Modellprojekt: Wiederherstellung der Fließfähigkeit des umweltgeschädigten Parkgrabens Sanssouci durch die Anwendung einer innovativen und landschaftsschonenden Schlammsedimentation mittels Carbo-Oxygen-Injektion (Brandenburg)
Projektdurchführung
Stiftung Preußische Schlösser und GärtenBerlin-Brandenburg
14414 Potsdam
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Das Ziel des Vorhabens besteht in der Praxiserprobung eines umweltschonenden Verfahrens zur Schlammsedimentation für langsam fließende und stehende Gewässer, insbesondere im Bereich denkmalgeschützter Parkanlagen. Die über Jahre angewachsene Schlammschicht soll mit der vorgeschlagenen Technologie soweit sedimentiert werden, dass die Fließfähigkeit und damit der natürliche Selbstreinigungsrhythmus des Parkgrabens wieder hergestellt wird. Normalerweise würde eine Technologie des Schlammausbaggerns (mit Trockenlegung oder im Saugverfahren) angewandt, was erfahrungsgemäß erhebliche Landschaftsschäden nach sich zieht. Gleichzeitig würden ca. 20.000 m³ teilweise kontaminierter Schlamm zur Deponie anfallen. Die Arbeiten erfolgen von Katamaranbooten aus.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie im Vorhaben angewandte Technologie setzt sich für den 2 km langen Parkgraben aus mehreren Teilschritten zusammen:
1. Grobräumung des Gewässers mit einer vorn am Boot angebrachten 1,5 m breiten Gabel
2. Einleiten von reinem Sauerstoff in die Schlammschicht zur Anregung der Oxidationsprozesse und der aeroben Mikroorganismen
3. Durchführung der Carbo-Oxygen-InjektionÒ, wobei verstärkt Sauerstoff über Kohlegranulat (längerfristige Depots) im Schlamm eingelagert werden
Das Vorhaben ist in zwei Phasen eingeteilt, da zuerst ein Testabschnitt bearbeitet werden soll (2001). Die Testphase wird von der Uni Potsdam untersuchungstechnisch begleitet. Das BLAD, der Bereich Gartendenkmalpflege der SPSG, die Untere Naturschutz- und Untere Wasserschutzbehörde wurde zur Beratung herangezogen.
Nach Auswertung der Untersuchungsergebnisse und positiver Bewertung durch das beratende Fachkollegium wird 2002 der größte Teil des Parkgrabens bearbeitet und damit eine umfangreiche Entschlammung längerfristig vermieden.
Ergebnisse und Diskussion
In der Testphase zeigte sich, dass die Grobräumung die Mächtigkeit der Schlammschicht im Parkgraben um durchschnittlich 25 bis 30 cm verringerte (etwa ¼ der Schlammschicht). Die Grobräumung bedingte ein Durchpflügen zumindest der oberen Hälfte der Schlammschicht, was nachweislich zum Entweichen von Faulgasen und zu aeroben Bedingungen wie in einem schnell fließenden Bach führte. Die Carbo-Oxygen-Injektion erbrachte eine vorübergehende Sauerstoffanreicherung im Schlamm, die aber keine bzw. nicht messbare Auswirkungen auf die Schlammmächtigkeit hatte. Die Ursache dafür liegt in der Zusammensetzung des Schlammes, der nachweislich zu großen Teilen aus Sand, Humus (nicht um-setzbar) und Laub/kleinen Ästen (schwer umsetzbar) besteht. Weitere biologische Untersuchungen (Studienarbeit der BTU Cottbus zum Laubabbau von Schwarzerlenlaub) ergaben, dass die Sauerstoff-versorgung, insbesondere unter den Laubschichtungen, die sich jeden Herbst ansammeln, im Vergleich zu natürlichen Bächen gering war und wesentliche Vertreter von laubfragmentierenden Biozönosen fehlten. Deren Anregung und Zuwachs wäre nur unter der Bedingung einer Dauerbelüftung und ggf. bio-chemischer Anregung möglich. Zu dieser Problematik wurde ein biotechnologischer Laborversuch veranlasst, dessen Ergebnisse jedoch nicht überzeugen konnten. Das Verhältnis von Aufwand und Nutzen blieb nach Expertenmeinung so fragwürdig, dass diese Variante verworfen wurde.
Die Grobräumung mit den Katamaranbooten wurde von allen Beteiligten als so erfolgreich, umwelt- und denkmalschonend eingeschätzt, dass in der zweiten Projektphase eine Grobräumung der übrigen Parkgrabenbereiche (außer Friedensteich) durchgeführt wurde. Als Hauptursache für die sich akkumulierende Schlammschicht wurde der jährliche Laubeintrag identifiziert, so dass eine Fließfähigkeit des Parkgrabens bei Wiederholung der Grobräumung in regelmäßigen Abständen gewährleistet bleibt. Die Kos-ten einer Grobräumung betragen nur etwa 5% der Kosten einer Totalberäumung, allerdings muss eine Grobräumung in regelmäßigen mehrjährigen Abständen als Instandhaltungsmaßnahme weitergeführt werden.
Die Totalberäumung des Parkgrabens durch Ausbaggern wird mit einer regelmäßigen Grobräumung langfristig aufgeschoben. Eine Räumung der über Jahrzehnte angewachsenen Sand- und Humusschichten scheint aber weiterhin unausweichlich, da die Entwässerungszuflüsse aus Fontänen- und Dachentwässerungen ständig von dem hohen Sedimentstand an den Grabenrändern zugesetzt werden. Nach wie vor muss nach einem umweltgerechten Verfahren gesucht werden, dass dem Schutzstatus und der Dimension solcher Wasseranlagen entspricht. Die Grobräumung als Instandhaltungsmaßnahme betrifft auch die Bereiche nach einer Totalberäumung, da der Laubeintrag jährlich erfolgt und das Laub nachweislich nicht umgesetzt wird.
Trotz der nicht erfolgreichen Schlammsedimentation mittels Carbo-Oxygen-Injektion muss die Grobräumung als ein wichtiger und empfehlenswerter Teilerfolg angesehen werden, bei dem keine Schäden an den denkmalgeschützten Anlagen, der Flora und Fauna zu verzeichnen waren und keine umfangreiche, geräuschintensive Baustelle den Besucherverkehr beeinträchtigte. Die konventionell Beräumung hätte umfangreiche Nebenwirkungen verursacht, deren rekonstruktiver und regenerativer Aufwand erheblich gewesen wäre.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Bauschild und Informationen in regionaler Presse und Fernsehen mit großem Interesse der ParkbesucherVerwertung der Ergebnisse an der Universität Potsdam, Institut für Biochemie und Biologie im Rahmen einer laufenden ForschungsarbeitMultiplikation durch den regionalen Naturschutzbeirat und das BLDAM, durch beratende Mitarbeit der BTU Cottbus und des Leibnizinstitut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin (IGB)Veröffentlichung in der Hericare-Datenbank
Fazit
Die 1. Projektphase (Teststrecke) zeigte im Positiven, welchen wesentlichen Effekt die Grobräumung hat, besteht doch der größte Teil des organischen Eintrags aus schwer abbaubaren (ligninhaltigen) Sub-stanzen wie Laub und Holzteilen, die durch die Grobräumung einfach und landschaftsschonend zu beseitigen sind. Die zum ersten Mal bei dem angewandten Verfahren umfassend durchgeführten biochemischen Untersuchungen des Sediments und des Porenwassers, lieferten auch erstmals verlässliche Ergebnisse und verwiesen gleichzeitig auf Begleiterscheinungen wie Sedimentumschichtungen, Ablagerungen durch Strömung, Einbringen von Luft allein durch die Grobräumung.
Unter Abwägung der bekannten mechanischen Verfahren, neuer biotechnologischer Verfahren und der Einholung verschiedenster Expertenmeinungen ist die Grobräumung nach der Technologie der Fa. Schunke Ökolomie ist die bisher einzige Lösung, die den Parkgraben entlastet und bei regelmäßigem Einsatz die Fließfähigkeit erhält. Die Verwendung von Uferfiltratwasser statt Havelwasser im System würde vermutlich die Algenbildung auch im Parkgraben reduzieren, jedoch ist die Algenbildung keine repräsentative Ursache für die Verschlammung.
Fördersumme
96.653,59 €
Förderzeitraum
09.08.2001 - 09.08.2003
Bundesland
Brandenburg
Schlagwörter