Projekt 15917/01

Nachhaltig umweltgerechte Forstwirtschaft: Waldbauliche Beurteilung für großflächige Waldverjüngungen nach Windwurf

Projektdurchführung

Georg-August-Universität GöttingenInstitut für WaldbauAbt. 1: Waldbau der gemäßigten Zonen und Waldökologie
Büsgenweg 1
37077 Göttingen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Großflächige Windwurfflächen entstehen in Deutschland meist in einförmigen, künstlichen Fichtenreinbeständen. Sie führen zu Freiflächen, die in ihren ökologischen Verhältnissen Großkahlschlägen gleichen. Ihre Wiederaufforstung stellt eine wichtige Aufgabe einer an Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit orientierten Forstwirtschaft dar. Die Arbeit soll eine Bilanz der Aufforstungstätigkeit im Untersuchungsgebiet mit der Entwicklung eines örtlichen Referenzmodells kombinieren. Dabei sollen Mindestansprüche an buchendominierte Kulturen entwickelt, erfolgsbestimmende Faktoren festgestellt und Interaktionen diskutiert werden. Indices zur Wertung des bisherigen Kulturerfolgs mit einer Prognose der weiteren Entwicklung der Kultur sollen der Praxis als Entscheidungshilfe zur Verfügung gestellt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Untersuchungsgebiet war bei den Windwürfen 1990 Schadensschwerpunkt in Hessen. Durch die Aufforstungen in den Jahren 1991-1993 entstanden in allen Besitzarten weitgehend gleichartige Kulturflächen mit laubholzbestimmten Betriebszieltypen. Im Zentrum der Untersuchung steht die einmalige Aufnahme von 85 Waldverjüngungsflächen in den Jahren 1999 und 2000. Es wurde ein Aufnahmeverfahren entwickelt, mit dem die kulturprägenden Parameter Pflanzenhöhe, Dichte und Qualität auf Probekreisen von 20 m2 erhoben werden können. Mit diesem Verfahren wurden 85 Aufnahmeflächen im Untersuchungsgebiet aufgenommen. Der Gesamterfolg soll anhand zu entwickelnder Parameter der Pflanzendichte, deren horizontaler Verteilung und der Qualität bewertet werden. Durch den Einsatz statistischer Methoden wird versucht, kausale Erklärungen für unterschiedliche Kulturerfolge zu finden. Die Schaffung von Erkenntnissen für die Begründung, Nachbesserung und weitere Behandlung von Laubholzbeständen auf Windwurfflächen in Abhängigkeit von örtlichen Eingangsgrößen soll in 5 Schritten erfolgen: 1. Bilanzierung der Aufforstungstätigkeit im Untersuchungsgebiet, 2. Definition von Mindestansprüchen an buchendominierte Kulturen, 3. Festlegung von erfolgbestimmenden Faktoren für Buchenkulturen und Diskussion von Interaktionen, 4. Erarbeitung von Indices zur Schätzung des Kulturerfolgs unter Einbeziehung der künftigen Entwicklung, 5. Übertragung der wissenschaftlich genutzten Indices der Arbeit auf einfache, praxistaugliche Weiser.


Ergebnisse und Diskussion

Die durchschnittliche Gesamtdichte aus gepflanzten Buchen (2.206 Stück*ha-1), Mischbaumarten (538 Stück*ha-1), Naturverjüngung der Wirtschaftsbaumarten (860 Stück*ha-1) und Vorwaldarten (1.279 Stück*ha-1) betrug zum Zeitpunkt der Aufnahme 4.785 Stück*ha-1. Wird die begründete Untergrenze einer Laubholzkultur mit dem Ziel der Erzeugung hochwertigen Buchenstammholzes bei einer Gesamtdichte von 5.000 Buchenpflanzen*ha-1 oder einer Gesamtdichte von 6.000 Pflanzen*ha-1 und einem Anteil von mindestens 2.000 Buchen in diesem Alter gezogen, so können nur ein Drittel der aufgenommenen Kulturen als in ihrer Perspektive befriedigend bewertet werden. Der Verbiss des Rehwildes trägt zur Mortalität der Buchenpflanzen bei und führt zur Entmischung des Dichtekollektivs der Buchen in ein unterdrücktes mit unsicherer Entwicklung, das zum Dichtschluss eventuell nicht mehr beitragen kann und ein dem Verbiss entwachsenes Kollektiv. Die maßgebliche Dichte muss entsprechend der örtlichen Verbisssituation um dieses unsichere Kollektiv reduziert werden. Die Begleitvegetation ist artenarm und wird entsprechend dem Freiflächencharakter der Aufnahmeflächen mit einem durchschnittlichen Deckungsgrad von 90 % von sieben wichtigen Arten dominiert. Alles überragend ist das Vorkommen von Calamagrostis epigejos, dass nur auf 9 % der Flächen fehlt und auf 61 der 85 Flächen als dominante Art die höchsten Flächenanteile aufweist. Dieses Grasart ist für einen hohen Wasserverbruch bekannt. Temperatur und Niederschläge des Pflanzjahres und insbesondere der Vegetationszeit weichen von den langjährigen Mitteln des Untersuchungsgebietes ab. Für die Pflanzperiode Anfang der neunziger Jahre können daher insgesamt schwierige klimatische Verhältnisse für den Anwuchs dieser Baumart vermutet werden. Zentraler Index zur Überprüfung des Erfolgs der Buchenkulturen ist der in dieser Arbeit entwickelte relative Erfolgsquotient, der aus dem Verhältnis zwischen vorgefundener Dichte und einer Solldichte errechnet wird. Der Sollzustand orientiert sich an einer Buchenkultur praxisüblicher Ausfälle und berücksichtigt Nachbesserungen verschiedener Alter und Mengen. Als Referenz diente ein Normkulturmodell, das aus neun unabhängig von der Arbeit begründeten Buchenkulturen entwickelt und mit Angaben aus Literatur-quellen abgeglichen wurde. Die multivariate Analyse der abhängigen Dichtevariablen relativer Erfolgs-quotient und der Wachstumsvariablen mittlere Höhe lieferte folgende unabhängigen Erklärungsvariablen in der Reihenfolge sinkender Bedeutung: mittlerer Deckungsgrad Kraut- und Strauchschicht, Bu-chenverbiss Leittrieb, Durchschnittliche Temperatur der Beobachtungszeit, Geländewasserhaushalt, gewichtete Höhe Kraut- und Strauchschicht. Der signifikante Erklärungsgrad (p=0.05 Irrtumsniveau) war beim relativen Erfolgsquotienten sehr gering (R2=0.22, für die Kombination aus mittlerer Deckungsgrad Kraut- und Strauchschicht und Durchschnittstemperatur der 12-wöchigen Beobachtungszeit), bei der Erklärung der mittleren Höhe der Buchen straffer (R2=0.64, für die Kombination aus mittlerer Deckungsgrad der Kraut- und Strauchschicht und Buchenverbiss des Leittriebs). Für die Umsetzung in praxis-taugliche Systeme wird das entwickelte Aufnahmeverfahren und als Indices die Errechnung der aktuel-len Dichte als Maß der derzeitigen Situation sowie der relative Erfolgsquotient zur Beurteilung der An-gemessenheit des Aufwands und der künftigen Entwicklung der Kultur errechnet. Auf Grundlage dieses Gutachtens, das weitere Parameter wie Vorwald, Naturverjüngung oder Konkurrenzvegetation einschlie-ßen kann, wird eine Entscheidung für die weitere Behandlung der Kultur auf eine nachvollziehbare Grundlage gestellt. Dazu sind Filter der betrieblichen Umstände nötig, die Vorstellungen des Waldeigentümers (z.B. Baumartenverteilung, Ansprüche an die Dichte) oder die örtliche Situation (z. B. Förderungsrichtlinien, Vorwald, Konkurrenzvegetation) in den Entscheidungsprozess einbringen. Nachdem die Parameter relativer Erfolgsquotient und aktuelle Buchendichte diese Filter durchlaufen haben, wird aus dem Gutachten eine Handlungsempfehlung, die unter dem Eindruck der Fläche zur Entscheidung wird.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Ott, B., Winter, J. 2000: Hier kam die Maus... AFZ/Der Wald 10
Ott, B. 2001: Die Bilanzierung von Buchenkulturen auf der Freifläche nach Windwurf AFZ/Der Wald 23
Ott, B. 2001: Wiederaufforstung nach Windwurf - Strategien zur Erfolgsbewertung von Buchenkulturen Tagungsbericht der Sektion Waldbau, Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern Schwerin (Hrsg.)
Kulturlehrgang für alle Waldbesitzarten 2000 Aus- und Fortbildungsprogramm der Hessischen Landes-forstverwaltungVortrag bei der Jahrestagung der Phytomedizinischen Gesellschaft e.V. am 7.11.2000
Vortrag bei der Tagung der Sektion Waldbau im Verband forstlicher Forschungsanstalten 12.9-14.9.2001


Fazit

Der Erfolg der Kultur wird durch einen erweiterten Verjüngungsökologischen Faktorenkomplex als komplexe Kopplung aus Wasser- und Nährstoffkonkurrenz ergänzt durch mittelbare Einflüsse wie die Zusammenhänge zwischen Begleitvegetation und Lebensbedingungen für Mäuse oder die Vorgeschichte der Fläche (Aufarbeitung, Flächenvorbereitung, Pflanzenqualität etc.) beeinflusst. Buchenkulturen auf der Freifläche haben nach den üblichen Verfahren nur geringe Erfolgsaussichten. Ohne eine gründliche Aufnahme des Ist-Zustands der Fläche und die Errechnung von Weisern ist keine sichere Entscheidung über die weitere Behandlung von bestehenden Kulturen möglich.

Übersicht

Fördersumme

54.153,48 €

Förderzeitraum

01.07.1999 - 30.09.2002

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz