Kolloquium zur modellhaften Restaurierung umweltgeschädigter historischer Ratslaubensteine einschließlich praktischer Maßnahmen (Sachsen-Anhalt)
Projektdurchführung
Stadt HalberstadtDezernat III - Gebäudemanagement
Domplatz 51
38820 Halberstadt
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Das Kolloquium sollte dem Austausch der Wissenspotenziale zwischen Denkmalschützern, Wissenschaftlern und ausführenden Baupraktikern im Umgang mit der historischen Bausubstanz eine geeignete Plattform bieten.
Ausgehend von der analytischen Beurteilung der 1999 bis 2000 durchgeführten, modellhaften Konservierung und Teilrestaurierung bildkünstlerisch gestalteter Sandsteine aus der Ruinenbergung der Halberstädter Ratslaube von 1663, ergibt sich hier der willkommene Ansatzpunkt.
Der Austausch des Wissens und der Erfahrungen schließt ab mit der modellhaften Restaurierung der für den Wiederaufbau geeigneten Bildhauerstücke.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenTheoretische Durchdringung der Aufgabenstellung
- Vorbereiten der Anschlussflächen am historischen Fragment unter Beachtung weitestgehender Schonung des Bestandes bei Erzielung statisch wirksamer Lastübertragungsflächen,
- Modellfertigung des Ergänzungsstückes nach historischen Fotos,
- Abstimmen der Modellergänzung mit der Aufgabenstellung und den denkmalpflegerischen Vorgaben,
- Auswahl äquivalenten Ergänzungsmaterials in Sandstein nach Varietät und Farbe,
- Anarbeiten des Ergänzungsstückes in handwerklich meisterhafter Arbeit, mit dem Original nachempfundener Arbeitstechnik und ähnlichen Werkzeugen
Ergebnisse und Diskussion
Das Kolloquium begann mit einer Einstimmung in die anstehende Problematik durch Vorträge, beginnend mit der Darstellung des historischen Hintergrundes der Entstehung und Bedeutung bis zur Zerstörung des Bauwerkes 1945, mit der anschließenden heutigen Bewertung als Dokument der Stadt- und Zeitgeschichte, der Handwerkskunst und der sich eröffnenden Möglichkeit des Sammelns von Erfahrungen bei einem modellhaften Vorgehen von Einzelrestaurierungen aus deren Summe sich die Möglichkeit einer vollständigen Rekonstruktion ergibt.
In wissenschaftlich fundierten Vorträgen, der mit der vorangegangenen, modellhaften Konservierung und Teilrestaurierung betrauten Institute, Labore und Restauratoren wurde einem interessierten Kreis von Vertretern der Steinmetz- und Steinbildhauerwerkstätten der bisher erreichte Kenntnis- und Erfahrungsstand zur Bearbeitung der historischen Bildhauerstücke anschaulich dargeboten.
In angeregten, teils kontroversen Diskussionen und der Wiedergabe eigener Erkenntnisse und Erfahrungen von Wissenschaftlern, Praktikern und Denkmalpflegern entwickelte sich ein tragbarer Konsens zur Aufgabenbewältigung.
Die erste Abschnitt der Aufgabe endete in der Übergabe der historischen, mehr oder weniger fragmentarischen Bildhauerstücke an die sich für eine Restaurierung beworbenen Werkstätten.
Auf der Basis detaillierter und konkret formulierter Aufgabenstellungen waren unter Beachtung denkmalpflegerischer Vorgaben zu weitestgehender Schonung des verbliebenen historischen Bestandes in handwerklich meisterhafter Arbeit fragmentarische Bildhauerstücke in Sandstein nach historischen Fotodokumenten zu ergänzen. Gleichzeitig musste das Werkstück seiner ursprünglichen Funktion und statischen Belastung auch künftig wieder gerecht werden.
Zur Bearbeitung der Werkstücke verblieben für den ersten, noch im 2. Bauabschnitt zu verwendenden Teil ca. 6 Wochen Zeit. Für die weiteren Werkstücke waren 4 Monate verfügbar.
Die Kostenschätzung für die ergänzende Restaurierung basierte auf einer Ermittlung des Planungsteams. Nach einem Vergleich zu den Angeboten ergab sich eine Kostensteigerung auf rund 167% .
Es wurden 8 verschiedene, regional über 3 Bundesländer verteilte Steinmetz- und Steinbildhauerwerkstätten mit der Restaurierung von 10 fragmentarischen Bildhauerstücken der historischen Ratslaube von 1663 beauftragt.
Entsprechend der Zielstellung nach bruchkantengenauem Anfügen der Vierung, funktionell statischer Belastbarkeit des Werkstückes und denkmalpflegerischer Forderung nach sensiblem Übergang von ergänzender Vierung zu historischer Substanz, waren die Erwartungen sehr hoch gesteckt.
Die Qualität der abgelieferten Leistungen war durchgehend gut bis hervorragend.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Über den Gegenstand es Kolloquiums wurde ankündigend und ergebniskonkret in der regionalen Tagespresse berichtet. Restaurierte 4 Stücke sind im Steinlager der Innenstadt präsent. Die 7 Werkstücke des bereits realisierten 2. Bauabschnittes sind am Einbauort im Stadtzentrum anzuschauen.
Eine willkommene Gelegenheit zur Präsentation bot sich auf der Europäischen Messe für Denkmalpflege und Stadterneuerung vom 30.10. bis 02.11.2002 in Leipzig. Die Stadt Halberstadt bot u.a. den informatorischen Rahmen um das Wiederaufbaugeschehen Ratslaube. Im Rahmen einer eigenen Präsentation demonstrierte die Firma Schiecke, Weißensee (Thür.), mit einem Gipsmodell und einem Foto des fertigen Bildhauerstückes die modellhafte Restaurierung des Werkstückes N-21.
Fazit
Die Vorgehensweise bisherige Ergebnisse und Erfahrungen und anvisierte Zielstellungen in Form eines Kolloquiums zu bündeln, hat sich in der Konsequenz als richtig und effektiv erwiesen. Es wurde die Verbindung und der Wissensaustausch zwischen Theorie gehobener und höchster Ebene und erfahrener Praxis fachlich spezialisierten und meisterlichem Niveau hergestellt.
In direkt geführten, teils auch kontroversen Problemdiskussionen zwischen Wissenschaftlern, Handwerksmeistern, Restauratoren und Denkmalschützern wurden Erkenntnisse vertieft, Erfahrungen vermittelt und Vorurteile aufgehoben.
Die guten bis ausgezeichneten Ergebnisse der Restaurierung machen auch deutlich, dass Fähigkeiten und Können der Werkstätten, bezogen auf die speziellen Zielvorgaben, unterschiedlich sind. Der Auftraggeber ist gut beraten, bei Vorhaben gehobenen Anspruches eine dem Kolloquium analoge Form zu praktizieren, um aus dem Kreise der ausgewählten die geeignetsten Anbieter zu beauftragen.
Fördersumme
23.133,00 €
Förderzeitraum
24.04.2002 - 31.12.2002
Bundesland
Sachsen-Anhalt
Schlagwörter