Modellhafte Konzeptentwicklung und -umsetzung zur Bewahrung eines großen innerstädtischen Natur- und Kulturraumes am Beispiel des Berliner Südwestfriedhofes Stahnsdorf
Projektdurchführung
Kirchenkreis Berlin - StadtmitteStiftung Historische Kirchhöfe und Friedhöfe in Berlin-Brandenburg
Neue Grünstr. 19
10179 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Der Südwest-Kirchhof Stahnsdorf ist als Natur-, Bau- und Gartendenkmal im Kulturraum Berlin-Potsdam von überregionaler Bedeutung. Die Anlage ist im Zustand fortschreitenden Verfalls. Notwendige Eingriffe und Maßnahmen berühren zahlreiche, teilweise konträre Interessen. Für den langfristigen strukturellen Erhalt und die Wiederherstellung der Lesbarkeit des Kulturdenkmals ist mit den Mitteln der DBU ein komplexes Maßnahmepaket zu erstellen. Auf Grundlage einer Evaluation werden für verschiedene Szenarien Bewirtschaftungsvarianten entwickelt. Parallel hierzu wird ergänzend eine Infrastruktur aufgebaut und erprobt, die eine kontinuierliche Fortsetzung der initiierten Maßnahmen durch Träger und Förderverein ermöglicht. Der zu entwickelnde Katalog an Maßnahmen und Instrumenten gestattet eine baukastenartige Auswahl und Anpassung zur Übertragung auf ähnliche Sachverhalte und Friedhöfe mit ähnlichen Problemen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Gesamtprojekt gliedert sich in zahlreiche, miteinander verzahnte Teilprojekte. Das DBU Projekt bildet das strukturelle und informationstechnische Rückgrat des Gesamtprojekts. Ausgehend von der Ermittlung sämtlicher Einzelpotentiale und deren Wechselwirkungen, werden für die verschiedenen Szenarien (Ausbau/Einstellung Friedhofsbetrieb, teilweise Flächenumwidmung usw.) und deren Randbedingungen (Friedhofsentwicklungsplan, unterschiedliche polit. Rahmenbedingungen) Bewirtschaftungskon-zepte und Maßnahmekataloge erstellt. Parallel dazu abgestimmt laufen in anderen Projektelementen bau- und gartendenkmalpflegerische sowie naturschützende Arbeiten an. Ein übergeordnetes Kommunikationsinstrument soll sowohl Öffentlichkeitsarbeit, Planung und Abstimmung als auch langfristig und geordnet Sicherung, Fortsetzung und Umsetzung von Interesse in Aktivität ermöglichen. Ebenso ist dieses Instrument Bestandteil der Übertragbarkeit, da hiermit fortlaufende Dokumentation und Auswertung nachvollziehbar und operationalisierbar werden.
Ergebnisse und Diskussion
Die Bearbeitung des DBU-Projekts Gesamtkonzept Südwestkirchhof Stahnsdorf hat deutlich gemacht, dass eine Fortschreibung des Status quo nicht dem Erhalt der Anlage dient, gleichzeitig wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist und sich daher verbietet. Ebenso deutlich hat sich gezeigt, dass für ein langfristig tragfähiges Modell strukturell und inhaltlich weitreichende Beschlüsse herbeizuführen sind.
Die Bedeutung des Südwestkirchhofs als Kultur-, Bau- und Naturdenkmal ist unbestritten. Im Zuge der umfangreichen Untersuchungen wurde der Standort als der vermutlich struktur- und artenreichste Friedhof sowohl im Berliner Raum als auch im bundesweiten Vergleich nachgewiesen. Daraus abgeleitet ergibt sich als ein Oberziel der langfristige Erhalt und die nachhaltige Entwicklung des Südwestkirchhofes als eben dieser struktur- und artenreiche Lebensraum für sehr viele seltene oder gefährdete Tier- und Pflanzenarten.
Bereits innerhalb des GESAMTKONZEPTES Stahnsdorf wurden auch bei den bereits laufenden Baumaßnahmen Lösungen gefunden, mit denen gemeinsame Ansätze im Spannungsfeld Naturschutz / Denkmalschutz umgesetzt werden konnten. Gerade hinsichtlich der landläufig als konfliktträchtig eingeschätzten Interessenssphären sind Leitbilder und Zielstellungen in Zukunft unbedingt bereits in der Planungsphase gemeinsam abzustimmen und zu entwickeln. Damit ist die Integration naturschutzfachlicher Kompetenz in den Denkmalschutz (und vice versa), zur besseren Nutzung der naturschutzfachlichen Spielräume innerhalb denkmalfachlicher Vorgaben und zur Harmonisierung, bzw. Konfliktmanagement bei unterschiedlichen Zielvorstellungen gegeben.
Wie nachgewiesen wurde, sind die bisherigen Strukturen auf Dauer nicht ausreichend leistungsfähig. Eine Umstrukturierung bezogen auf den SWK Stahnsdorf ist zwingend notwendig und sollte auf Basis der im Projekt gewonnene Erkenntnisse angegangen werden. Im Bezug auf die entwickelten Grobszenarien wird empfohlen, auf eine Konzentration des als Bestattungsfläche gewidmeten Friedhofsbereiches hinzuarbeiten. Eine Extrapolation des gegenwärtigen Status quo führt erkennbar nicht zur Lösung der Gesamtproblematik. Ebenso wenig können dies die als theoretische Zuspitzung formulierten Modelle des - tatsächlich nicht erreichbaren - Vollbetriebs oder die Schließung des Standortes als Kirchhof, wel-che weiterhin Kosten verursacht, denen dann nicht einmal Einnahmen aus dem Friedhofsbetrieb gegenüberstehen.
Die innerhalb des Konzentrationsmodells entwickelten Binnenszenarien bieten aus der Sicht des Natur- und Denkmalschutzes sowie der betrieblichen Erfordernisse tendenziell die wenigsten Konfliktpunkte. Es wird anhand der geschilderten Problemlage und der entwickelten Szenarien empfohlen, neue Formen der Betriebsorganisation entsprechend den rechtlichen und organisatorischen Anforderungen zu entwickeln. Auf dieser Grundlage ist dann über ein Konzept zur zukünftigen Flächennutzung zu entscheiden, also über Grün- und Wirtschaftsflächen, Naturnutzung und Brachen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Arbeitsergebnisse und die sich daraus ergebenden weiteren Fragestellungen wurden anlässlich eines Symposiums am 10.10.2003 vorgestellt und diskutiert. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse dem Arbeitskreis zur weiteren Entwicklung der Innenstadtfriedhöfe (initiiert vom Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte, um Konzepte für den weiteren Erhalt der innerstädtischen Anlagen zu erstellen) als mögliche, übertragbare Lösungsmodelle am 5.4.2003 präsentiert. Es wurden verschiedene, kleinere Diskussionsrunden mit unterschiedlichen Fachleuten aus den jeweiligen Themenfeldern veranstaltet. Es ist für den Herbst 2004 ein Abschlussworkshop geplant. Die einzelnen Projektergebnisse sollen in den jeweiligen Fachpublikationen sukzessive veröffentlicht werden. Eine Ausstellung zum Projekt beim Museum für Sepulkralkultur in Kassel ist in Planung. Es laufen derzeit Gespräche mit der Assiciation Of Significant Cementaries In Europe an, um die Möglichkeiten von Referaten vor (auch ausländischem) Fachpublikum auszuloten.
Fazit
Die im Rahmen des DBU-Projekts aufgebaute Informations- und Entscheidungsstruktur ist fortzuentwickeln und weiter auszubauen. Als erster kurzfristiger Schritt ist die Veröffentlichung des DBU-Projektberichtes, und somit auch der gutachterlichen Untersuchungen, auf der Website des Kirchhofes als Informationsplattform für die interessierte Öffentlichkeit zu betrachten. Ein weiterer, unmittelbar folgender Schritt ist die Werbung und Einbindung von Fachleuten in regelmäßige Veranstaltungen und Führungen zum Themenkreis Natur-/Arten- und Denkmalschutz (auch fachübergreifende Veranstaltungen). Ankündigung auf der Homepage des Kirchhofes, der Stiftung und der Kirche, Veranstaltungshinweise in regionaler Presse (läuft bereits). Direkt anschließend ist die Erweiterung vorhandener Publikationen des Kirchhofes durch Broschüren und Faltblätter zum Thema Pflanzen, Tiere, Lebensräume.
Die Aufgabe des Bindegliedes zwischen Landeskirche als Friedhofsträger und Förderverein sollte in Zukunft durch ein mit festen Kompetenzen ausgestattetes Gremium wahrgenommen werden. Denkbar ist es, im regelmäßigen Turnus, evtl. als Fortsetzung der langjährigen Planungsrunden, ein solches Gremium tagen und entscheiden zu lassen. Zur Moderation und weiteren Bearbeitung der Themen ist hier die mittelfristige Schaffung einer entsprechend ausgerichteten Sekretariatsstelle, die gleichzeitig den ständige Anlaufpunkt für die Öffentlichkeitsarbeit darstellt, unerlässlich.
Auf jeden Fall sind alle Entscheidungsträger aufgerufen, sich den komplexen, umfangreichen und weitreichenden Aufgaben zügig zu stellen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, das mit entsprechender Initiative erfolgversprechende Wege eingeschlagen werden können.
Fördersumme
255.451,14 €
Förderzeitraum
28.09.2001 - 28.09.2004
Bundesland
Brandenburg
Schlagwörter