Untersuchung der Möglichkeiten der Anwendung und Effektivität verschiedener akustischer Scheucheinrichtungen zum Schutz der Fischfauna vor Turbinenschäden
Projektdurchführung
Bauhaus-Universität WeimarInstitut für WasserwesenHydrolabor Schleusingen
Themarer Str. 16 c
98553 Schleusingen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Forschungen und realisierte Maßnahmen für die Durchgängigkeit von Fließgewässern befassten sich bisher fast ausschließlich mit der stromaufwärts gerichteten Wanderung im Fließgewässer. Dagegen sind effektive Anlagen für einen sicheren Fischabstieg bislang nicht in Anwendung. Mechanische und elektrische Scheuchanlagen erwiesen sich als nicht wirksam. Ziel des Projektes ist die Untersuchung von Anwendungsmöglichkeiten und Effektivitätskriterien akustischer Fischscheuchanlagen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAuf Grund der unterschiedlichen Lösungsansätze für die Scheuchung von Fischen durch akustische Reize werden drei Projektteile gebildet:
Teil 1 - Hochfrequenztechnik,
Teil 2 - Niederfrequenztechnik,
Teil 3 - Kombination von Druck- und Schallwellen (Knallgas- Scheuchanlage).
Im Teilprojekt 1 werden für die in Deutschland vorkommenden zwei Fischarten der Gattung Alosa ausgehend von der historischen und der zu erwartenden Artenverbreitung die in den betreffenden Gewässerabschnitten vorkommenden Querbauwerke ermittelt. In der Auswertung bezüglich vorhandener Wasserkraftnutzung kann das Anwendungspotential der Hochfrequenztechnik aufgezeigt werden.
Das Teilprojekt 2 beginnt mit Voruntersuchungen zum Verhalten verschiedener Fischarten bei Einwirkung niederfrequenter Töne. Ziel dieser Voruntersuchungen unter Laborbedingungen ist die Analyse des Frequenzbereichs, der Impulsdauer und der Impulsabstände für einen bestmöglichen Scheucheffekt. Die Untersuchungen werden an einem Praxisbeispiel (Wasserkraftanlage Jägersdorf/Saale) fortgesetzt und die Effektivität überprüft. Die Erfassung der Scheuchwirkung soll durch Reusenfänge erfolgen. Korrelationen zum Abwanderungsverhalten der Fische sollen mit der Messung von abiotischen Parametern (Wassertemperatur, pH- Wert, Leitfähigkeit, Sauerstoffgehalt) gestützt werden.
Teilprojekt 3 beinhaltet zunächst die Überprüfung der Wirkungsweise einer in Baden-Württemberg installierten Knallgas-Scheuchanlage. In Abhängigkeit von der dann geprüften Effizienz solcher Anlagen kann eine eigenständige Untersuchung an der Wasserkraftanlage Jägersdorf/Saale folgen. Die Effektivität von Niederfrequenztechnik (Teilprojekt 2) und Knallgas-Scheuchanlage wird somit direkt vergleichbar.
Ergebnisse und Diskussion
In der Studie des Teilprojektes 1 wurde das historische Verbreitungsgebiet der beiden Heringsfischarten Maifisch und Finte in Deutschland erfasst. Die wichtigsten Laichgebiete befanden sich in den Schifffahrtsstraßen, wo derzeit 135 Querbauwerke mit 109 Wasserkraftanlagen existieren. Die in den USA patentierte Hochfrequenztechnik FishStartle® könnte an diesen Standorten eingesetzt werden, um diese Fischarten beim Abstieg von den Turbineneinlaufbereichen fernzuhalten. Zuvor muss die Wirksamkeit dieser Technik an den beiden einheimischen Arten untersucht werden.
Eigene Untersuchungen erfolgten im Teilprojekt 2 zur Erforschung der Effizienz niederfrequenter Scheuchreize an 7 repräsentativen einheimischen Fischarten aus 5 Familien unter Laborbedingungen. Der Frequenzbereich zwischen 100 und 600 Hz bei maximal möglichem Schalldruckpegel von 160 dB war am wirksamsten, wobei die Arten unterschiedlich stark reagierten. Die geringsten Verhaltensänderungen zeigten die Karpfenfische (Cypriniden). Die Aale zeigten ein temperaturabhängiges Verhalten. Bei niedrigen Temperaturen war das Reaktionsvermögen herabgesetzt. Bei der Bachforelle zeigten vorwiegend die kleinen Individuen deutliche Schreckreaktionen. Nach den Laboruntersuchungen kam die niederfrequente elektroakustische Scheuchanlage (NES) an der Wasserkraftanlage Jägersdorf an der Saale zum Einsatz. Nur an drei der 19 gefangenen Fischarten wurde tendenziell eine Wirksamkeit der NES festgestellt. Diese konnte an den betroffenen Arten Bachforelle, Äsche und Schleie nicht statistisch abgesichert werden, da der gesamte Fischabstieg im Verlauf der Untersuchungen stark zurückging. Wichtige Abhängigkeiten der Fischabwanderung von abiotischen Faktoren wurden aufgezeigt. Der Fischabstieg erfolgte vorwiegend nachts, verstärkt in dunklen Phasen der Nächte (ohne Mondschein, bzw. bei starker Bewölkung). Auch geringe Sichttiefen begünstigten die Abwanderung. Vorwiegend die kleinen Tiere unter 10 cm Gesamtlänge zogen flussabwärts. Diese werden durch die in Thüringen vor Turbinen vorgeschriebenen Rechen mit 20 mm Stababstand nicht geschützt. Gründlinge und Bachforellen fanden im Vergleich zu den anderen Arten überdurchschnittlich häufig die Fischwanderhilfe für den Abstieg. Ausschließlich große Forellen über 15 cm wurden in der entsprechenden Reuse gefangen. Es konnte nicht geklärt werden, ob dafür eine spezielle Orientierungsleistung erbracht wurde.
Die im Teilprojekt 3 vorgesehenen vergleichenden Untersuchungen mit einer Knallgasscheuchanlage konnten nicht durchgeführt werden, da diese Technik entgegen entsprechender Vereinbarungen mit dem Anlagenentwickler und -betreiber aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung gestellt werden konnte.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
· Projektpräsentation auf der Hannover-Messe - Industrie 2001 vom 23.04.-28.04.2001 am Gemeinschaftsstand Forschungsland Thüringen.
· Beitrag zur internationalen Tagung Bioacoustics of Fishes: Sensory, Biology, Behavior, and Practical Applications; Chicago, IL - May 30-June 2, 2001 und anschließende Veröffentlichung im Journal BI-OACOUSTICS: SCHMALZ, W.; SIEGESMUND, M.; THÜRMER, K.; KRANAWETTREISER, J.; HACK, H.-P. (in press): A new method to investigate the downstream migration of fishes within a power plant area in a Middle European river - a possibility to evaluate the effectiveness of behaviour barriers.
· Zeitungsartikel in der regionalen Presse. Der erste Artikel erschien am 30. Juni 2001 zu Beginn der Freilandarbeit und der zweite zum Ende des Projektes am 02.04.2002 in der Ostthüringer Zeitung (OTZ).
· Vortrag über Ergebnisse der Laborversuche zur Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Limnologie (DGL) 2001 (17.-21. September 2001). Eine Veröffentlichung des Vortragsinhaltes erfolgt im Tagungsband: SCHMALZ, W.; SIEGESMUND, M.; HACK H.-P. (2002): Untersuchungen der Wirksamkeit akustischer Signale an ausgewählten Fischarten zum Schutz der Fischfauna vor Turbinenschäden. - Deutsche Gesellschaft für Limnologie (DGL). - Tagungsbericht 2001 (Kiel), Tutzing 2002.
· Artikel im Winterbogen 2002, dem Journal der Bauhaus-Universität Weimar: Zum Schutz der Fischfauna vor turbinenbedingten Schäden. - Forschungsprojekt steht kurz vor dem Abschluss
· Weitere Veröffentlichungen sind unter anderem bezüglich des Abwanderungsverhaltens der Fische in Vorbereitung (z. B. Wasser und Abfall).
Fazit
Die niederfrequente Scheuchanlage zeigte keine ausreichende Wirkung, so dass weiterhin an keinem Wasserkraftanlagenstandort in Deutschland voll funktionsfähige Fischscheuchanlagen existieren. Es ist weiterer Forschungsbedarf gegeben, um die NES zu verbessern, die Fischschäden an Kleinwasserkraftanlagen zu untersuchen und weitere Daten zur Biologie und den Mechanismen des Fischabstiegs zu erfassen.
Fördersumme
99.344,01 €
Förderzeitraum
01.09.1999 - 28.03.2003
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter
Klimaschutz
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik