Projekt 18380/01

Forschungsvorhaben: Ökologischer Mietspiegel – Empirische Untersuchung zum möglichen Zusammenhang zwischen der Höhe der Vergleichsmiete und der wärmetechnischen Beschaffenheit des Gebäudes

Projektdurchführung

Stadt Darmstadt Dezernat V - Umweltdezernat
Luisenplatz 5 a
64283 Darmstadt

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Etwa 50 % der beheizten Wohnfläche entfällt in Deutschland auf den Mietwohngebäude. Im Gegensatz zum selbstgenutzten Eigentum liegt der unmittelbar wahrnehmbare Nutzen einer Energiesparinvestition im Mietwohnungsbau nicht beim Vermieter, sondern beim Mieter, dessen Heizungs-/Warmwasserkosten je nach Qualität und Umfang der Modernisierungsmaßnahme reduziert werden. Auf Grund der mit der Modernisierung einhergehenden Wohnwertverbesserung ist jedoch - insbesondere bei steigenden Energiepreisen - auch eine Reaktion des Wohnungsmarktes zu erwarten.
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, erstmals in Deutschland den Einfluss der wärmetechnischen Beschaffenheit auf die Netto-Miete bzw. Vergleichsmiete zu untersuchen. Diese Untersuchung wird im Rahmen der Erstellung des Mietspiegels in Darmstadt durchgeführt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie wärmetechnische Beschaffenheit kann nicht direkt in die statistische Analyse zur Mietspiegelerstellung integriert werden. Sie wird über den Primärenergiekennwert operationalisiert. Die Berechnung des Primärenergiekennwerts mit Standardannahmen für das Bewohnerverhalten und das Wetter gewährleistet eine objektive Gebäudebewertung, ohne das diese durch das Verhalten der Bewohner (z. B. Lüftungsverhalten) beeinflusst wird. Aus dem Primärenergiekennwert wird unter Anwendung einer sogenannten Übertragungsmatrix der Wärmestatus für die Gebäude der Mietspiegelstichprobe ermittelt. Über den Wärmestatus wird die wärmetechnische Beschaffenheit in die Regressionsanalyse integriert und analog zu den anderen Wohnwertmerkmalen der Einfluss auf die Netto-Miete untersucht.


Ergebnisse und Diskussion

Zur Operationalisierung der wärmetechnischen Beschaffenheit muss für jedes Gebäude der Mietspiegelstichprobe der Primärenergiekennwert berechnet werden. Die Berechnung erfolgte durch die Schornsteinfegerinnung Darmstadt. Ausgehend von den 936 Vollinterviews konnten für 422 Fälle die Primärenergiekennwerte ermittelt werden.
Vor der Integration der wärmetechnischen Beschaffenheit in das umfangreiche Mietspiegelmodell wird eine Varianzanalyse vorgeschaltet. Es zeigt sich, dass eine einfache Form der Übertragungsmatrix für die Bildung der Wärmestatusklassen ausreicht. Aus den Primärenergiekennwerten werden drei Wärmestatusklassen gut, mittel und schlecht gebildet.
Wird die wärmetechnische Beschaffenheit über den Wärmestatus in das Mietspiegelmodell integriert, ergibt sich aus der statistischen Analyse ein signifikanter Einfluss auf die Netto-Miete. Die monatliche Netto-Miete in Gebäuden mit guter wärmetechnischer Beschaffenheit liegt signifikant um 0,37 €/m² höher als in den übrigen Gebäuden. Dies wird über einen entsprechenden Zuschlag im Mietspiegel ausgewiesen. Für die Gebäude mit schlechter wärmetechnischer Beschaffenheit konnte kein signifikanter Abschlag festgestellt werden. Faktorenanalysen mit den Wohnungsmerkmalen lieferten hierfür die Erklärung: Der schlechte Wärmestatus kam häufiger mit einer fehlenden Zentralheizung bzw. mit einer insgesamt fehlenden Heizung oder mit einer fehlenden Warmwasserversorgung vor, für die wiederum ein signifikanter Preiseffekt nachgewiesen werden konnte.
Der Zuschlag für eine gute wärmetechnische Beschaffenheit liegt in der Größenordnung der Heizkosteneinsparung. Für die Mieter in Gebäuden mit guter wärmetechnischer Beschaffenheit ist der Zuschlag finanziell betrachtet somit ein Nullsummenspiel. Gewinner sind die Mieter in Gebäuden mit einfacher wärmetechnischer Beschaffenheit. Da sich im Mietspiegel Erhöhungen auf der einen durch Senkungen auf der anderen Seite kompensieren, werden diese Mieter bei der Vergleichsmiete entlastet. Ebenfalls Gewinner sind die Vermieter, die ihr Gebäude bereits energetisch modernisiert haben oder es zukünftig tun werden. Über den Zuschlag erhöhen sich ihre energiebedingten Mehreinnahmen, was sich positiv auf die Rentabilität der Energiesparmaßnahmen auswirkt.
Mit der Veröffentlichung des ökologischen Mietspiegels Darmstadt am 18. Juli 2003 kann ein Vermieter im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens nun einen Zuschlag für gute wärmetechnische Beschaffenheit geltend machen. In dem Fall muss er dem Mieter diesen Zuschlag auf dessen Verlangen begründen. Im Zweifel ist der neutral ermittelte Primärenergiekennwert das korrekte Begründungsmittel. Die gerichtsfeste Dokumentation des Primärenergiekennwerts stellt gegenüber der reinen Energieberatung ei-ne neue Qualität dar. Hierfür wird ein entsprechendes Konzept entwickelt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Neben Artikeln in der lokalen Presse werden die Ergebnisse des Forschungsprojektes auf einem Kongress in Darmstadt der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Darüber hinaus sind mehrere Fachveröffentlichungen in Fachzeitschriften vorgesehen. Detaillierte Informationen sind im Endbericht zum ökologischen Mietspiegel Darmstadt zu finden.


Fazit

In der Phase 1 des Forschungsprojektes konnte das erste Mal in Deutschland statistisch nachgewiesen werden, dass die wärmetechnische Gebäudebeschaffenheit in Darmstadt einen signifikanten Einfluss auf die Vergleichsmiete hat. Mit der Integration eines entsprechenden Zuschlages ist der Darmstädter Mietspiegel damit der erste ökologische Mietspiegel.
In der Phase 2 des Forschungsprojektes sollen neben der Begleitung der Anwendungsphase Möglichkeiten zur Reduktion des Aufwandes zur Ermittlung der Primärenergiekennwerte untersucht werden. Es wird erwartet, dass der Aufwand zur Bestimmung der Primärenergiekennwerte durch die Anwendung eines Kurzverfahrens und von Verbrauchskennwerten von derzeit ein bis zwei Stunden auf etwa 10 bis 15 Minuten reduziert werden kann. Damit sind wesentliche Voraussetzungen für die Umsetzung dieses An-satzes in der Breite geschaffen.

Übersicht

Fördersumme

46.527,56 €

Förderzeitraum

01.03.2002 - 31.07.2003

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik