Projekt 17228/01

Mehraufwendungen für die modellhafte umwelt- und ressourcenschonende Sanierung des Wohn- und Arbeitsgebäudes Wönnichstrasse 103 in Berlin-Lichtenberg

Projektdurchführung

LWE Windkraft GmbH & Co. Wonnig KG
Wönnichstr. 103
10317 Berlin

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Preiswerten, umwelt- und menschengerechten Lebenswohnraums zu schaffen, ist eine wichtige Aufgabe zeitgemäßer ökologischer Stadtentwicklung. Das Projekt Wönnichstraße 103 in Berlin-Lichtenberg sollte zeigen: mit integralen Konzepten lässt sich eine Reduzierung der Umweltbelastung um einen Faktor 4+ bei Sanierungsvorhaben im städtischen mehrgeschossigen Mietswohnungsbau erreichen und sozial wie wirtschaftlich umsetzen.
Den Verbrauch von Wasser, nichtregenerativen Energien und Material um mindestens 75 % zu senken, vier Mal weniger Abwasser und Müll zu produzieren, eine gesunde Wohnumgebung mit Entfaltungsmöglichkeiten zu geringen Kosten zu schaffen, waren wesentliche Ziele. Betriebssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Übertragbarkeit für weitere ressourcensparende Sanierungen sollten in jedem Fall gewährleistet sein.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenNach einer Analyse üblicher Verbrauchsdaten, der gängigen Versorgungssysteme und der zugehörigen Kosten im städtischen Mietswohnungsbau erfolgten Betrachtungen zu Einsparpotenzialen in den wesentlichen Bereichen Wasser, Abwasser, Wärme und elektrische Energie, Material und Müll. Der Abwägung von Investitionsaufwand, zu erwartender Ressourceneinsparung, Auswirkungen auf die Betriebskosten und möglicher Komforteinbußen für die Nutzer folgten Entscheidungen für die Maßnahmen, die mit dem geringsten Kostenaufwand ohne Einschränkungen für die Nutzer den größten Einspareffekt für Umwelt und laufende Kosten versprachen. Anschließend wurden nach der gleichen Methode Schritte zu Wiederverwendung oder Ersatz von Ressourcen erwogen und umgesetzt. Mehrere Pilotanlagen wie Betriebswasseraufbereitung und Wiederverwendung zum Duschen oder regenerativen Energienutzung mit Windkraft auf dem Dach erforderten intensive Recherchen, Untersuchungen an der TU Eindhoven und zahlreiche Fachgespräche mit Experten in der Konzeption, in der Planungsphase und teilweise weiter im Betrieb.
Nach Abschluss der Bauphase wurden die Betriebsergebnisse, Ressourcen- und Betriebskosteneinsparungen, Kosten und Wasserqualitäten regelmäßig untersucht und analysiert.


Ergebnisse und Diskussion

Wasser und Abwasser
Über 75% Einsparung bei Trink- und Abwasser ist im Stadt-Mietshaus möglich. Der Trinkwasserverbrauch liegt bei 21 l/P täglich, 84% unter dem Berliner Durchschnittsverbrauch von 127 l. Der Wasserverbrauch inklusive des gereinigten Grauwassers liegt bei 44,5 l/P. u. Tag, erreicht durch eine Betriebswasseranlage mit Vertikal-, Fließbeet- und Membranfilter sowie Spararmaturen, Kompost- und 1-Liter-Spartoiletten.
Das auch für die Duschen verwendete Betriebswasser liegt hygienisch in der Trinkwasser-Norm. E.coli, Coliforme Bakterien und Enterokokken als wichtigste Parameter liegen bei 0 pro 300 ml. Das Wasser ist farb- und geruchlos und gut haltbar (BOD kleiner als drei mg pro Liter).
Energie
Der realisierte Primärenergiebedarf liegt mehr als 20 % unter dem zur Bauzeit noch nicht geltenden EnEV-Wert für Sanierungsobjekte. Im Vergleich mit dem Bestandsobjekt wird 75 % Kohlendioxid eingespart, CO2-Reduzierungen aus der Photovoltaik- und der Windkraft-Anlage noch nicht eingerechnet. Der tatsächliche Verbrauch im Gebäude liegt nochmals 20 % unter den nach EnEV berechneten Werten. Mit 520 kWh (inkl. ökotechnische Anlagen) wird weniger als die Hälfte der üblichen Strommenge von 1.000-1.200 kWh/P im Jahr verbraucht. 60 % davon stammen aus Photovoltaik und Windkraft vom Dach.
Flächenreichtum, Freiflächengebrauch und Kreisläufe
Faktor 4+ bzgl. Flächenverbrauch ist durch Neunutzung und Aufwertung vorhandener Flächen gegeben. Das Nutzungskonzept mit Gemeinschaftsflächen und Garten ermöglicht über die Wohnung hinaus Reichtum an nutzbarer Fläche für die Mieter. Die Wohnfläche liegt im Mittel dennoch unter dem Bundesdurchschnitt.
Zwischen einem Mietshaus und dem zugehörigen Grundstück kann mitten in der Stadt ein intensiver Austausch mit Nährstoff- und Wasserkreisläufen stattfinden. Die ökotechnischen Anlagen zur Wasseraufbreitung und Energieerzeugung auf dem Grundstück benötigen wenig, zum Teil mehrfach nutzbare Fläche. 75 % Müllreduzierung ist mit eigener Kompostierung ohne Investitionen zu erreichen.
Innenraumgestaltung
Die ökologische und gesunde Innenraumgestaltung ist gelungen. Schadstofffreie und diffusionsfähige, mit natürlichen Farben behandelte Raumoberflächen werden als sehr angenehm empfunden. Positiv auffällig ist das ausgeglichene, staubarme Klima in Räumen mit Lehmputz. Die Bewohner mit traditioneller Innengestaltung der Wohnung würden nachträglich eine andere Wahl treffen.
Kosten und Wirtschaftlichkeit
Eine Faktor-4+-Sanierung ist, betrachtet man die Warmmiete, fast kostenneutral im Vergleich zu einer üblichen Sanierung. Das heißt: In der wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung ist ökologisches Sanieren nicht teurer. Für Investoren und Nutzer ändert sich finanziell fast nichts - die Umwelt dagegen gewinnt deutlich.
Allerdings: nur wenn das Problem der Verteilung von Lasten aus Investitionskosten und Einspar-Vorteilen zwischen Eigentümer und Mieter gelöst ist, steht finanziell einer Faktor-4+-Sanierung nichts im Weg.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Etwa 10 Führungen jährlich und diverse Veröffentlichungen machen das Projekt Laien wie Fachleuten ebenso bekannt wie Präsentationen auf Veranstaltungen zur Lokalen Agenda 21 und URBAN II.
Die auf den Berliner Energietagen verliehene Auszeichnung KlimaSchutzPartner des Jahres 2003 zog Publikationen in Mieter- und Wirtschaftsmagazinen und Fachpresse nach sich.
In Arbeit sind der Ausbau der Internet-Seite www.lwe-windkraft.de und eine Buchveröffentlichung zu Ressourcen sparender und sozialer Altbausanierung in der Stadt am Beispiel des Modellprojektes.


Fazit

Ökologie, Ökonomie und sozialer Anspruch sind bei Sanierungen gut zu vereinen. 75 % Umweltentlastung im Mietwohnungsbau bei niedrigen Mieten und Betriebskosten sind demnach realisierbar und wirtschaftlich. Eine festgelegte Wirtschaftlichkeit statt Gewinnmaximierung zu Grunde gelegt, kann eine Faktor 4+-Sanierung auf andere städtische Häuser übertragen werden. Sie kann ohne Fördermittel, In-vestitionszulagen oder Sonderabschreibungen bei Warmmieten von maximal 8 €/m² realisiert werden. Bei gleicher Rendite lägen diese im selben Gebäude nach Standard-Sanierung bei 7,80 €/m². Faktor 4+ ist nach Ansicht des Bewilligungsempfängers für 20 Cent mehr zu haben.

Übersicht

Fördersumme

36.269,00 €

Förderzeitraum

22.02.2001 - 22.09.2004

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik