Entwicklung eines Modells zur Unterstützung der Beratung bei der Optimierung der N-Düngung zu Weizen und Gerste in verschiedenen Produktionssystemen
Projektdurchführung
Christian-Albrechts-Universität zu KielInstitut für Pflanzenbau und -züchtungLehrstuhl Allgemeiner Pflanzenbau
Hermann-Rodewald-Str. 6
24118 Kiel
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft stellen sowohl im Trinkwasser- als auch im Gewässerschutz nach wie vor ein Problem dar. Das Ziel des Projektes besteht in einer effizienteren Gestaltung der mine-ralischen N-Düngung und des Gülleeinsatzes unter verschiedenen System- und Rahmenbedingungen, um die daraus resultierenden ökologischen Gefährdungspotentiale so gering wie möglich zu halten. Bei der Lösung des Problems greifen wir auf prozessorientierte Modelle zurück, die die Wechselwirkungen zwischen Management, Standort- und Witterungsfaktoren und dem Zustandekommen charakteristischer Ertragskomponenten kausal beschreiben.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Forschungsvorhaben soll Aufschluss darüber geben, ob und inwieweit sich die weltweit verbreiteten Pflanzensimulationsmodelle DSSAT, CROPSYST und APSIM für die Düngungsberatung im deutschen Klimaraum eignen und welche eventuellen Anpassungen vorgenommen werden müssen. Die Überprüfung der Modelle erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Entwicklern.
In der ersten Projektphase werden die Modelle zunächst anhand von niedrig aggregierten Datensätzen eines Großforschungsprojektes getestet, das unter Schleswig-Holsteinischen Standortbedingungen am Versuchsgut der Universität Kiel über einen zehnjährigen Zeitraum durchgeführt wurde. Hierdurch soll die Prognosegüte der Modelle an einem konkreten Beispiel quantifiziert und gegebenenfalls Strategien zur Modelloptimierung vorgenommen werden.
In der zweiten Phase werden eventuelle Modellverbesserungen vorgenommen. Die anschließend vorzunehmende Verifizierung bildet die Entscheidungsgrundlage für die Wahl eines Modells für den praktischen Beratungseinsatz. Hierbei wird die Möglichkeit der Neukombination von Modellkomponenten explizit eingeschlossen.
Die dritte Phase ist durch die praktische Umsetzung der Forschungsergebnisse geprägt. In ihrem Verlauf werden Schnittstellen und Datenstandards zur Verknüpfung des Düngemodells mit einem dann zur Verfügung stehenden, überregionalen Beratungs-System (z. B. InfoService Integrierte Pflanzenproduktion ISIP) entworfen. Falls ein solches nicht existiert, werden wir eine Stand-Alone-Plattform für den direkten Beratungseinsatz zur Verfügung stellen. Die abschließende Phase endet mit der Veröffentlichung der gewonnenen Erkenntnis.
Ergebnisse und Diskussion
Umfangreiche Tests ergaben, dass sich das CERES-Wheat und das CERES-Barley Modell in der Form wie sie innerhalb der DSSAT-3.0-Shell vorliegen am Standort Hohenschulen nicht zur Optimierung der Weizen- und Gersteanbausysteme eignen. Wir begründen dies wie folgt:
1. Zwischen den gemessenen und simulierten Ertragskomponenten konnte kein systematischer Zusammenhang festgestellt werden. Die Streuungen wurden durch systematische Jahreseffekte her-vorgerufen. Das Management übte einen geringfügigen Einfluss auf die Fehlschätzungen aus.
2. Die bodenspezifischen Standortbedingungen spielten eine untergeordnete Rolle bei der Verursachung der Modellfehlschätzungen
3. Das Schätzergebnis wurde durch die Niederschlagshöhe beeinflusst.
4. Simulationen der Ressourcenmobilisierung, der Entwicklung und des Wachstums waren sowohl zeitlich als auch quantitativ nicht immer synchronisiert.
5. Wasser- und Strahlungsausnutzungseffizienz zeigten mangelnde Reaktionen auf wechselnde Umweltbedingungen
Eine genauere Analyse der Gründe für die mangelnde Abbildungsgüte der CERES-Modelle war aufgrund des Fehlens detaillierterer Messdaten zur Bestandesentwicklung nicht durchführbar. Anpassungen von Modellparametern sind innerhalb der DSSAT-Shell nur für wenige, die Entwicklungsprozesse steuernde Parameter, sogenannte genetische Koeffizienten möglich. Eine jahreswitterungsabhängige Anpassung dieser Koeffizienten konnte zwar die Abbildungsgüte des Modells verbessern, hierdurch wird jedoch der mechanistische Ansatz des Modells gänzlich in Frage gestellt. Diese Parameter sollten sich eigentlich nur für unterschiedliche Genotypen unterscheiden. Weitergehende Eingriffsmöglichkeiten in die Formulierung einzelner, evtl. fehlerhaft formulierter Prozesse sind innerhalb von DSSAT nicht möglich. Begonnene Tests der Modellsysteme CROPSYST und APSIM konnten durch einen Bearbeiterwechsel nicht mehr abgeschlossen werden.
Parallel zur Evaluierung des CERES-Modelles anhand vorhandener experimenteller Daten wurden Arbeiten durchgeführt, die es prinzipiell ermöglichen, die CERES-Modelle in der DSSAT-Implentation über spezielle Schnittstellen aus Internetplattformen wie z. B. der ISIP heraus zu steuern. Diese Arbeiten wur-den weitgehend abgeschlossen, blieben jedoch letztlich ohne praktische Relevanz, da die erreichte Abbildungs- und Prognosegüte von CERES-Wheat unbefriedigend blieb.
Innerhalb der letzten 4 Monate des Projektes wurde nach Übergabe der Projektleitung eine tiefergreifende Analyse und Neuimplementierung des CERES-Wheat-Modelles begonnen. Erstes greifbares Resultat dieser Arbeiten ist ein Modellmodul, dass EC-Stadien von Weizen mit hinreichender Güte prognostiziert. Hierzu waren Ergänzungen der CERES-Algorithmen, d.h. eine Umrechnung der nicht EC-kompatiblen Entwicklungsstadien in EC-Stadien sowie eine Parameteranpassung notwendig. Dieses Modul wird jetzt unterstützend innerhalb der Halbruchprognose durch das Modell SIMCERC eingesetzt (Zentralstelle der Bundesländer für computergestützte Entscheidungshilfen im Pflanzenschutz und Pflanzenbau, ZEPP).
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Ergebnisse und Daten des Projektes sind in folgende wissenschaftliche Publikationen eingeflossen:
Langensiepen M., Hanus H., Schoop P. and Gräsle W. (2003) Modelling wheat growth and yield in North Germany using CERES-Wheat: Calibration and Validation under Optimum Conditions (submitted to Agricultural and Forest Meteorology)
Langensiepen M., Hanus H., Schoop P. and Gräsle W. (2003) Modelling wheat growth and yield in North Germany using CERES-Wheat: Validation under contrasting nitrogen management conditions (submitted to Agricultural and Forest Meteorology)
Gabrielle B., Roche R., Angas P., Cantero-Martinez C., Cosentino L., Mantineo M., Langensiepen M., Henault C., Laville P., Nicoullaud B. and Gosse G. (2002) A priori parameterisation of the CERES soil-crop models and tests against several European data sets. Agronomie 22: 119 - 132
Eine praktische Nutzung der Projektergebnisse ist durch die Nutzung des Modellmodules zur Prognose der Entwicklungsstadien von Weizen innerhalb des SIMCERC Modells der ZEPP gegeben.
Fazit
Die gesetzten Ziele des Projektes konnten nur teilweise erreicht werden. Die Erfahrungen innerhalb des Projektes zeigen deutlich, dass eine unveränderte Übernahme der häufig als universell einsetzbar bezeichneten, komplexen Agrarökosystemmodelle nur bedingt möglich ist. Die vorhandenen Implementierungen dieser Modelle machen es generell sehr schwierig bis unmöglich problem- und standortorientiert Anpassungen an den Modellen vorzunehmen. Ihre Nutzung für Beratungszwecke erscheint daher zur Zeit wenig erfolgversprechend.
Die Ergebnisse zur Modellierung der Entwicklungsstadien von Weizen zeigen allerdings, dass bei systematischer Herangehensweise deutliche Verbesserungen der Modelle und deren Abbildungsgüte erreichbar sind und somit ihr Einsatz für Beratungszwecke auch für den Bereich der Stickstoffdüngung prinzipiell möglich erscheint.
Fördersumme
214.274,76 €
Förderzeitraum
01.01.2000 - 31.12.2002
Bundesland
Schleswig-Holstein
Schlagwörter
Landnutzung
Umweltkommunikation