Projekt 17638/01

Demonstrationsbetrieb einer photovoltaisch betriebenen Passagierfähre am Bodensee

Projektdurchführung

Bodensee-Stiftung Internationale Stiftung für Natur und Kultur
Fritz-Reichle-Ring 4
78315 Radolfzell

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Bodensee dient ca. 50.000 Schiffen als Verkehrsraum. Da er gleichzeitig die Funktion eines Trinkwasserspeichers erfüllen muss, ist die Entwicklung gewässerschonender Schiffstechnologien und deren Einsatz von besonderer Bedeutung. Insbesondere in den Sommermonaten werden immer mehr Transportleistungen von der Fahrgastschifffahrt verlangt. Personenfahrgastschiffe mit Solarantrieben stellen eine der wenigen Möglichkeiten dar, wie mit regenerativen Energien Mobilitätsleistungen erbracht werden können. Nach ersten positiven Erfahrungen mit kleinen Solarbooten wird ab dem Frühsommer 2000 auf dem Untersee eine neue Solarfähre als Personen- und Fahrradfähre eingesetzt. Ziel der Initiative ist es, eine öffentliche, fahrplanmäßige Personenfährverbindung mit einem Solarschiff zwischen dem deutschen Ufer der Höri-Halbinsel und dem Schweizer Ufer des Untersees aufzubauen. Die Bodensee-Stiftung gewährleistet mit dem Projekt den Demonstrationsbetrieb in enger Zusammenarbeit mit dem Verein Solarfähre Untersee und weiteren regionalen Partnern.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFür das Projekt wurde von der Kopf AG ein Solarschiff gechartert. Das Solarschiff Helio wurde speziell für den Personenfährbetrieb konzipiert und von der KOPF AG gebaut. Um eine maximale Unabhängigkeit des Schiffs zu erreichen, wurden die vorhandenen Dachflächen weitgehend mit Solarmodulen ausgestattet (Leistung 4,2 kWp). Das gewölbte Dach stellt eine innovative Herausforderung dar.Das Projekt gliedert sich in folgende Bereiche:
1. Einsatz der Solarfähre Helio von 20. Mai bis 30. Juni und 11. September bis 1. Oktober 2000 jeweils Montag, Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag, vom 1. Juli bis 9. September jeweils Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag (in Ergänzung zur Höri-Fähre) im Fährbetrieb Gaienhofen-Steckborn
2. Präsentation der Solarfähre bei Pressereisen, Fernsehberichten u. ä.
3. Präsentation der Solarfähre als Weltweites Projekt der EXPO 2000 (01.06. bis 31.10.2000)
4. Einsatz des Schiffes als Eventschiff für öffentliche, touristische und private Anlässe.
5. Öffentlichkeitsarbeit
6. Dokumentation


Ergebnisse und Diskussion

Die Solarfähre Helio wurde von Mai bis Anfang Oktober als Personen- und Fahrradfähre zwischen Gaienhofen und Steckborn eingesetzt. Ziel des Demonstrationsbetriebs war, die eingesetzten Techniken zu testen, Erfahrungen zur Akzeptanz der Verbindung zu sammeln und das Solarschiff probeweise als schwimmende Bildungsstätte einzusetzen.
Für die Solarfähre Helio wurden erstmals krümmungsfähige Kunststoff-Solarmodule eingesetzt. Kurz nach Saisonstart der Fähre wurden erste Schäden am Solardach festgestellt. Die auf dem Schiff erstmals eingesetzten Module wurden nach Saisonende komplett ersetzt. Bei dieser Maßnahme wurden weitere Verbesserungen am Schiff eingebaut. (Abdichtung des Dachs, Eingangstüren, Vollpersenning, Toilette, Scheuerleiste etc.). Neben der Solargeneratoranlage wurden auch Verbesserungen in der Ladeelektronik eingeführt.
Die Motorisierung des Schiffs mit 2 Elektromotoren (je max. 12 kW) hat sich im Normalbetrieb bewährt. Bei starken Winden (> 7 Bft) und Wellengang wurde der Betrieb der Fähre eingestellt. Mit dem Einsatz der Elektromotoren wurde erstmals nachgewiesen, dass eine emissionsfreie Fahrgastschifffahrt auf Bin-nenseen möglich ist.
Die Akzeptanz der Solarfähren-Verbindung konnte durch das neue Schiff gesteigert werden. So fuhren an den 90 Fährtagen im Sommer 2000 insgesamt 5427 Erwachsene, ca. 2500 Kinder (keine exakte Erhebung, da Kinder kostenlos fahren) und 2132 Fahrräder (plus ca. 500 Kinderfahrräder). Damit nutzten im Vergleich zum Vorjahr über doppelt so viele Menschen die Solarfähre.
Die Solarfähre ist eine der rund 150 Attraktionen, die mit der Bodensee-Erlebniskarte genutzt werden können. Dieses Angebot haben 169 Besitzer der Bodensee-Erlebniskarte in Anspruch genommen.
Die Solarfähre Helio eignet sich in besonderer Weise als schwimmende Bildungsstätte. Sie wurde im Demonstrationsbetrieb mehrfach als Exkursionsschiff eingesetzt (total 230 Teilnehmer). Mit der Landeszentrale für politische Bildung und der Allianz Umweltstiftung wurden Bildungsprogramme aufgebaut. Innerhalb der Projektlaufzeit fanden 14 weitere Sonderfahrten mit der Solarfähre statt. Daneben konnte die Werft KOPF AG ihr Schiff bei einigen Events (Ausfahrt der Bodensee-Wasserversorgung, Brennstoffzellentagung etc.) präsentieren.
Die Solarfähre war auch Einsatzfahrzeug für das Handlungsfeld Landwirtschaft im Projekt Zukunftsfähiger Bodensee. Der Verband der Biobauern der Ostschweiz veranstaltete auf der Solarfähre eine kulinarische Rundfahrt. Die Arbeitsgruppe Untersee-Genüsse des Vereins Tourismus Untersee führte eine Solarbootsternfahrt auf ein kulinarisches Seeerlebnis mit 7 Gastronomiebetrieben durch. Die Solarfähre diente dabei als zentrales Zubringerschiff.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Öffentlichkeit wurde über das Projekt Solarfähre offensiv informiert. Das Medienecho zur Eröffnung der Linie war überraschend groß. Während der Laufzeit des Probebetriebes haben mehrere Fernseh- und Hörfunksender über die Fähre berichtet.
Das Projekt Zukunftsfähiger Bodensee der Bodensee-Stiftung wurde mit der Solarfähre als Weltweites Projekt der Weltausstellung EXPO 2000 Hannover und im Global House vorgestellt. Aus vielen Regionen Europas, Asiens, Afrikas und aus den USA ist Interesse an der Konzeption der Solarfähre gezeigt worden.


Fazit

Die früher schon bestehende Fährverbindung zwischen Gaienhofen und Steckborn erlebte durch das Projekt Solarfähre Untersee eine Renaissance. Aufgrund der sehr guten Resonanz der neuen umweltschonenden Fährverbindung wird jetzt eine Solarfähren-Verbindung eingerichtet, die langfristig Bestand hat und einen konstanten Platz in der Tourismus-Region Bodensee-Untersee bekommen soll. Das Projekt wirkt über den eigentlichen Einsatzbereich hinaus innovationsfördernd und stellt in Europa ein Beispiel für leistungsfähige, ökologisch orientierte Mobilitätsentwicklung dar. Die technischen Innovationen, die auf dem Schiff konzentriert zum Einsatz kommen, haben sich nach anfänglichen Schwierigkeiten weitgehend bewährt. Einzelne Anpassungen wie beispielsweise die Netzeinspeisung in Liegezeiten werden derzeit geprüft.
Durch den Demonstrationsbetrieb ist es gelungen, in der Allianz Umweltstiftung einen weiteren Partner für das Projekt zu gewinnen. Diese und das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg sichern durch ihre Investitionshilfen den dauerhaften Betrieb der Solarfähre. Die beteiligten Gemeinden, Initianten und Unternehmen hatten und haben die Möglichkeit einer Profilierung im Umweltbereich erkannt und genutzt.

Übersicht

Fördersumme

76.693,78 €

Förderzeitraum

15.05.2000 - 05.12.2001

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation