Projekt 17554/01

Produktionsintegrierter Umweltschutz bei der Herstellung des Schutz- und Konservierungsmittels Jod-Propinylbutylcarbamat (IPBC) unter Verwendung von recycelten Feinchemikalien aus Wertstoffkreisläufen

Projektdurchführung

Milker & Grüning GmbH
Industriepark 23
56593 Horhausen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Schutz- und Konservierungsmittel müssen chemischen Produkten, insbesondere pharmazeutischen oder kosmetischen Präparaten, hinzugegeben werden, die über einen längeren Zeitraum in Gebrauch sind, wie z.B. Cremes, Salben u. ä. Wegen ihrer bakteriziden und fungiziden Wirkung haben sich jodorganische Konservierungsmittel und hier vor anderen das Produkt Jod-Propinylbutylcarbamat (IPBC) als be-sonders wirksam erwiesen, so dass dieses Produkt in der chemischen, pharmazeutischen und kosmeti-schen Industrie eine immer größere Bedeutung erhält.
Die Herstellung des IPBC nach dem Stand der Technik weist unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten Nachteile auf: Die Ausgangsstoffe sind gesundheitsgefährdend und teuer, bei der Synthese fallen große Abwassermengen mit AOX-Belastungen und hoher Salzfracht an.
Vor diesem Hintergrund war die Zielsetzung des durchgeführten Entwicklungsprojekts, einen neuen umweltfreundlichen Syntheseweg für IPBC zu entwickeln, bei dem die herkömmliche zweistufige Synthese durch eine vorteilhafte Ein-Topf-Reaktion ersetzt wird, die Gefährdungen und Emissionen aus Umfüllvorgängen vermeidet. Außerdem war die Verwendung von recyceltem Jod aus verfügbaren Abfallströmen sowie die Vermeidung bzw. die Reduzierung der auftretenden Abwasserbelastungen Projektziel.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer neue umweltverbesserte Syntheseweg sollte zunächst von weniger umwelt- und gesundheitsgefährdenden Ausgangsstoffen ausgehen. Hierbei sollte das n-Butylisocyanat in einer vorgelagerten Umsetzungsreaktion aus weniger gefährlichen Ausgangsstoffen intermediär gebildet werden. Das in dem 1. Teilschritt gebildete Zwischenprodukt (PBC) sollte nicht mehr isoliert werden müssen, sondern im gleichen Reaktor (Ein-Topf-Reaktion) durch eine Jodierung zum Endprodukt IPBC weiterreagieren. Dabei sollte die Oxidation elektrochemisch unterstützt werden, um die Zugabe von stark abwasserbelastenden chemischen Oxidationsmitteln zu substituieren bzw. zu reduzieren.
Der neue umweltfreundliche Syntheseweg war zunächst in Laborversuchen zu entwickeln. Dazu waren geeignete Ausgangsstoffe (Edukte) mit geringerem Gefährdungspotential zu ermitteln, um damit für die Synthese geeignete Reaktionsbedingungen zu entwickeln. Ein Schwerpunkt war hier die Entwicklung angepasster Katalysatorsysteme.
Aufbauend auf den Laborversuchen sollte der neu entwickelte Syntheseweg in Technikumsversuchen im Hinblick auf Reaktionsgeschwindigkeiten, Ausbeuten und Produktreinheit verifiziert werden. In einer ökologischen, technologischen und ökonomischen Bewertung sollte die Zielerfüllung des produktionsintegrierten Umweltschutzes durch den neuen Syntheseweg verdeutlicht werden.


Ergebnisse und Diskussion

Der erste Entwicklungsschwerpunkt war die Substitution des Einsatzstoffes n-Butylisocyanats durch eine vorgelagerte Bildungsreaktion. Hierzu wurden verschiedene Wege untersucht. Die in der ursprünglichen Planung vorgesehene Reaktion aus n-Butylamin und Triphosgen führte nicht zum Erfolg. Die Umsetzung erfolgte so heftig, dass trotz vielfältiger Gegenmaßnahmen und Variation der Reaktionsparameter die Umsetzung verfahrenstechnisch nicht zu steuern war.
Die Untersuchungen wurden deshalb auch auf andere geeignete Ausgangsstoffe ausgeweitet. Nach vielfältigen Versuchen konnte hier mit den Edukten Butyljodid und Kaliumcyanat ein System gefunden werden, mit dem in Gegenwart eines geeigneten Katalysatorsystems eine gesteuerte Umsetzung zum Butylisocyanat durchgeführt werden kann. Idealerweise entsteht dabei Kaliumjodid, das in dem nachgeschalte-ten Jodierungsschritt weiter genutzt werden kann.
Ein zweiter Entwicklungsschwerpunkt war die Untersuchung elektrochemischer Umsetzungen, zum einen bei der Jodierung von PBC zum Endprodukt, zum anderen bei der Regenerierung einer Kaliumjodidlösung zu Jod, das dann unmittelbar zur Jodierung von PBC weiter reagiert. Durch die elektrochemische Reaktion sollte die Zugabe von Chlorbleichlauge als chemisches Oxidationsmittel reduziert bzw. substituiert werden. Die Untersuchungen ergaben, dass auf die Zugabe von Chlorbleichlauge nicht vollständig verzichtet werden kann, wenn hinreichende Umsetzungsgeschwindigkeiten erreicht werden sollen, jedoch gegenüber dem Stand der Technik die Einsatzmenge deutlich reduziert werden kann.
Aufbauend auf diesen Ergebnissen konnte die gewünschte Ein-Topf-Reaktion realisiert werden. Diese wurde unter Laborbedingungen erfolgreich durchgeführt. Durch die elektrochemische Regenerierung des Kaliumjodid zu Jod eröffnet sich gleichzeitig die Möglichkeit, bei der Jodierung mit recyceltem Jod zu arbeiten, wodurch nicht nur Umweltvorteile, sondern auch ökonomische Vorteile zu erwarten sind.
In einem abschließenden Scale-Up wurden ergänzende Technikumsversuche durchgeführt, die nicht nur die technische Machbarkeit des neuen Syntheseweges bestätigten, sondern auch eine Verbesserung bei der Produktreinheit und Ausbeute nachwiesen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Bisher ist eine grundlegende Erarbeitung des Verfahrenswegs erfolgt, der sich jetzt eine praktische Realisierung in einer pilothaften Erstanwendung anschließen soll. Eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation von Ergebnissen ist erst im Rahmen dieser Projektfortsetzung geplant.


Fazit

Die wesentlichen Entwicklungsziele des Vorhabens konnten mit Erfolg umgesetzt werden. Es ist gelungen, einen Syntheseweg zu erschließen, der von weniger umwelt- und gesundheitsgefährdenden Stoffen als das klassische Herstellverfahren ausgeht. Das Butylisocyanat, dessen Handhabung nach dem Stand der Technik ein besonderes Gefährdungspotential darstellt, wird durch eine vorgelagerte Umsetzungsreaktion ersetzt und im Reaktor selbst nur noch intermediär gebildet. Es ist gelungen, die nach dem Stand der Technik zweistufige Synthese zu einer wirklichen Ein-Topf-Reaktion umzugestalten. Damit entfallen jegliche Umfüllvorgänge. Gleichzeitig kann recyceltes Jod verwendet und die Zugabe von abwasserbelastenden chemischen Oxidationsmitteln durch elektrochemische Umsetzungen teilweise substituiert werden.
Das durchgeführte Entwicklungsprojekt war als Grundlagenforschung und -entwicklung konzipiert. Die Schwerpunkte lagen in labortechnischen Untersuchungen, um die physikalisch-chemischen Grundlagen einer mehrstufigen Umsetzungsreaktion so zu verifizieren, dass die Ziele eines produktionsintegrierten Umweltschutzes erreicht werden. Nach dem erfolgreichen Abschluss von Technikumsversuchen steht nun die produktionstechnische Umsetzung an.
Diese Umsetzung soll entsprechend der ursprünglichen Projektplanung bei einem Tochterunternehmen, der Fa. ChemCycle GmbH in Bitterfeld erfolgen, an deren Standort günstigere Voraussetzungen für die Installation der zugehörigen Produktionseinrichtungen besteht.
Wegen der unveränderten Zielsetzung, ein beispielhaftes Projekt des produktionsintegrierten Umweltschutzes in einem technisch relevanten Produkt der Feinchemie zu realisieren, soll zu diesen Arbeiten nach Möglichkeit wieder eine Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Anspruch genommen werden.
Nach dieser erfolgreichen Entwicklung bleibt nun die Aufgabe, die umweltfreundliche Synthese in den produktionstechnischen Maßstab umzusetzen und damit den produktionsintegrierten Umweltschutz bei der Herstellung von IPBC erfolgreich zu Ende zu führen.

Übersicht

Fördersumme

89.476,08 €

Förderzeitraum

14.12.2000 - 14.12.2001

Bundesland

Rheinland-Pfalz

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik