Feuersalamander und Reptilien als Leitarten für die forstliche Bewirtschaftung ausgesuchter Waldlebensräume am Beispiel des Ilm-Kreises, Thüringen (Voruntersuchung)
Projektdurchführung
Landratsamt Ilm-Kreis
Ritterstr. 14
99310 Arnstadt
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Populationen des Feuersalamanders und der Reptilienarten Kreuzotter, Schling- und Ringelnatter im Ilm-Kreis/Thüringen haben in den letzten Jahrzehnten bis Jahrhunderten durch den Anbau großflächiger, monokultureller Altersklassenwälder dramatisch abgenommen. Im Projekt sollen verschiedene waldbauliche Maßnahmen in ausgesuchten Lebensräumen in ihren Auswirkungen auf die Populationen untersucht werden, mit dem Ziel, die Populationen zu erhalten, zu unterstützen und die Ausbreitung der Arten zu fördern. Diese Maßnahmen sollen in die Thüringer Waldbaustrategie einfließen. Das Projekt wird von intensiver Informations- und Öffentlichkeitsarbeit begleitet. In der Voruntersuchung werden die Lebensräume ausgesucht, die Populationen durch ökologische Parameter charakterisiert, die Hiebsmaßnahmen konkretisiert und durchgeführt, sowie ein Konzept zur Öffentlichkeits- und Informationsarbeit entwickelt.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Arbeiten im Rahmen der Vorphase werden im mittleren Thüringer Wald und westlichen Thüringer Schiefergebirge durchgeführt. In 3 ausgesuchten Bachtälern mit Feuersalamandervorkommen und in 2-3 Geröllhalden (Winterquartier der Schlangenarten, Sommerlebensraum der adulten Feuersalamander) wird die Frequenz der Alttiere, die Anzahl und Entwicklung der Jungtiere und der Reproduktionserfolg bestimmt sowie chemische und mikroklimatische Faktoren gemessen. Zeitparallel werden die Hiebs-maßnahmen in 30-50 m breiten Säumen an den Bäche und in einem Umkreis von 50 m um die Geröllhalden präzisiert und im Winterhalbjahr durchgeführt. In einem Beispielgebiet wird ein Verbundsystem für die Vernetzung der meist isolierten Populationen entwickelt, in einem weiteren Teilgebiet bisher noch unbekannte Populationen aufgenommen und ihre Lebensraumansprüche charakterisiert. In Zusammenarbeit mit der regionalen und überregionalen Presse, mit den Fremdenverkehrbüros und der Forstverwaltung wird ein Konzept zur Weiterbildungs- und Öffentlichkeitsarbeit entwickelt. Alle Maßnahmen werden in enger Kooperation und in ständigem Kontakt mit den Mitarbeiter der Forst- und Naturschutzbehörden durchgeführt. Diese enge Zusammenarbeit schafft die Voraussetzung dafür, die bisher unbeantworteten Fragen nach den Umbaumaßnahmen naturfremder in naturnahe Waldökosysteme anhand der Leitfunktion der Arten zu klären und gleichzeitig ökonomisch tragfähige Kompromisse zu finden.
Ergebnisse und Diskussion
Im Naturraum Mittelgebirge im Ilm-Kreis wurden die Feuersalamander- und Reptilienpopulationen in drei Quellbächen und drei Felshalden untersucht. Die Rate der erfolgreichen Reproduktion der Feuersalamanderpopulationen in den Quellbächen betrug 40, 0 und 100 %. Je kolkreicher ein Quellbach ist und je ausdauernder er Wasser führt, desto höher ist der Anteil metamorphorisierter Jungsalamander. Niedrige Werte der nächtlichen Luftfeuchtigkeit in krautarmen, überstockten Fichten-Reinbeständen schränken die Nutzung dieser Waldbestände durch erwachsene Feuersalamander ein. In den Felshalden bestehen Winterquartiere, Frühjahrs- und Herbstsonnplätze sowie Sommerlebensräume von Feuersalamander, Kreuzotter, Waldeidechse und Blindschleiche. Die Arten werden durch das spezielle Mikroklima auf und in freigestellten Halden gefördert. In den Fichten-Reinbeständen aller Lebensräume wurden unterschiedlich intensive Hiebsmaßnahmen durchgeführt, mit dem Ziel, durch eine Entwicklung naturnäherer Waldbestände die Lebensraumbedingungen (Mikroklima, Nahrung) für die Arten zu verbessern.
In einem 12-18 km2 großen Gebiet im Mittleren Thüringer Wald, in dem noch individuenreichere Populationen von Kreuzotter, Ringelnatter, Waldeidechse und Blindschleiche vorkommen, wurde das Rahmenkonzept für ein geplantes Biotopverbundsystem entwickelt. In der Hauptphase des Projekts sollen Wanderwege zwischen Populationen freigestellt und Teilhabitate etabliert werden, indem lückige Waldstrukturen an Felsen, Felshalden, skelettreichen Hängen, Waldwegrändern, Steinbrüchen, Jagdschneisen, Zwergstrauchheiden und Standgewässerrändern entwickelt werden, die momentan noch mit unterschiedlich alten und bestockten Fichtenwäldern bewachsen sind.
In einem Teilgebiet des Mittleren Thüringer Waldes wurden die Lebensräume von Feuersalamander und Reptilienarten analysiert. Larvengemeinschaften des Feuersalamanders wurden vor allem in tiefgelegenen (420-550 m ü. NN), morphologisch, bis auf das Fehlen von Starktotholz, naturnahen Quellbächen gefunden, in deren Auen kraut- und strauchreiche Mischwälder mit einem hohen Anteil an Laubbäumen wachsen. Adulte Salamander nutzen bevorzugt die lückigen Wälder auf nährstoffarmen, trockenen bis durchschnittlich feuchten Standorten. Von den vier nachgewiesenen Reptilienarten Waldeidechse, Blindschleiche, Ringelnatter und Kreuzotter ist nur die Kreuzotter im Gebiet sehr selten. Die Waldeidechse besiedelt nahezu alle offenen und halboffenen, von Wald umgebenen Lebensräume bis in die Gipfelregionen. Ähnliche Habitatansprüche zeigt die Blindschleiche, allerdings wird sie ab 750 m ü. NN deutlich seltener. Die individuenreichen Ringelnatterpopulationen leben vor allem in den Wiesensysteme der breiteren Fließgewässertäler (400-650 m). In Biotopen über 750 m fehlt sie. Sehr individuenarme Kreuzottervorkommen wurden bisher nur in Zwergstrauchheiden unter lückigen Kiefernmischwäldern auf Sandboden und in halboffenen Felshalden gefunden. Aus den Lebensraumansprüchen der Arten werden Empfehlungen für die zukünftige waldbauliche Nutzung des Gebietes abgeleitet, in deren Mittelpunkt die Förderung von Laubbäumen und die Entwicklung lückiger Waldstrukturen steht.
Alle Projektziele wurden erreicht, wenn auch mit deutlich höherem Arbeitsaufwand, als geplant. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Kooperationspartnern ist produktiv, pragmatisch und findet mittlerweile in einer erfreulich entspannten Arbeitsatmosphäre statt. Konflikte werden angesprochen und Kompromisse gefunden.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Aufgrund des großen Interesses an dem Vorhaben im Ilm-Kreis und in Thüringen wurden schon in der Vorphase die Ziele und Inhalte des Projekts in über 15 Vorträgen und Exkursionen den Mitarbeitern der Forst-, der Naturschutzverwaltung, des ehrenamtlichen Naturschutzes, der Tagespresse und auf einer wissenschaftlichen Tagung vorgestellt.
Auch die Ergebnisse der Vorphase werden in einem Vortrag vor Mitarbeitern der Forst- und Naturschutzverwaltung sowie des ehrenamtlichen Naturschutzes (Nov./Dez. 2003), auf einer Tagung im November 2003 über den Naturschutz im Naturpark Thüringer Wald (mit Veröffentlichung), sowie in Naturschutz und Landschaftspflege in Thüringen veröffentlicht werden.
Effizienzkontrollen über die Auswirkungen der Hiebsmaßnahmen werden im Jahr 2003 fortgeführt, wie auch die Voruntersuchungen, Planungen und Vorarbeiten für das Biotopverbundsystem. Diese Untersuchungen werden teils vom Umweltamt des Landratsamtes im Ilm-Kreis finanziert, teils auf ehrenamtlicher Basis weitergeführt.
Fazit
Die Vorgehensweise hat sich bewährt, Änderungen in der Zielsetzung sind deshalb nicht nötig. Aber das Erreichen der Projektziele der Vorphase hat sich als deutlich arbeitsaufwendiger erwiesen, als geplant. Da dieses Resultat der Voruntersuchung in der Kalkulation der Hauptphase berücksichtigt wurde, verfolgt das Hauptprojekt realistisch zu erreichende Ziele.
Fördersumme
29.461,00 €
Förderzeitraum
14.05.2002 - 14.05.2003
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter