbesserten Ablaufqualität.
Aufgrund des geringeren Überschussschlammanfalls konnte das Schlammalter erhöht werden. Damit erhöhte sich die Stabilität der Stickstoffeliminationsleistung.
Infolge der Schlammreduktion sanken die Ausgaben für die Schlammbehandlung und -entsorgung.
Abzüglich der Kosten für den Betrieb des Bioserve-Verfahrens wurden Kosteneinsparungen von > 36.000 €/a ermittelt.

Übersicht

Fördersumme

122.167,00 €

Förderzeitraum

27.05.2003 - 27.07.2004

Bundesland

Rheinland-Pfalz

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik