Modellhafte Sanierung des umweltgeschädigten gotischen Dachstuhls der St. Stephanskirche in Tangermünde einschließlich Weiterbildung (Sachsen-Anhalt)
Projektdurchführung
Förderverein St. StephanskircheTangermünde e. V.c/o Carola Jensen
Zollensteig 10
39585 Tangermünde
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Schäden am Dachstuhl der Stephanskirche, insbesondere im Bereich der Sparrenfußpunkte und der Mauerlatten wurden durch eindringende Feuchtigkeit und die daraus resultierenden Nitrate und Pestizidausschwemmungen aus dem Taubenkot verursacht, diese Belastung der Holzsubstanz führte zu einer höheren Anfälligkeit der Hölzer und Ziegel.
Die Sanierung zum Schutz des bedeutenden Kulturgutes erfolgt im Rahmen eines Modellvorhabens, welches sich in die drei Hauptphasen Dokumentation-Sanierung / Ertüchtigung-Prävention untergliedert und vom Deutschen Fachwerkzentrum Quedlinburg begleitet und z. T. durchgeführt wird.
Die Sanierung mittels traditioneller Handwerkstechniken im Rahmen einer Qualifizierung mittelständiger Betriebe bietet die Möglichkeit, Handwerks- und Restauratorenbetriebe in einzelnen Sanierungsabschnitten an diese Umsetzung wieder heranzuführen. Ein Schwerpunkt ist die exemplarische Sanierung eines Gespärres mittels computergestützter Abbundanlage. Eine Gegenüberstellung der Kosten, der Effektivität sowie der Qualität einer computergestützten Sanierung eines Gespärres im Vergleich mit einer traditionellen Sanierung soll hierbei für weitere Sanierungsschritte untersucht werden.
Ein weiterer Schwerpunkt der geplanten Sanierung bildet der Einsatz von Baustoffen, die mit NO belasteten Feuchte dahingehend umgehen können, das Schäden an den verschiedenen Bauteilen durch unkontrollierte Salzbildung abgewendet werden. Ein solcher Baustoff ist der HAZ-Mörtelsystem, welches seine Eigenschaften durch Feuchtezufuhr verbessert und einem Salztransport entgegenwirkt.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Zusammenarbeit erfolgte mit dem Architekten, einem Zimmerermeister, einem Restaurator und auf Denkmalbauten spezialisierten Statiker und Holzschutzsachverständigen und dem DFWZ Quedlinburg.
Das Bauaufmass im kombinierten Messverfahren (Tachymetrie i. V. mit Handaufmass gewährleistete eine hohe Genauigkeit in den im Maßstab 1:50 erstellten Plänen.
In Vorbereitung der Weiterbildungsmaßnahmen für die Gewerke Zimmerer und Maurer aus dem regionalen Umfeld wurden jeweils fünf geeignete Handwerksbetriebe ausgewählt, die zu einer Objektbesichtigung und einer daran anschließenden Informationsveranstaltung eingeladen wurden.
Ein Arbeitsschwerpunkt bildet die exemplarische Sanierung eines Gespärres mittels einer computergestützten Abbundanlage. Aufbauend auf die verformungsgetreuen Bestandspläne wird von diesem Gespärre ein 3D-Modell in CAD erstellt. Die Gegenüberstellung der Kosten, der Effektivität sowie die Qualität einer computergestützten Sanierung eines Gespärres im Vergleich mit einer traditionellen Sanierung sollte hierbei Erkenntnisse und Erfahrung für weitere Sanierungsschritte ergeben.
Parallel zur zimmermannsmäßigen Dachstuhlsanierung ist ein besonderes Augenmerk auf die Dachabdichtung bzw. Fortleitung evtl. eindringenden Niederschlages gelegt worden. Zur Unterbindung der anfallenden Feuchtigkeit ist ein spezieller Mörtel als obere Deckschicht geeignet. Dieser HAZ-(Papiermicrofaser)-Mörtel wurde im Rahmen einer Projektarbeit vom Bildungsministerium für Forschung und Wissenschaft entwickelt. So wurden die salz- und feuchtigkeitsbelasteten Bereiche der Mauerkronen bzw. die geschädigten Außenwandflächen für den Eintrag des HAZ-Fugendeckmörtels ausgewählt und vom Bauherren eine entsprechende chemische Analyse angefordert.
Ergebnisse und Diskussion
Die Ergebnisse des verformungsgerechten Aufmasses wurden für die weitere Schadenskartierung sei-tens des Holzschutzsachverständigen verwendet.
Die Auswertung des Untersuchungsberichtes hinsichtlich der Schädigung durch Mazeration an ausgewählten Tragwerksteilen durch den Holzschutzsachverständigen ergab eine z. T. auffällige Menge an Phosphaten und Sulfaten. Im Ergebnis war festzustellen, dass eine notwendige Mazerationssanierung an der Dachkonstruktion auszuführen ist. Die Arbeiten zur Mazerationssanierung werden im Frühjahr 2003 ausgeführt.
Die Umsetzung der Sanierung im Gewerk Zimmerer erfolgte fortlaufend.
Die Leistungen werden in analoger Technologie erbracht und ausgeführt. Bisher fertiggestellte Leistungen erfolgten in traditioneller Handwerkstechnik zum Anschuhen, Anblatten der zu ersetzenden Bauteilquerschnitte. Statisch notwendige Verstärkungen wurden in Edelstahl und so ausgeführt, dass historische Konstruktionen nicht verändert oder verdeckt wurden, sondern Ergänzungen darstellen und durch den Betrachter jederzeit, auch bauzeitlich, als solche zu erkennen sein werden.
Die Sanierung des Teilgespärres Nr. 7 im Bereich über dem Schülerchor sollte ursprünglich komplett über eine computergesteuerte Abbundanlage für die exemplarische Gegenüberstellung der Kosten, der Effektivität sowie Qualität im Vergleich mit einer traditionellen Sanierung erfolgen. Dabei wurde die Verwendung von nicht maßhaltigem Holz ausgeschlossen. Die Verwendung von maßhaltigem Holz ist an bestimmt Auflagen gebunden. So muss eine Verunreinigung des Altholzes durch Metallteile, Sand o. ä. 100%-ig ausgeschlossen werden können und der Querschnitt des Rekonstruktionsholzes so groß gewählt werden, dass die entsprechenden Verformungen herausgearbeitet werden können. Eine Verunreinigung von Altholz dieser Größe ist in der Praxis nicht auszuschließen. Ebenso ist Altholz in dieser Länge und mit den erforderlichen Querschnitten nicht beschaffbar.
Die Verwendung von neuem Kantholz war aus bauablauftechnischen Gründen nicht vertretbar, da die (technische) Trocknungszeit bis zur Erreichung der Holzrestfeuchte vom max. 18% mindestens 16 Wochen betragen. Als Alternative, die auch vom Landesamt für Denkmalpflege befürwortet wurde, kam der Einsatz von Brettschichtholz in Betracht.
Die Betrachtung und Bewertung der CNC-Technologie ist gerade und im Besonderen im Abschlußbericht des Deutschen Fachwerkzentrums Quedlinburg zu diskutieren und zu bewerten.
Im Gewerk Maurerarbeiten nimmt die Weiterqualifikation der Mitarbeiter im Bereich der Anwendung neuer Technologien einen Teilbereich der auszuführenden Arbeiten ein. Als Ergebnis einer intensiven Begutachtung des Ziergiebels sowie der angrenzenden Fassaden durch den Restaurator wurden weitere stark geschädigte äußere Mauerwerksbereiche erkennbar, die ebenfalls während der Baumaßnahmen des 1. Bauabschnitts mit dem HAZ-System saniert werden sollten.
Die bisherigen Maurerarbeiten umfassen die Erneuerung der geschädigten Mauerkronen und Schwellenauflager. Die geschädigten Mauerwerksschichten sind von Hand vorsichtig abgetragen worden und material- und verbandsgerecht wieder aufgemauert worden. Die Dachdeckerarbeiten umfassen die Demontage der alten Dacheindeckung aus Biberschwanzziegeln zur Wiederverwendung und die Eindeckung der Dachfläche.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Im Rahmen von Führungen und Präsentationen wurde das Projekt der Dachstuhlsanierung der St. Stephanskirche Tangermünde einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt, einschl. der Dachführungen. Erläuterungen zum Vorhaben. Zu diesem Zweck wurde ein großes Plakat mit dem Inhalt und Verlauf des Projektes erarbeitet. Eine umfangreiche Pressearbeit erfolgte durch Rundfunk und Regionalbericht-erstattung mit regelmäßigen Informationen über den Bautenstand und die Bautätigkeit.
Fördersumme
101.425,00 €
Förderzeitraum
28.10.2001 - 28.10.2003
Bundesland
Sachsen-Anhalt
Schlagwörter