Entwicklung einer Dampfturbine kleiner Leistung mit mechatronischer Kopplung an das elektrische Netz
Projektdurchführung
Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Energietechnik
Professur für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung
Helmholtzstr. 14
01069 Dresden
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Vorhabens war die Entwicklung einer neuartigen, dezentralen Energieversorgungsanlage, deren Grundprinzip auf der Kraft-Wärme-Kopplung mit einer Dampfturbine beruht. Gegenüber konventionellen Systemen mit konstanter Drehzahl (Dampfturbine - mechanisches Getriebe - Generator) kann durch drehzahlvariablen Betrieb der Turbine eine Steigerung des Teillastwirkungsgrades erreicht werden. Veränderungen zum Stand der Technik ist deshalb der Einsatz eines getriebelosen Turbogenerators, der über einen Frequenzumrichter mit dem Niederspannungsnetz verbunden ist. Besonders die Nutzung regenerativer Primärenergieträger wie z. B. Biomasse oder aber auch die Verwendung von Sonderbrennstoffen kann aufgrund des hohen technischen Niveaus der Dampferzeugung die Basis eines zukünftigen Serienprodukts bilden. Die elektrische Leistung des Systems sollte kleiner 1 MW sein. Für experimentelle Untersuchungen war der Aufbau einer entsprechenden Versuchsanlage im Heizkraftwerk Dresden - Reick geplant.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAufbauend auf dem Stand der Technik wurde eine Versuchsanlage mit getriebelosem Dampfturbogenerator konzipiert, mit der ein drehzahlvariabler Betrieb möglich ist. Hierzu musste ein entsprechendes leistungselektronisches Stellglied entwickelt bzw. modifiziert werden. In der Anlagensteuerung wurde die aus der Turbinentheorie abgeleitete optimale Drehzahl-Leistungs-Kennlinie hinterlegt. In parallel ausgeführten Arbeitsschritten erfolgte die Entwicklung der einzelnen Systemkomponenten (Turogenerator, Umrichter, SPS) sowie die Planung bzw. der Entwurf der für die Versuchsanlage notwendigen Steuer-, Regel- und Sicherheitskonzepte. Nach erfolgreichem Abschluss der Voruntersuchungen und Detailkonstruktionen wurde die Versuchsanlage im Heizwerk Dresden - Reick errichtet und in Betrieb genommen. Geplant war eine mindestens 6 Monate lange experimentelle Untersuchung des Gesamtsystems mit den Zielen, die Funktionalität und Sicherheit der Anlage nachzuweisen sowie Erkenntnisse über eine optimale Betriebsführung zu erlangen. Die Ergebnisse sind auf Systeme anderer Leistungsklassen mit gleichem Prinzip anwendbar.
Ergebnisse und Diskussion
Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der TU Dresden und mit den Projektpartnern verschiedener Ingenieurdisziplinen wurde eine Versuchsanlage konzipiert, auf der System- und Komponentenebene analysiert und simuliert, entworfen, aufgebaut und erfolgreich erprobt. Der technologische Grundgedanke der direkten Kopplung einer Dampfturbine mit einem permanent erregten Synchrongenerator auf einer Welle und dessen Anbindung an das Niederspannungsnetz mit einem Frequenzumrichter, wurde für Dampfanwendungen erstmals in dieser Form und Leistungsgröße erfolgreich umgesetzt. Mit den bezüglich der leistungselektronischen Komponenten gewonnenen Erkenntnissen konnte eine Grundlage für den Entwurf und die Konstruktion einer Umrichtertechnik für den ursprünglich geplanten elektrischen Leistungsbereich von 500kW geschaffen werden. Aus elektrischer Sicht ist in Folgeprojekten eine deutlich bessere Systemintegration der Umrichterkomponenten (Amplitude der Polradspannung gegenüber der maximal einstellbaren Zwischenkreisspannung, minimale Phaseninduktivität, angepasste Schaltfrequenz, leistungsfähigere Informationsebene) nötig und möglich. Ebenso fließen die in der Inbetriebnah-mephase gesammelten Erfahrungen in die Neukonzeption des Turbogenerators ein. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Kühlung der Lager und des Rotors sowie der Überarbeitung der magnetgelagerten axialen Wellenpositionierung. Das erarbeitete Regelungskonzept der Gesamtanlage (Drehzahlregelung mittels Dampfregelventil, Leistungsregelung durch den maschinenseitigen Pulsgleichrichter, Zwischenkreisspannungsregelung durch den netzseitigen Pulswechselrichter) ist auf zukünftige Anwendungen für den Netzparallelbetrieb übertragbar. Die Verwendung einer derzeit am Markt verfügbaren pneumatischen Ventilansteuerung erschien für die Drehzahlregelung aufgrund der hysteresebehafteten Hubregelung nach experimenteller Prüfung als ungeeignet. Die derzeit durch eine hydraulische Ansteuerung realisierte Ventilansteuerung sollte aber aus Gründen der gewünschten Ölfreiheit des Systems prinzipiell durch eine pneumatische Ansteuerung oder einen elektromechanischen Antrieb (derzeit am Markt noch nicht verfügbar) ersetzt werden. Im Zuge der Anwendung der ermittelten Drehzahl-Leistungs-Kennlinie kann davon ausgegangen werden, dass der Jahresnutzungsgrad im Vergleich zum Betrieb mit konstanter Drehzahl merklich ansteigt, was zu einer Brennstoffeinsparung und somit weiteren Senkung der CO2 - Emission führt. Mit dem für die Heizperiode im Herbst 2006 geplanten Dauerbetrieb der Anlage wird ein deutlicher Zuwachs der genannten ökologischen Effekte erwartet. Neben der CO2-Emissionsenkung spielt hier auch der Wegfall des Schmierölverbrauchs aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht (Sen-kung Wartungsaufwand) eine bedeutende Rolle.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse des Projektes wurden auf der Messe Terratec/Enertec 2003 und 2005 in Leipzig vorgestellt. In den gleichen Jahren wurden Vorträge auf dem Kraftwerkstechnischen Kolloquium der TU Dres-den gehalten. Auf 2 Gutachterkonferenzen in den USA (PES 2003) und Japan (IPEC 2005) konnten spezielle leistungselektronische Aspekte einem internationalen Fachpublikum dargelegt werden. Darüber hinaus erfolgten Veröffentlichungen in Printmedien, wie z. B. dem Holzzentralblatt (Sept. 2005) oder in den Solarthemen (Nov. 2004). Die Ergebnisse stehen allen beteiligten Projektpartnern zur freien Verfügung. In Bearbeitung sind derzeit 3 Promotionsarbeiten, die nach ihrer Fertigstellung öffentlich zugänglich sind.
Fazit
In Anbetracht des komplexen Entwicklungsvorhabens kann ein positives Fazit gezogen werden. Ohne die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Instituten der TU Dresden mit den Industrieunternehmen wäre die Umsetzung des Vorhabens nicht möglich gewesen.
Die Hauptziele
- Ermittlung des Drehzahl-Last-Kennfeldes für den wirkungsgradoptimalen Betrieb des Dampfturbogenerators,
- Funktionsnachweis des neuartigen Turbogenerators in Verbindung mit der Umrichtertechnik,
- Funktionsnachweis des gesamten Anlagenkonzepts und
- störungsfreier Dauerbetrieb als Energieerzeugungsanlage im Netzparallelbetrieb
wurden mit Einschränkung der elektrischen Leistung auf 70% der Generatornennleistung erreicht. Mit diesem Projekt konnte eine Grundlage für die Weiterentwicklung von KWK-Anlagen mit Dampfturbinen und wirkungsgradoptimalem Betrieb geschaffen werden. Beleg für das hohe Marktpotenzial des Konzepts ist die anhaltend gute Resonanz auf nationale und auch internationale Veröffentlichungen. Zusam-men mit einer Überarbeitung des leistungselektronischen Stellglieds ist mit dem heutigen Erkenntnisstand die Entwicklung eines vermarktungsfähigen Serienproduktes durchaus möglich.
Fördersumme
547.082,31 €
Förderzeitraum
01.01.2002 - 01.04.2005
Bundesland
Sachsen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik