Material- und Innenraummessungen am gesunden Öko-Haus
Projektdurchführung
Institut für Umwelt und Gesundheit - IUG
Petersgasse 27
36037 Fulda
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Neben der ökologischen steht die gesunde Bauweise immer mehr im Vordergrund bei der Entwicklung von Häusern. Der zunehmende Einsatz von Chemie in Baustoffen und Hauseinrichtungen gefährdet die nachhaltige Entwicklung zum umweltgerechten und gesunden Bauen und Wohnen. Ziel des Projektes ist es deshalb durch Untersuchungen in bereits bestehenden Öko-Häusern Gesundheitsrelevante Emissionen heraus zu finden und damit die Voraussetzungen für gleichzeitig umweltgerechtes und gesundes Bauen zu schaffen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm ersten Abschnitt des Projektes werden Emissionsuntersuchungen von mehr als 10 verwendeten Grund- und Ausbaumaterialien, Schlüsselprodukte aus Decken-, Wand- und Dachkonstruktion, insbesondere Dämmstoffe, in standardisierten Prüfkammern durchgeführt. Dabei werden insbesondere folgende gesundheitsrelevante Faktoren in das Prüfkonzept einbezogen: Formaldehyd, VOC/SVOC, Glykolverbindungen, K-Stoffe, Weichmacher, Holzschutzmittelwirkstoffe, MVOC, Radon, Mikroorganismen, Biozide (Screening). Als Quelle für die Auswahl der Prüfmaterialien dienen Öko-Häuser der Fa. Baufritz. Aufgrund der Ergebnisse werden Empfehlungen für geeignete Baumaterialien gegeben.
Hierzu parallel und insbesondere im zweiten Abschnitt werden Standard-Innenraumbelastungen (ca. 250 Stoffe) untersucht. Dazu werden aktiv Luftproben von flüchtigen organischen Komponenten wie VOC/SVOC, Glykole, Aldehyde, Ketone, Phthalate entnommen und diese mittels gas- bzw. flüssigchromatographischen Verfahren bestimmt. Insbesondere auch mikrobielle, und kontakt-allergene Innenraumbelastungen wie Formaldehyd und Buntmetalle werden in Luft- und Materialproben bestimmt. Dar-über hinaus wird die geruchliche Belastung (Olfaktometrie) in den Öko-Häusern bewertet.
Bis Sommer 2002 werden Kurzzeitmessungen in verschiedenen Räumen bereits vorhandener Öko-Häuser durchgeführt, die bis Mitte 2003 jeweils nach 6 Wochen, 6 Monaten und 1 Jahr (Langzeitkomponente) wiederholt werden. Die Innenraum-Untersuchungen werden zu verschiedenen Ausbaustufen der Öko-Häuser durchgeführt. Modellhaus 100+5, Erkheim/ Allgäu, Kinderschlafzimmer im Obergeschoss; Baufritz Vollwert-Standard-Haus, Beerfelden (Odenwald), in zwei Räumen: Raum 1 (Erdgeschoss) und Raum 2 (Obergeschoss) jeweils a) im ersten Ausbauzustand (ohne Wand- und Deckenbeläge), b) im schlüsselfertigen Zustand sowie c) ein Jahr nach Fertigstellung (mit Mobiliar) und Bürogebäude Arche, Erkheim/Allgäu, in einem Büroraum im Obergeschoss, ein Jahr nach Fertigstellung.
Parallel dazu wird z. B. der Sanierungserfolg bei Schimmelpilzbefall in Öko-Holzhäusern kontrolliert.
Ergebnisse und Diskussion
Bei den untersuchten Objekten handelt es sich um Baufritz-Vollwert-Fertighäuser in Holztafelbauweise mit hohem ökologischen Anspruch. In diesen Häusern kommen u.a. folgende Materialien in der Grundkonstruktion zum Einsatz: Profilschalung, Gipskartonplatte, XundE-Platte, Dampfbremse (blau), Holz-ständerwerk, Holzdeckenbalken (oberflächenbehandelt), Rillpappe diffusionsoffen (grün), Casein getränkte Holzspäne (Dämmung). Weitere Materialien kommen nach Bedarf bzw. je nach Ausbauwunsch des Kunden zum Einsatz: 18 mm Nut&Feder-Holz, 18 mm Nut&Feder-Holz (weißpigmentiert), 50 mm Außenbohle, 18 mm 3-Schichtholz, 80 mm leimgebundenes Holz. Die durchgeführten Emissionsuntersuchungen dieser Materialien in standardisierten Prüfkammern zeigen, dass der oberflächenbehandelte Deckenbalken mit einem TVOC-Wert von über 5.000 µg/m³ sowie das weißpigmentierte Nut&Feder-Holz (TVOC= 1110µg/m³) hochsignifikante Emissions- und damit Belastungsquellen darstellen. In geringerem Maße trifft das auch auf das Holz aus dem Ständerwerk (TVOC über 680 µg/m³) zu. Wesentliche Emissionen dieser Materialien sind Aldehyde und Ketone, Terpen-Kohlenwasserstoffe sowie bei den oberflächenbehandelten Materialien Glykolverbindungen, hier insbesondere Propylenglklykolmonobutylether aber auch andere VOC, wie z. B. 1-Methyl-2-pyrrolidon.
Die durchgeführten Innenraum-Untersuchungen der Öko-Häuser ergeben nach Fertigstellung mehr oder minder akzeptable Innenraumbelastungen. Wie aus den eigenen Erfahrungen und aus zahlreichen Publikationen hervorgeht, besteht das eigentliche Gesundheitsrisiko für Allergiker in der inhalativen Belastung durch Hausstaubbestandteile (z. B. Hausstaubmilbenexkremente), Tierepithelien und Mikroor-ganismen (z. B. Schimmelpilzsporen)...
Wesentlich im Sinne des Projektzieles sind die gemessenen erhöhten Innenraum-Konzentrationen an Terpenkohlenwasserstoffen (a-Pinen, b-Pinen, D-3-Caren und Limonen), wenn man die 90-Perzentil-Werte aus dem BGA-Survey zugrunde legt. Die ausgasenden Terpenkohlenwasserstoffe, können als Inhaltsstoffe des Holzharzes aus den verwendeten Holzwerkstoffen sowie aus den eingesetzten Nadelhölzern der Holzrahmenkonstruktion emittiert werden.Hervorzuheben sind neben der z. T. leicht erhöhten Konzentrationen an Formaldehyd auch die gefundenen z.T. stark erhöhten Konzentration an Acetaldehyd (Ethanal) und Aceton sowie der höheren Aldehyde wie Valeraldehyd (Pentanal) und Capronaldehyd (Hexanal). Wie bei den Terpenen liegen auch über die Wirkungen von höheren Aldehyden und Ketonen in dem relativ niedrigen Konzentrationsbereich aus (allergo)-toxischer Sicht wenige Erkenntnisse vor, so dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Beurteilung nicht vorgenommen werden kann. Da diese Stoffe, hier vor allem Hexanal, ebenso wie die Terpene, auch in geringen Konzentrationen, sehr geruchsintensiv sind, tragen sie jedoch nicht unerheblich zum olfaktorischen Gesamtbild des Innenraumes bei.
Die ermittelten TVOC-Werte (TVOC = total volatile organic compounds), die als Maß für die Belastung eines Raumes mit VOC herangezogen werden, liegen bei allen untersuchten Räumen zwischen 600 und 1850 µg/m² und sind damit als mit VOC deutlich belastet einzustufen. Dabei werden in den untersuchten Räumen bis zu 70% der VOC-Gesamtbelastung durch die Stoffgruppen der Aldehyde und Ketone sowie der Terpen-Kohlenwasserstoffe verursacht, welche auch Auslöser für allergische Erkrankungen sein können (Kontaktallergene). So enthält insbesondere das Harz von frischen Nadelhölzern z. B. große Mengen Terpen-Kohlenwasserstoffe, wie Pinene, Limonen u. a., welchen z. T. starke sensibilisierende Wirkung zugeschrieben wird und die auch Hauptbestandteil der im ökologischen Hausbau häufig verwendeten Lösemittel von Naturfarben und Terpentinölen sind. Darüber hinaus können bei der Herstellung von Materialien aus Holz und zellulosischem Material wie Laminat, Fertigparkett oder OSB-Platten produktionsbedingt aus den Restbeständen der Harze die sensibilisierenden Stoffe der höheren Aldehyde und Ketone entstehen. Eine weitere Quelle für diese z. T. stark geruchsintensiven Stoffe sind Produkte auf Basis von Leinöl, das beispielsweise als Bindemittel in Naturfarben und zur Herstellung von Linoleum im ökologischen Hausbau häufig eingesetzt wird. Insbesondere n-Hexanal, welches bei den Prüfkammeruntersuchungen im untersuchten Nut & Feder-Holz, im 3-Schichtholz sowie im leimgebunden Holz gefunden wird, stellt hier eine Leitkomponente dar, wenn Geruchsbelästigungen mit Aldehyden und Ketonen in Verbindung gebracht werden. Die Gesamtbelastung der untersuchten Räume (TVOC) ist in den Ausbauzuständen a) und b) insbesondere vor dem Hintergrund des frischen Einbauzustandes der Materialien zu bewerten und sinkt aber deutlich bis ein Jahr nach Fertigstellung (Langzeituntersuchungen). Lediglich die Aldehyde und Ketone sind insbesondere im 100+5-Haus leicht erhöht, was zum einen auf die zusätzliche Möblierung mit Holzmöbel als auch auf die geringfügig erhöhten Temperaturen zum Messzeitpunkt im Juli 2003 zurückgeführt werden kann. Bei der Bewertung der Emissionen sollte daher immer von worst case-Bedingungen ausgegangen werden.
Fazit
Aufgrund der erhaltenen Ergebnisse der Innenraumluftuntersuchungen sowie der parallel durchgeführten Prüfkammeruntersuchungen von 13 Materialien der Grundkonstruktion der Öko-Hauser (Baufritz-Fertighäuser) kann festgestellt werden, dass vor allem die verwendeten oberflächenbehandelten Holzwerkstoffe sowie die für die Holzrahmenkontruktion verwendeten Nadelhölzer zu den Hauptemittenten der gesundheitsrelevanten Innenraumbelastungen zählen und dem Gesunden Öko-Haus-Konzept im Wege stehen. Für die o.g. Materialien sind prinzipiell emissionsärmere Alternativen auszuwählen oder auf Oberflächenbehandlung zu verzichten bzw. hochwertige Materialien (lange Lagerung) zu verwenden. Zur Reduktion der o.a. Emissionen sind anstatt der verwendeten Hölzer emissionsärmere, d. h. weniger harzreiche Holzarten zu einzusetzen. Darüber hinaus ist durch die Verwendung und den Einbau eines Wollvlieses (Kairatinfaser), wie dies bei der Sanierung von diversen Schulen und Kindergärten in Nordrhein-Westfalen erfolgreich durchgeführt wurde (AGÖF 2001), die Innenraumbelastungen mit Formaldehyd sowie den höheren Aldehyden (und Ketonen) zu reduzieren bzw. zu minimieren. Die Langzeituntersuchungen im vom Kooperationspartner Baufritz erstellten Prototypen 100 + 5 zeigen aber, dass trotz Wollvliesausstattung durch die zusätzliche Möblierung die Innenraumbelastungen mit Aldehyden (und Ketonen) nicht abnimmt. Ein weiterer Schritt zur Minimierung von Innenraumbelastungen kann auch die Verwendung von Katalysatoren, wie Triple Fresh der Fa. Zschimmer&Schwarz (Burgstädt) sein.
Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse ergibt sich als zwingende Konsequenz ein weiterführendes Projekt zur Ermittlung der Emissionen aus Holz und Holzwerkstoffen, das in Bezug auf die nachhaltige Verwendung und Behandlung des ökologischen wertvollen Materials Holz hier zu einer Klärung führen muss.
Fördersumme
100.213,21 €
Bundesland
Hessen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik