Modellhafte Instandsetzung des Kirchendaches unter besonderer Beachtung der Fledermauswochenstuben der Pfarrkirche in Gehofen (Thüringen)
Projektdurchführung
Ev. Regionalgemeinde Roßleben/Wiehe
Markt 10
06571 Wiehe
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Eine Vielzahl von Gemeinden steht vor der Aufgabe, Kirchen zu erhalten und gleichzeitig die Zerstörung des Lebensraumes von Fledermäusen als Folge umfassender Sanierung zu verhindern. Besonders schwer wiegt der Konflikt, wenn wie am Bsp. der Kirche Gehofen, ein Großteil der Schäden an der Dachkonstruktion auf Besiedlung durch Fledermäuse zurückzuführen ist. Die Notwendigkeit, beiden Problempunkten gerecht zu werden, ermöglicht erstmals eine komplexe Betrachtung der Anforderungen sowohl an die Erhaltung einer Fledermauswochenstube als auch an die Sanierung eines Kirchendaches, ermöglicht die Bündelung der Fachkenntnisse aller am Projekt Beteiligten aus dem Bereich Natur- und Denkmalschutz für die modellhafte Umsetzung einer fledermausgerechten Sanierung hist. Dachstühle und -deckungen u. deren Instandhaltung.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden- Verwendung/ Entwicklung einer harnsäurebeständigen, wasserdampfdurchlässigen, hochreißfesten und gesundheitlich unbedenklichen Unterspannbahn mit geringstem Gleitwiderstand zum Schutz aller umliegenden Holzbauteile insbesondere der Deckenschalung vor eindringender Nässe aus den unzugänglichen Bereichen des Zwischenraumes
- Detaillierteste Bestandsaufnahme der von den Fledermäusen besiedelten Bereiche in der Zwischendecke als Grundlage für die Rekonstruktion - somit Gewährleistung unveränderter raumklimatischer Bedingungen
- Zimmermannsmäßige Instandsetzung der Dachkonstruktion durch Einbau ausschließlich unbehandelter Holzbalken, Sparren, Holzschalungen etc. unter besonderer Beachtung der einzubauenden Holzqualität (Bohrkernproben), Holzfeuchtigkeit und des konstruktiven Holzschutzes
- Dauerhafte Dachabdichtung und somit Vermeidung eindringenden Niederschlagwassers in die Konstruktion und in Wochenstube durch Schieferung des Daches auf Bitumendachbahn mit regionaltypischen Schiefer
- Entwicklung einer harnsäurebeständigen Kotrinne mit Revisionsöffnungen zum Innenraum und Abfluss nach außen in die Dachrinne, Einordnung in den Innenraum unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten
- Schaffung zusätzlicher Ein- und Ausflugöffnungen im Dachraum in Form von Gaupen auf der Nordseite, die Öffnungen entsprechen dem Mindestmaß für einen Fledermauszugang und verhindern das Eindringen anderer Vogelarten (Tauben)
Ergebnisse und Diskussion
Die nachfolgend aufgeführten Lösungsansätze ergaben sich aus der Spezifik der Aufgabe und unterstreichen die besonderen Anforderungen an die Instandsetzungsarbeiten:
· Verwendung (in Zusammenarbeit mit Firma Klöber) einer harnsäurebeständigen, wasserdichten, wasserdampfdurchlässigen, hochreißfesten und gesundheitlich unbedenklichen Unterspannbahn mit geringem Gleitwiderstand zum Schutz aller umliegenden Holzbauteile insbesondere der Deckenschalung vor eindringender Nässe/ Staunässe aus den unzugänglichen Bereichen des Zwischenraumes Deckenschalung - Dachschalung sowie unterhalb der Hängeplätze im offenen Dachstuhl infolge Fledermausbesiedlung
· Detaillierte Bestandsaufnahme der von den Fledermäusen besiedelten Bereiche in der Zwischendecke als Grundlage für die Rekonstruktion - somit Gewährleistung unveränderter raumklimatischer Bedingungen (u. a. abhängig vom Querschnitt der Zuluftöffnungen an der Traufe, dem Querschnitt des Zwischenboden = Abstand zwischen den Schalungen)
· Zimmermannsmäßige Instandsetzung der Dachkonstruktion durch Einbau ausschließlich unbehandelter Holzbalken, Sparren, Holzschalungen etc. unter besonderer Beachtung der einzubauenden Holzqualität (Bohrkernproben), Holzfeuchtigkeit (gleichmäßig geringe Holzfeuchteverteilung von < 20% über den gesamten Querschnitt) und des konstruktiven Holzschutzes; bei der Sanierung der durch tierische oder pflanzliche Schädlinge befallenen Holzbauteile ebenfalls Verzicht auf chemischen Holzschutz - hier weiträumige, zimmermannsmäßige Instandsetzung, ggf. Komplettaustausch
· Dauerhafte Dachabdichtung und somit Vermeidung eindringenden Niederschlagwassers in die Konstruktion und in die Wochenstube durch Vollschieferung der Dachflächen auf Bitumendachbahn mit Thüringer Schiefer und Verwendung von Kupfer - Haltefeststiften
· Entwicklung einer harnsäurebeständigen Kotrinne (Titanzinkblech) mit Revisionsöffnungen zum Innenraum und Abfluss nach außen in die (harnsäurebeständige) Dachrinne, Einbau in gestalterischer Form eines Innengesimses zwischen die sichtbaren Sparren und somit Einordnung in das Gestal-tungsprinzip des Innenraumes und dessen Restaurierung unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten
· Schaffung zusätzlicher Ein- und Ausflugöffnungen im Dachraum in Form von Gaupen auf der Nordseite, die Öffnungen entsprechen dem Mindestmaß für einen Fledermauszugang und verhindern somit das Eindringen anderer Vogelarten (Tauben), gleichzeitig wird eine Regulierung der Stauhitze in den Sommermonaten ermöglicht
· Beschränkung der Fledermauswochenstruben und Hangplätze auf die bislang bekannten Bereiche im Dachstuhl durch geeignete Absperrmaßnahmen
· Beachtung möglicher Bauzeiten zum Schutz der Wochenstuben
· Projektbeobachtung und Auswertung über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren durch die zuständige Naturschutzbehörde (mögliche Veränderung im Verhalten der Tiere, Umfang der Wochenstube, Annahme der sanierten Bereiche)
Die Arbeiten wurden im Frühjahr 2002 begonnen und konnten planmäßig Ende 2003 abgeschlossen werden.
Fazit
Die gesteckten Ziele aus denkmalfachlicher naturschutzfachlicher Sicht wurden erfüllt.
Dachkonstruktion und Dacheindeckung konnten nach denkmalpflegerischen Vorgaben und technischen Erfordernissen umfassend instandgesetzt werden.
Bereits in der Ruhephase im Sommer 2003, noch vor Beginn der Schieferarbeiten, konnten Quartierkontrollen eine Wiederbesiedlung der Wochenstuben nachweisen. Neben den Fledermäusen konnte eine Ansiedlung von Mauerseglern beobachtet werden.
Trotz tiefgreifender Baumaßnahmen können die Quartiere als durch die Fledermäuse wieder angenommen gewertet werden.
Fördersumme
76.694,00 €
Förderzeitraum
15.04.2002 - 15.04.2004
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter