Umweltverträglicher Tourismus im Umfeld der Biologischen Station Rybatschij (ehem. Rossitten) auf der Kurischen Nehrung, Kaliningrad-Gebiet, Russland
Projektdurchführung
Freundeskreis zur Förderung des Tier- undVogelschutzes im Bereich der KurischenNehrung und Rybatschij (ehemals Rossitten) e. V.
Schloss Möggingen
78315 Radolfzell
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Der russische Teil der Kurischen Nehrung wurde als Nationalpark ausgewiesen, Besucherlenkung und Information sind aber noch ungenügend. Das Gebiet besitzt durch seine geografische Lage Leitlinienfunktion für den Vogelzug und ist wichtiges Durchzugsgebiet. Mit der Biologischen Station Rybachy der russischen Akademie der Wissenschaften befindet sich bereits ein außerordentliches und international anerkanntes Kompetenzzentrum innerhalb des Nationalparks. Ein großer Teil der westlichen Besucher besucht die Kurische Nehrung ausschließlich oder zumindest hauptsächlich wegen des ehemaligen Dorfes Rossitten und dem historischen Ort der gleichnamigen Vogelwarte, die 1901 hier gegründet wurde. In den vergangenen zwei Jahren hat der Anteil der Langzeitbesucher aus Deutschland merklich zugenommen. Diese Gäste stellen höhere Ansprüche an den Informationsgehalt von Ausstellungen und Führungen in der Biologischen Station als die Kurzzeitbesucher in den 1990er Jahren. Hauptziel des Projektes ist die Einbindung der Biologischen Station Rybachy in die touristische Entwicklung der Kurischen Nehrung.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie praktische Ausarbeitung des Projekts wird sich über verschiedene Etappen ausdehnen. Zunächst wird eine Art Machbarkeitsstudie erfolgen, in der die notwendigen Grundlagen und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung des Projekts getroffen werden. Dazu gehören z. B. der Entwurf eines Besucherlenkungskonzepts, eine genauere Analyse des Tourismuspotenzials in Rybachy und der Bedürfnisse der Besucher, die Erstellung von Broschüren, eine Verbesserung der Kommunikationsmittel in der Biologischen Station (Telefon, Fax, etc.) sowie Information der Dorfbewohner über Inhalt und Ziele des Projektes. Um der Dorfbevölkerung auch die Chance zu geben, von dem Projekt direkt zu profitieren, soll ein Fonds errichtet werden, aus dem auf Kreditbasis Gelder für Bau- und Renovierungsarbeiten zur Einrichtung von Gästezimmern entnommen werden können. Geplant ist, die erste Projektphase im Rahmen eines Workshops in Rybachy abzuschließen.
Ergebnisse und Diskussion
Zunächst wurde direkt im Gebäude der Biologischen Station Rybachy ein eigenes Büro für umweltverträglichen Tourismus eingerichtet. In Zusammenarbeit mit BTE Berlin (Büro für Tourismus und Regionalentwicklung) ein für die Biologische Station geeignetes Besucherlenkungskonzept entworfen, das seit Juni ´03 in schriftlicher Form und als CD vorliegt. Der Bericht enthält wertvolle Hinweise und Hilfestellungen zur Leitung des Besucherverkehrs in der Biologischen Station. Des weiteren wurde während der Besuchersaison ausgetestet, inwiefern sich Gäste in Privatquartieren im Dorf unterbringen lassen. Der Versuch war sehr erfolgreich, sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen unterschiedlicher Größe können gut im Ort untergebracht werden. Von dieser Möglichkeit profitiert sowohl die Dorfbevölkerung als auch die Biologische Station. Der Besuch der Agendagruppe Partnerschaft Rybachy/Brachttal war von besonderer Bedeutung: Im Rahmen des Besuches wurde eine eigene Agendagruppe in Rybachy ins Le-ben gerufen, die sich nun regelmäßig vor Ort trifft um ökologische und soziale Themen mit Brachttal gemeinsam zu bearbeiten. Um den Gästen in Rybachy bessere Information zu ermöglichen, wurde eine Video-Beamer-Show über die Geschichte der Biologischen Station Rybachy erstellt. Hier wurde mit der Firma MeDia-Maier aus Untereisesheim und dem Fotoclub Schwäbisch Hall zusammengearbeitet. Weitere Shows zu anderen Themengebieten (Ornithologie, Naturkunde etc.) können nun selbständig in der Biologischen Station erstellt und vorgeführt werden. Schließlich wurde ein kleines Büchlein mit dem Titel Gelbauge publiziert, das nun gegen Spende in der Biologischen Station bzw. über den Freundeskreis erhältlich ist. Die Autorin N. Vinogradova beschreibt sehr realistisch den Lebenszyklus einer Sperbergrasmücke auf der Kurischen Nehrung. Im Oktober fand zum Abschluss des ersten Projektjahres ein Workshop in der Biologischen Station statt. Dieses Treffen verlief in kleinerem Rahmen als ursprünglich geplant, für die weitere Zukunft des Projektes wird ein gemeinsames Treffen der Projektbeteiligten und potenziell Mitwirkenden in Osnabrück von größerer Bedeutung sein.
Im Rahmen des ersten Projektjahres sind einige sehr effektive Maßnahmen ausgeführt worden, die eine Perspektive für eine langjährige Weiterarbeit im Bereich des umweltverträglichen Tourismus in Rybachy bieten. Dies bedeutet sowohl für die Biologische Station Rybachy als auch für den Ort selbst einen guten Ansatzpunkt für die zukünftige Entwicklung. Sehr postiv war die Möglichkeit, dass direkt im Gebäude der Biologischen Station ein Büro für umweltverträglichen Tourismus geschaffen werden konnte. Damit wur-de eine wichtige Grundvoraussetzung zur verbesserten Organisation von Öffentlichkeitsarbeit, Besucherlenkung und -information sowie Bildungsarbeiten geschaffen. Die Einreise- und Visabestimmungen lassen sich nur schwer von außen beeinflussen und vereinfachen, hier sind übergeordnete politische Strukturen zuständig. Diese Situation ist während der momentan politisch schwierigen Lage des Kaliningrader Gebietes nur in Zusammenarbeit mit den politisch Verantwortlichen der Russischen Föderation zu verbessern. Bis zum Ende des Jahres 2003 konnte keine zufriedenstellende Lösung zum offiziellen Verkauf von Informationsmaterial und Souvenirs in der Biologischen Station gefunden werden. Gerade neuerdings gibt es aber eine realistische und in der Praxis einfache Idee, den Verkauf zu legalisieren. Darüber werden nun sämtliche Informationen eingeholt, um möglicherweise bereits ab Frühjahr 2004 in der Station eine Gewerbeerlaubnis zu bekommen. Im Zuge der Nutzung der Privatquartiere in Rybachy durch Gäste aus Deutschland zeigte sich, dass die Einrichtung eines Fonds zur Ermöglichung von Re-novierungsarbeiten in Privatquartieren in der Praxis schwierig zu vollziehen und zu leiten ist. Bereits mit den Einnahmen durch häufiges Vermieten von Zimmern konnten einige kleinere Teilrenovierungen vorgenommen werden. Evtl. ist es einfacher und sinnvoller, direkt Fördergelder für gezielte notwendige Verbesserungen in und am Gebäude der Vermieter zur Verfügung zu stellen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
In Kaliningrad findet seit 2002 alljährlich im Herbst eine durch die DBU organisierte Umweltschutzkonferenz statt, auf der durch die Projektleiterin Dr. Petra Wurst das Projekt in Rybachy anhand eines Vortrages ausführlich dargestellt wurde. Im Anschluss an das Treffen bestand jeweils die Möglichkeit für die Teilnehmer die Biologische Station zu besuchen. Während der Besuchersaison wird im Rahmen von Touristenführungen stets auf die Unterstützung durch die DBU aufmerksam gemacht, die eine effektive Arbeit vor Ort in Rybachy für den Freundeskreis Rybachy/Rossitten ermöglicht. In den Rundschreiben an die Mitglieder des Freundeskreises in ganz Deutschland wird jeweils über den aktuellen Stand der Arbeiten im Rahmen des DBU Projektes berichtet. Nachdem nun die wichtigsten Grundvoraussetzungen vor Ort geschaffen wurden, kann mit gezielter vorsichtiger Werbung für die Nutzung der Privatquartiere begonnen werden. Im Rahmen der Agendaarbeit die sich als Netzwerk zwischen Rybachy und Brachttal etabliert, werden bereits regelmäßig Zeitungsartikel zur Information veröffentlicht.
Fazit
Um dem erfolgreich angelaufenen Projekt in Rybachy, das sich nun gerade in der Entwicklungsphase befindet, eine Zukunftsperspektive zu geben, werden folgende weitere Arbeitschritte vorgeschlagen: Das von BTE Berlin erstellte Besucherlenkungskonzept schrittweise vor Ort zu realisieren, Institute biologischer und angliedernder Fachbereiche, Gruppierungen, Naturschutzverbände und andere Stiftungen (z. B. Heinz Sielmann Stiftung, die bereits seit längerer Zeit Hauptförderer der Biologischen Station Rybachy ist) mit einzubeziehen, und die Brachttaler Agendagruppe Partnerschaft Rybachy Brachttal die sich für ökologische und soziale Verbesserungen vor Ort einsetzt mit einzubinden. Während des Winters 2003/2004 werden in Deutschland Veranstaltungen zur Koordination und weiteren Planung der Arbeiten und Aktivitäten in Rybachy durchgeführt. Ein Treffen unter Teilnahme des Freundeskreises Rybachy, DBU, Heinz Sielmann-Stiftung und Agendagruppe im DBU Zentrum in Osnabrück befindet sich bereits in Planung. Durch die Einbeziehung weiterer Interessengruppen und insbesondere auch der Ein-bindung von Kinder- und Jugendarbeit ist der gesamte Prozess im Rahmen der Projektaktivitäten ein wichtiger Beitrag für eine bessere Zukunftsperspektive in ökologischer und sozialer Hinsicht.
Fördersumme
69.230,00 €
Förderzeitraum
19.06.2002 - 19.06.2003
Bundesland
Grenzüberschreitend
Schlagwörter
Grenzüberschreitend
Internationale Aktivitäten
Naturschutz
Umweltkommunikation