Herstellung eines neuartigen, gesundheitsförderlichen Kohlenhydratkonzentrats aus Abfallstoffen der Weizenstärkegewinnung durch integrierten Einsatz biotechnologischer Verfahren
Projektdurchführung
Technische Universität Berlin
Institut für Lebensmitteltechnologie II -
Getreidetechnologie - Fachbereich 13
Seestr. 13
13353 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Fortschritte in der Prozesstechnik der Weizenstärke- und -klebergewinnung sind dadurch gekenn-zeichnet, dass eine verringerte Prozesswassermenge mit einer erhöhten Konzentration an gelösten Stof-fen aus dem Weizenmehl anfällt, so dass dieses nicht mehr als Abwasser entsorgt werden muss. Es kann nun direkt oder nach Eindampfen als Futtermittel verwendet werden. Damit ist zwar eine andere Verwertungsform gegeben, das Umweltproblem ist aber weiter vorhanden, wenn auch in verlagerter Form. Da durch neue Forschungsergebnisse bekannt war, dass Teile der löslichen Stoffe aus dem Weizenmehl, im Wesentlichen die löslichen und unverdaulichen Kohlenhydrate, besondere ernährungsphysiologische Eigenschaften besitzen, die bisher noch nicht genutzt werden, war es die Aufgabe des Vorhabens, ein biotechnologisches Verfahren zu entwickeln, mit dem diese Stoffe gewonnen und für die menschliche Ernährung nutzbar gemacht werden können. Die weiteren im Prozesswasser befindlichen löslichen Stoffe sollten zur Produktion von Futterhefe und zur Gewinnung einer Lipid-/Proteinfraktion ge-nutzt. Damit sollte das bestehende Umweltproblem am Ort seiner Entstehung weitgehend beseitigt wer-den.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Entwicklung des biotechnologischen Verfahrens zur Gewinnung des löslichen Kohlenhydratkonzentrats teilte sich in zwei große Abschnitte ein. Im ersten Abschnitt wurde an der TU Berlin ein Pilotanlage aufgebaut und betrieben, mit der 10 kg Prozesswasser/h aufgearbeitet werden können. Der Zeitrahmen hierfür betrug 9-12 Monate. In der zweiten Phase wurden die gewonnenen Erkenntnisse für den Aufbau und Betrieb einer industriellen Pilotanlage bei der Firma Jäckering verwendet. Dafür wurden weitere 9-12 Monate eingeplant. Diese Anlage wurde abweichend von der ursprünglichen Planung so ausgelegt, dass sie anstatt 1.000 kg bis zu 7.000 kg Prozesswasser/h in Teilschritten verarbeiten konnte. Parallel dazu werden am Deutschen Institut für Ernährung Studien zur ernährungsphysiologischen Wirksamkeit des löslichen Kohlenhydratkonzentrats in Abhängigkeit von der Verfahrensführung durchgeführt.
Außerdem wurden an der TU Berlin versucht, aus der Lipid-/ Proteinfraktion Backmittel zu entwickeln.
Ergebnisse und Diskussion
Die Durchführung des Verfahrens im Technikummaßstab führte zu der Erkenntnis, dass unter den herstellbaren Produkten das LKK tatsächlich den bei weitem wertvollsten Stoff darstellt, dessen wirtschaftliche Herstellung unter Berücksichtigung der anfänglichen Überlegungen zur Verfahrensentwicklung aber nur über eine Wertschöpfung im Bereich der anderen vermarktbaren Endprodukte geschaffen werden kann. Diesbezüglich wurde auf der Grundlage der Ergebnisse zur Aufbereitung des Lipidanteils der Proteinfraktion zu einem Backmittel festgestellt, dass die Proteinfraktion für die erstrebte Wertschöpfung nicht geeignet ist. Somit fällt ein für die Erreichung der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens wesentliches Element heraus. Es ergaben sich deshalb insbesondere an dieser Stelle der Durchführung des Vorhabens Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung des Verfahrens, insbesondere im Hinblick auf die mit ihm durch Fermentation herstellbaren Produkte. Nachdem im Technikummaßstab die prinzipielle Durch-führbarkeit des Verfahrens bewiesen war und auch schon eine erste Abschätzung der möglichen Pro-duktausbeuten aus dem ungeklärten Prozesswasser gemacht werden konnte, ging es darum, das Verfahren in den Pilotmaßstab zu übertragen, um die im Technikummaßstab ermittelten Ergebnisse zu konkretisieren. Darauf aufbauend wurde eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Verfahren durchgeführt. Diesbezüglich wirkte sich erschwerend aus, dass die im Verfahren anfallende Proteinfraktion als Futtermittel zu betrachten ist. Deshalb wurde das Verfahren auch dahingehend untersucht, eine alternative Nutzung des Fermentationssubstrats zu ermöglichen. Eine Alternative zur Nutzung des Fermentationssubstrats zur Futterhefeherstellung wurde in der Backhefeherstellung gesehen. Aus der Hochrechnung der Ergebnisse der verschiedenen Versuche zur Prozesswasseraufarbeitung und der daraus berechneten Abschätzung alternativer Aufarbeitungen ergaben sich die Massebilanzen (Feucht- und Trockensub-stanz) für die mit dem Verfahren und seinen alternativen Durchführungen herstellbaren Produkte. Unter den Alternativen zur Verfahrensdurchführung sind die mit Backhefeherstellung von besonderem Interesse, weil die in einer Backhefefabrik im großtechnischen Maßstab mit dem entschlammten und verzuckerten Prozesswasser durchgeführten Verhefungen positive Ergebnisse gezeigt haben. Es bietet sich des-halb an, die Fermentation des nach der Verzuckerung und Entschlammung ultrafiltrierten Prozesswas-sers sowohl zur Futter- als auch zur Backhefeherstellung zu verwenden. Diese Vorgehensweise scheint auch deshalb zweckmäßig zu sein, weil auf diese Weise der Anfall an Futterhefe stark vermindert wer-den könnte und mit der Backhefe ein deutlich höherwertiges Produkt entstünde, als es die Futterhefe ist. Die Gesamtkosten für die Aufarbeitung wurden auf 48,34 /1.000 kg Prozesswasser errechnet. Die Differenz aus den Gesamtkosten und den fiktiven Erlösen resultierte in 36,10 /1.000 kg Prozesswasser, denen 12,2 kg LKK mit 10 % Wassergehalt als Endprodukte aus 1.000 kg Prozesswasser gegenüber stehen. Daraus folgt, dass die Herstellungskosten für ein Kilogramm LKK 2,96 /kg betragen werden. Dabei zeigt die Differenzierung der Kosten, dass ziemlich genau 50 % der Kosten allein auf die Herstel-lung des LKK aus dem ersten Retentat entfallen. Die anderen 50 % oder 18 /1.000 kg Prozesswasser sind aber bereits 50 % größer als der fiktive Erlösanteil. Daraus ergibt sich, dass mit den Verfahrensschritten bis zur Herstellung des LKK keine Kostendeckung über die fiktiven Erlöse möglich ist. Es kommt hinzu, dass der fiktive Erlös über die Glucose zur Backhefeherstellung nur materialisiert werden kann, wenn sich zwischen der Stärkefabrik und dem potenziellen Kooperationspartner, der Hefefabrik, eine Zusammenarbeit verwirklichen lässt. Darin besteht allerdings ein erstrebenswertes Ziel, weil damit gleichzeitig ein Beitrag zur Umweltentlastung geleistet werden könnte. Mit dem im prozesstechnischen Maßstab hergestellten LKK, wurden Brötchen für die vorgesehenen Humanversuche gebacken. Die damit bisher durchgeführten Humanversuche haben gezeigt, dass durch die Verabreichung von 6 Gramm LKK, das in Brötchen eingebacken war, bei gesunden Probanden der postprandiale Blutglucose- und Insulinanstieg signifikant vermindert wurde. Da das LKK einen positiven Einfluss auf den Kohlenhydratstoffwechsel ausübt, ist es durchaus realistisch, dass es gewinnbringend vermarktet werden kann. Das setzt allerdings einschlägige Werbemaßnahmen voraus, um Märkte zu erschließen. Die Produktionskapazität der Stärkefabrik für das LKK beläuft sich derzeit auf 1.500t LKK/a. Die Produktion dieser LKK-Menge erfordert Investitionen in Höhe von etwa 3,5 Mio. . Die dafür erforderliche unternehmerische Entscheidung kann erst getroffen werden, wenn mehr Sicherheit in die Vermarktbarkeit des LKK vorhanden sein wird, als das gegenwärtig der Fall ist.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse wurden überwiegend durch Vorträge auf nationalen Tagungen publik gemacht. Es wurde aber bereits auch in einer Fernsehsendung des ORF über unser Projekt mit im Institut aufgenommenen Details zur LKK-Herstellung berichtet. Augenblicklich planen wir, die Ergebnisse in wissenschaftlichen Zeitschriften zu publizieren.
Fazit
Das Projekt konnte seiner Zielsetzung entsprechend, die in der Herstellung eines löslichen, den Kohlenhydratstoffwechsel beeinflussenden, nichtstärkeartigen Ballaststoffkonzentrats aus dem Prozesswasser einer Weizenstärkefabrik bestand, erfolgreich abgeschlossen werden. Im Laufe der Projektdurchführung zeigte sich, dass die ursprünglichen Ideen zur Wertschöpfung im Bereich der Nebenprodukte sich nicht realisieren lassen. Eine gewinnbringende Vermarktung des LKK ist trotz der hohen Herstellungskosten aufgrund des ernährungsphysiologischen Werts des Produkts als gegeben anzunehmen. Eine Herstellung und Vermarktung des LKK liegt in Anbetracht der schnellen Zunahme des metabolischen Syndroms, auf das es sich als Rezepturkomponente in Lebensmitteln stabilisierend und zurückdrängend auswirken kann, im gesundheitspolitischen Interesse. Eine unternehmerische Entscheidung zur Produk-tion kann in Anbetracht der hohen Investitionskosten für die Produktion des LKK jedoch erst getroffen werden, wenn mehr Sicherheit für die Vermarktbarkeit des LKK vorhanden sein wird, als das derzeit der Fall ist.
Fördersumme
371.295,05 €
Förderzeitraum
25.05.2000 - 31.08.2003
Bundesland
Berlin
Schlagwörter
Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik