Schonung natürlicher Ressourcen durch den Einsatz von Recycling-Materialien als Baustoffe für Flussdeiche
Projektdurchführung
Technische Universität DarmstadtInstitut für Wasserbau und WasserwirtschaftFachgebiet Wasserbau
Rundeturmstr. 1
64283 Darmstadt
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In der DIN 19712 Flussdeiche werden als Baustoffe für den Deichbau neben natürlichen Materialien auch künstlich hergestellte Baustoffe als prinzipiell geeignet angesehen. Der Einsatz von solchen Sekundärrohstoffen im Deichbau würde einen wichtigen Beitrag zur Schonung der wertvollen natürlichen Ressourcen leisten. Da allerdings entsprechende Erfahrungen in situ (im Maßstab 1:1) fehlten, wurden solche Materialien bisher beim Bau von Flussdeichen nicht in nennenswertem Umfang eingesetzt. Das Forschungsvorhaben befasst sich daher mit Untersuchungen an einem aus Sekundärrohstoffen erbauten Versuchsdeich im Naturmaßstab (1:1).
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm das tatsächliche Verhalten eines aus Sekundärrohstoffen aufgebauten Deiches bewerten zu können, wurde neben Labor- und Modelluntersuchungen der Bau eines Versuchsdeichs in natürlicher Größe, d.h. im Maßstab 1:1, auf dem Gelände der Deichmeisterei in Biebesheim am Rhein vorgenommen. Mit dem Versuchsdeich sollte die Eignung von Baustoffrecycling-Material (RC-Baustoff) sowie von Hausmüllverbrennungsschlacke (MV-Schlacke) für den Bau von Flussdeichen unter bautechnischen und umwelttechnischen Aspekten nachgewiesen werden, um bei zukünftigen Deichbau- und Sanierungsvorhaben gegebenenfalls auf solche Baustoffe zurückgreifen zu können.
Der Versuchsdeich ist 60 m lang, 17,5 m breit und 3 m hoch und ist zweigeteilt: Ein Abschnitt (30 m) enthält einen Stützkörper aus Baustoffrecycling-Material, im zweiten Abschnitt (30 m) ist Hausmüllverbrennungsschlacke eingebaut. Durch eine wasserseitige Umspundung des Deichkörpers kann dieser eingestaut werden. Somit können naturähnliche Hochwasserereignisse simuliert werden.
Mit Hilfe dieses Versuchsdeichs wurde das Durchströmungs- und Verformungsverhalten des Deichkörpers bei verschiedenen hydraulischen Belastungsfällen beobachtet: Es wurden die vom Deichkörper ausgehende Lösungsfrachten im Sickerwasser untersucht.
Ergebnisse und Diskussion
In dem Forschungsprojekt konnte gezeigt werden, dass die untersuchten Materialien (Baustoffrecycling-Material und Hausmüllverbrennungsschlacke) als Baustoffe für Flussdeiche geeignet sind und die Anforderungen an einen im Deichbau zugelassenen Baustoff nach DIN 19712 erfüllen. Neben der bau-technischen Eignung wurden dabei besonders auch die umweltrelevanten Aspekte berücksichtigt. Die Recyclingbaustoffe zeichnen sich durch eine hohe Scherfestigkeit aus und sind hinsichtlich der Umweltverträglichkeit unbedenklich.
Aufgrund der Ergebnisse aller im Rahmen der Grunduntersuchungen durchgeführten Prüfungen erfüllen die MV-Schlacke sowie der RC-Baustoff in der hier vorliegenden Zusammensetzung die für den vorge-sehenen Anwendungsbereich gestellten Anforderungen sowohl hinsichtlich der bautechnischen Eignung als auch hinsichtlich der Umweltverträglichkeit.
Die Bewertung der Umweltverträglichkeit der eingebauten MV-Schlacke und des RC-Baustoffs auf der Basis der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung verdeutlichen, dass für das aus dem Versuchsdeich austretende Sickerwasser bezüglich der untersuchten Schwermetalle und organischen Parameter keine negativen Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Nur sehr vereinzelt treten beim Sickerwasser, das aus dem mit MV-Schlacke errichteten Deichabschnitt austritt, Überschreitungen einzelner Parameter beim ersten Einstauversuch auf. Diese werden jedoch beim 2. und 3. Einstauversuch nicht mehr beobachtet.
Deutliche Überschreitungen der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung sind jedoch bei den Parametern Sulfat, Chlorid und elektrische Leitfähigkeit zu erkennen. Die Überschreitungen beim aus dem mit MV-Schlacke errichteten Deichabschnitt stammenden Sickerwasser sind deutlich höher. Hier ist jedoch eine zeitliche Abnahme der Belastung zu beobachten: Beim 3. Einstauversuch werden bei elektrischer Leitfähigkeit und Chlorid bereits Werte in der Größenordnung der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung registriert.
Bei der vorgeschlagenen Bauweise des Versuchsdeichs, der mit einer oberflächennahen Tonabdichtung ausgestattet ist, muss berücksichtigt werden, dass Sickerwasser nur bei langanhaltenden Hochwasserereignissen - und dies auch nur zeitlich begrenzt - freigesetzt würde. Die Schonung natürlicher Ressourcen und das ökonomische Einsparpotenzial durch die Verwendung von Sekundärrohstoffen anstelle von natürlichen Mineralstoffen, könnte die eventuelle Anreicherung des Sickerwassers, insbesondere durch freisetzbare Chloride und Sulfate, wieder aufwiegen.
Die tatsächlich bei langanhaltenden Hochwasserereignissen maximal freisetzbare Menge an Chloriden und Sulfaten sollte zudem in Relation zu der Stofffracht gesehen werden, welche die jeweiligen Vorfluter beinhalten, da nach einem Hochwasserereignis der überwiegende Teil des Sickerwassers wiederum dem Vorfluter zugeführt wird.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Es ist eine öffentlichkeitswirksame Projektabschlussveranstaltung mit Präsentation der Ergebnisse auf dem Forschungsgelände der Deichmeisterei in Biebesheim am Rhein vorgesehen.
Fazit
Die durchgeführten bautechnischen, umweltrelevanten und mineralogischen Untersuchungen bestätigen die Eignung von Recyclingmaterial als Baustoff für Deiche. Die Recyclingbaustoffe zeichnen sich durch eine hohe Scherfestigkeit aus. Sie sind hinsichtlich der Umweltverträglichkeit unbedenklich.
Zusammenfassend kann aufgrund der Untersuchungen die verwendete MV-Schlacke und der RC-Baustoff für einen Einsatz als Sekundärrohstoff im Bereich des Baus und der Sanierung von Flussdeichen empfohlen werden.
Fördersumme
303.911,89 €
Förderzeitraum
27.03.2001 - 01.04.2004
Bundesland
Hessen
Schlagwörter
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik