Modellhafte Entwicklung von Schutzkonzepten (einschließlich beispielhafter Restaurierung) für umweltgeschädigte Kulturgüter aus Granit (Schleswig-Holstein)
Projektdurchführung
Landeskirchenamt KielEvangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland
24103 Kiel
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Entgegen der Vorstellung, dass geschichtliche Zeitzeugen aus Granit und Gneis unveränderlich und beständig sind, zeigt sich immer stärker, dass Granit und Gneis keine Materialien für die Ewigkeit sind! Mehr und mehr verkürzt sich ihre Lebensdauer durch eine Reihe von Schadensfaktoren. Baumaterialien, Bauzier, Skulpturen und anderes Kulturgut aus Granit und Gneis werden durch Umweltbelastungen stark beeinträchtigt. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus Restauratoren, Naturwissenschaftlern, In-genieuren und Architekten hat Maßstäbe für die Erhaltung des achthundert Jahre alten Kulturgutes gesetzt. Erstmalig werden in Schleswig-Holstein für die Erhaltung romanischer Portale und Bildquader aus Granit und Gneis Schadensbilder aufgenommen, Schadenspotenziale erfasst und Konservierungsmethoden erprobt. Eine Datenbank mit Messdaten aus den Messeinrichtungen am Schleswiger Dom und in Munkbrarup ( pH-Wert, Leitfähigkeit, Sulfat, Nitrat, Chlorid, Natrium, Kalium, Magnesium, Calcium und Ammonium werden in den Niederschlagsproben bestimmt) wird eingerichtet und benutzerfreundlich gestaltet. Die Ergebnisse werden über das ZMK in einer Internetpräsentation der Öffentlichkeit vorgestellt.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Granitbildquader am Schleswiger Dom sind verschmutzt und vergrünt. Das Süderportal der St. Laurentius Kirche in Munkbrarup (Ende 12. Jh.) weist nahezu die gesamte Schadenspalette auf: Schalenbildung, Schuppenbildung, Oberflächenrauhigkeit, Rückwitterung, Lösungserscheinungen und aufgelockertes Gefüge. Hinzu kommen Verschmutzungen und wiederum Schäden aus biogenem Bewuchs und durch Salzkontamination. Jeder einzelne dieser Schäden wird auf den steinmetzmäßig bearbeiteten und skulptierten Granitquadern durch eindringendes Wasser potenziert. Das Süderportal der St. Marien Kirche in Norderbrarup ist seit den 50 er Jahren durch einen Vorbau überdacht und eingehaust. Granitimitationen aus Sandstein und Säulennachbauten aus Gips, der Einsatz von Zementsockeln etc. stehen neben den romanischen Originalen, Tympanon und Basen, im Vordergrund. Hier galt es bei der Restaurierung einen Einklang zwischen der Erhaltung von Originalen aus der Romanik und der Entfernung bzw. einem Ersetzen und/oder Belassen der Umbauten bzw. der Ergänzungen aus den 50 er Jahre zu finden. - Mörtelentwicklung und -anwendung für Granit und Gneis im Austausch mit zementhaltigen und/oder Zementmörteln; - Anwendung von Konservierungsmitteln für die Granitfestigung; - Anwendung von Kon-servierungsmitteln für die Schalenhinterfüllung; - Entwicklung und Beurteilung von Reinigungsmethoden zur Entfernung der biogenen Beläge und der Schmutzauflagerungen sowie deren Anwendung; Erprobung von Bioziden und Mikrowachsen als Prophylaxe vor erneuter biogener Besiedlung.
Ergebnisse und Diskussion
Im Rahmen von Fach- und Diplomarbeiten im Institut für Restaurierung der FH Hildesheim/Holzminden/ Göttingen, der Mitarbeit des ITAP der Universität Oldenburg und durch die Vergabe von Auftragsforschung an freie Labors wurden Reinigungsmethoden, Steinergänzungsstoffe, mineralischgebundene Mörtel und Biozi-Prophylaxe-Stoffe für den Einsatz in die Praxis entwickelt.
Die romanischen Granitbildquader am Schleswiger Dom wurden gereinigt, die Schalen hinterfüllt. Erneuer biogener Befall stellte sich nach 4-6 Monaten ein. Zum Schutz hiervor wurden/werden auf Testflächen am Schleswiger Dom Biozide und Mikrowachse über einen längeren Zeitraum getestet.
Die romanischen Portale der Kirchen in Munkbrarup und in Norderbrarup wurden gereingt, restauriert und konserviert. Hierfür wurden mineralischgebundene Steinergänzungsstoffe entwickelt und getestet. Testflächen und Probekörper stehen an der St. Laurentiuskirche in Munkbrarup längerfristig zur Be- und Auswertung zur Verfügung. Zum Vergleich wurde konventioneller Fugenmörtel von Baltus Muschelkalk eingesetzt. Schalenhinterfüllungen, Antragsmassen, Festigungsmittel für schuppige Granitoberflächen wurden an Testkörpern erprobt. Zum Einsatz in die Praxis kamen:
· Antragsmassen, die sich bei längerer Bewitterung am Objekt, trotz positivem Ergebnis (UV-Bestrahlung im Vorversuch) im Labor, entfärbten.
· Reversible Schalenhinterfüllungen und Injektionsstoffe.Durch die Zurückhaltung des Landesamtes für Denkmalpflege Schleswig-Holstein wurde der Steinfestiger nicht weiter erprobt.
Parallel zu den Entwicklungen für die Restaurierung und Konservierung wurden Messreihen zur Chemie des Regens und zur Trockenpartikel-Analyse mit den Messeinrichtungen an den Standorten Schleswi-ger Dom (Westwand eines Pfeilers an der Südseite), Westseite des heutigen GMSH-Gebäudes und am Westwerk der Laurentiuskirche in Munkbrarup der Universität Hamburg, Institut für Anorganische und Angewandte Chemie, erhoben. Die Auswertung ergab keinen nennenswerten Salzeintrag. Die Messun-gen werden fortgeführt. Eine Bewertung der Trockenpartikel-Deposition ist noch nicht abgeschlossen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
15.03.2001 und 07.03.2002- Gervais, A. und Meyer, K.-D.: Fachvortrag im Institut für Restaurierung der FH Hildesheim/Holzminden/ Göttingen zum Projektthema, speziell Einführung in die Geschiebekunde Norddeutschlands
14.-19.05.2001, 16.-22.07.2001 und 22.-27.07.2002 Projektwochen Granit in Schleswig-Holstein mit Studierenden des Instituts für Restaurierung der FH Hildesheim/Holzminden/ Göttingen
PR-Termin am 18. 07.2001 in Munkbrarup: Pressartikel in regionalen Zeitungen und Rundfunkberichte
20.05.2004 und Herbst 2001 - Gervais, A.: Vorträge vor der Kirchengemeinde St. Laurentius in Munkbrarup
Becker, P. (2004): Schutz und Sanierung von Kulturgütern aus Granit: Forscher kümmern sich um die Löwen in der Grube; Naturstein: 2: 26-27; 3 Abb.; Ulm.
Abschlussveranstaltung am 29.04.2004 in Schleswig in der Bischofskanzlei
Ausstellung und Fachsymposium geplant für Mai 2005
Fazit
Die Projektgruppe stand zahlreichen Fragestellungen erstmalig gegenüber. Auf einige der Fragen konnten Antworten gefunden werden, andere blieben offen. Im Umgang mit Kulturgütern aus Granit und Gneis haben die Praktiker Rezepte entwickelt und geprüft. Viele Ideen wurden kombiniert und führten zu Rezepturen, die Anwendung fanden. Der Anfang ist gemacht - die weitere Entwicklung wird Schritt für Schritt zeigen, ob der eingeschlagene Weg zum hoch gesteckten Ziel führt, Kulturgüter aus Granit und Gneis vor weiteren Verlusten durch die Verwitterungsprozesse zu bewahren bzw. diese zu verlangsa-men. Angestoßen durch das DBU-Förderprojekt hat sich das Interesse bei den Zuständigen entwickelt, längerfristige Lösungskonzepte auf der Basis erprobter Rezepturen zu akzeptieren und den zeitintensi-ven Weg hierhin mit zugehen und zu unterstützen.
Fördersumme
92.032,54 €
Förderzeitraum
23.03.2000 - 31.03.2004
Bundesland
Schleswig-Holstein
Schlagwörter