Experimentelle und numerische Untersuchungen zur Entwicklung des BPI-Verfahrens für die Benzin-Direkteinspritzung unter Einsatz der elektrostatisch unterstützten Einspritzung
Projektdurchführung
Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden
Friedrich-List-Platz 1
01069 Dresden
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Zur Senkung des Kraftstoffverbrauches und damit der CO2-Emission beim Ottomotor stellt die Einführung der Direkteinspritzung eine wirkungsvolle Maßnahme dar. Heute wird an wand-, luft- und strahlgeführten Brennverfahren gearbeitet. Eine Möglichkeit, die noch vorhandenen technischen Probleme dieser Brennverfahren zu reduzieren, wird in der Anwendung des BPI-Verfahrens (Bowl Prechamber Ignition) gesehen (Patent: DE 19714796A1). Für die Praxistauglichkeit dieses Brennverfahrens besitzt u. a. die Applikation einer flexiblen Einspritztechnik eine große Bedeutung. Wie aus Untersuchungen zur elektrostatisch unterstützten Kraftstoffzerstäubung hervorgeht, können unter bestimmten Bedingungen Strahlkegelwinkel und Tropfengrößen eines Kraftstoffstrahles durch die elektrische Aufladung des Kraftstoffes verändert werden. Die bedarfsgerechte Zu- und Abschaltung der elektrischen Hochspannung könnte die gewünschte Flexibilität im Einspritzprozess erbringen. Das Projektziel besteht deshalb in der Entwicklung eines neuartigen Verfahrens für die Benzin-Direkteinspritzung unter Einbeziehung der elektrostatisch unterstützten Kraftstoffzerstäubung.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAusgangspunkt der Untersuchungen bildet die Definition des zu verwendenden Injektortyps. Der Anforderungskatalog an den Elektrostatik-Injektor basiert auf Untersuchungen im IFKM (Druckkammer, Motorenprüfstand). Die Spraycharakteristik wird dabei über Laserlichtschnitttechnik und durch PIV ermittelt. Im FIF wird die elektrische Hochspannung unter der Bedingung einer optimalen Kraftstoffaufladung in den Injektor appliziert. Die Auswirkungen der elektrischen Hochspannung auf den Strahlzerfall muss auch hier an einer Druckkammer mittels Laserlichtschnitt- und Schattenrissverfahren vorgenommen werden. Im Ergebnis dieser Iterationsschritte wird im FIF ein motortauglicher Elektrostatik-Injektor konstruiert und gefertigt. Dieser wird dann in die Prüfstandsuntersuchungen am IFKM, die auch das Austesten weiterer Einflussgrößen wie z. B. Kolbenmulden- und Vorkammergeometrie beinhalten, eingegliedert. Die Versuchsergebnisse basieren hier auf der Motorindizierung, der Anwendung von GEV und PIV. Zur Simulation bestimmter Phasen der Strahlausbreitung kommt u.a. die 3D-CFD zum Einsatz.
Ergebnisse und Diskussion
Ausgangspunkt für die Konzeptfindung eines Einspritzsystems, das die Anforderungen des BPI-Verfahrens erfüllt, war die elektrostatisch unterstützte Einspritzung. Durch die elektrostatische Aufladung des Kraftstoffes wird die Strahlgeometrie beeinflusst. Durch Voruntersuchungen wurde festgestellt, dass durch die Elektrostatik die Strahlgeometrie nicht in dem Maße beeinflusst werden kann, wie das für das BPI-Verfahren erforderlich ist.
Nach einer ausführlichen Recherche ergab sich, dass ein Einspritzsystem mit einer drallvariablen Düse das größte Potenzial zur Erfüllung der Anforderungen des BPI-Verfahrens bietet. Drallvariable Düsen sind aus der Verfahrenstechnik bekannt. Ihre Überführung in ein Einspritzsystem erforderte jedoch, neue Wege bei der Auslegung, Konstruktion und Fertigung zu gehen. Zusätzlich musste eine Möglichkeit vorgesehen werden, um die Drallvariabilität bei geschlossener Düsennadel und fehlendem Durchfluss aufrecht zu erhalten. Daher verfügt das Einspritzsystem mit drallvariabler Düse über einen zusätzlichen Rücklauf, der auch zwischen zwei Einspritzungen innerhalb eines Arbeitszyklusses geschlossen werden kann. Durch diese Eigenschaften des Einspritzsystems lässt sich die Strahlgeometrie von einem engen Strahlkegelwinkel mit einem Öffnungswinkel von 20° auf einen Winkel von 90° umschalten. Damit genügt dieses Einspritzsystem den Anforderungen des BPI-Verfahrens. Gleichzeitig besteht weiterhin die Möglichkeit, dem Grundsystem eine elektrostatische Aufladung hinzuzufügen und so die Tropfengrößen an den Bedarf anzupassen.
Auf Grund des anfänglich nicht verfügbaren Einspritzsystems für das BPI-Verfahren erhielt der Motor zwei Einspritzsysteme. Dabei wurde das Grundgemisch mit Hilfe einer äußeren Gemischbildung er-zeugt. Die Einspritzung der Gemischanreicherung im Kompressionshub erfolgte durch Direkteinspritzung. Durch Optimierung der Brennraumform und der Lage der Direkteinspritzung konnte die Kraftstoffmenge für die Gemischanreicherung deutlich abgesenkt und auf 2-5% der Gesamtkraftstoffmenge vermindert werden. CFD-Analysen und FRFID-Messungen bestätigen, dass die Gemischanreicherung in der Kammer der Zündkerze gelingt. Optische Untersuchungen belegen, dass aus den Bohrungen der Zündkammer kräftige Fackelstrahlen austreten und das magere Grundgemisch (l=1,6) schnell zum Durchbrennen bringen. Im Vergleich zu einem Ottomotor mit äußerer Gemischbildung ergibt sich ein er-heblicher Verbrauchsvorteil bei gleichzeitig geringerer NOx-Emission.
Nach dem das Einspritzsystem betriebsbereit war, wurde es in den BPI-Versuchsmotor eingebaut. Die Motorversuche zeigten, dass das Einspritzsystem die gestellten Anforderungen erfüllte und einen einwandfreien Betrieb ermöglichte. Durch die Realisierung einer vollständig inneren Gemischbildung (keine äußere Einspritzung mehr) sank die NOx-Emission sehr stark (-70%), was mit einem geringeren Anstieg der HC-Emission (+30%) verbunden war. Ausgehend von dem noch nicht vollständig ausgeschöpften Optimierungspotenzial der Kombination aus BPI-Verfahren und drallvariabler Einspritzung ist eine weitere Verbesserung des Konzeptes zu erwarten.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse der Projektarbeiten wurden bisher auf verschiedenen Fachveranstaltungen vorgetragen. Unter den wichtigsten sind:
- Kettner, M.; Fischer, J.; Nauwerck, A.; Spicher, U.; Velji, A.; Ein neues Brennverfahren mit Mehrfacheinspritzung für Ottomotoren mit Direkteinspritzung, 9. Tagung: Der Arbeitsprozess des Verbrennungsmotors, Graz, 2003
- Kettner, M.; Fischer, J.; Nauwerck, A.; Tribulowski, J.; Spicher, U.; Velji, A.; The BPI Flame Jet Concept to Improve the Inflammation of Lean Burn Mixtures in Spark Ignited Engines, SAE-Paper 2004-01-0035, 2004
Fazit
Das BPI-Verfahren erweist sich als vielversprechendes Konzept zur Steigerung des Wirkungsgrades moderner Verbrennungsmotoren. Das Einspritzsystem mit drallvariabler Düse bietet eine große Variabilität der Strahlgeometrie und erlaubt so eine optimale Anpassung der Gemischbildung an das BPI-Verfahren. Dadurch lassen sich die Vorteile des BPI-Verfahrens bei der Entflammung magerer Gemische mit den Vorteilen der inneren Gemischbildung verbinden. Bei sehr niedrigen NOx-Rohemissionen nimmt beim bisher nicht vollständig optimierten Gesamtsystem die HC-Emission nur wenig zu. Das Optimierungspotenzial des Gesamtsystems bietet die Möglichkeit zu deutlichen Verbesserungen.
Fördersumme
378.355,99 €
Förderzeitraum
01.08.2001 - 01.08.2003
Bundesland
Sachsen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik