Eingriffsregelung und Landwirtschaft – Weiterentwicklung des naturschutzrechtlichen Planungsinstruments durch flexible Modelle zur Honorierung kompensationswirksamer Naturschutzleistungen durch die Landwirtschaft
Projektdurchführung
ARSU Arbeitsgruppe für regionale
Struktur- und Umweltforschung GmbH
Kreyenweg 41
26127 Oldenburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Anlass des Projektes sind Flächennutzungskonflikte mit landwirtschaftlichen Betrieben, die durch die heutige Praxis der Eingriffsregelung hervorgerufenen werden. Ziel ist es von einer Konkurrenzsituation um Flächen zu kooperativen Lösungsansätzen im Sinne der Eingriffsregelung zu kommen. Im Zentrum der Untersuchung stehen folgende Fragen: inwieweit können landwirtschaftliche Betriebe ökologische Aufwertungen durchführen, die als Kompensationsleistungen anrechenbar sind, welche Maßnahmen sind dafür geeignet und wie lassen sich diese in die Produktion integrieren. Bislang fehlen operationale Instrumente und konkrete Handlungsanleitungen für die praktische Umsetzung von Kompensations-maßnahmen in landwirtschaftlichen Betrieben.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs werden zunächst organisatorische, agrarpolitische und rechtliche Aspekte betrachtet, die eine Teilnahme von Landwirten an Kompensationsmaßnahmen beeinflussen. Um die konkreten Umsetzungsmöglichkeiten vor Ort auszuloten, werden in zwei Beispielregionen kompensationswillige landwirtschaftliche Betriebe näher untersucht. Es werden schwerpunktmäßig in die landwirtschaftliche Produktion integrierte Maßnahmen betrachtet. Entsprechend der Entwicklungsziele konzentrieren sich die Kompensa-tionsmaßnahmen vor allem auf die Umwandlung von Acker in Grünland und die Grünlandextensivierung. Zur Bestimmung der ökologischen Aufwertung von Agrarflächen bei einer Anpassung der Produktion wurde im Rahmen dieses Vorhabens das ökologische Bewertungsmodell ÖQ-LAB entwickelt, das die landwirtschaftlichen Produktionsverfahren bewertet. Mit Hilfe ausgewählter Indikatoren werden den Schutzgütern Boden, Grundwasser, Flora und Fauna ökologische Wertpunkte zugewiesen. Der kom-pensatorische Wertgewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen dem vorgefundenen Ist-Zustand und dem ökologischen Zustand bei Durchführung produktionsintegrierter Kompensationsmaßnahmen. Über die ökologischen Wertpunkte ist eine unmittelbare Verkopplung mit dem ökonomisch-ökologischen Betriebsmodell MODAM möglich. Dieses problemangepasste rechnergestützte Modell erlaubt die Integration von Kompensationserfordernissen in die ökonomische Entscheidung der Betriebe sowie die Quantifizierung der finanziellen Folgen (Deckungsbeitragsverluste) bei geänderter Landnutzung. Für die Beispielbetriebe erfolgt die exemplarische Anwendung der entwickelten Methodik.
Ergebnisse und Diskussion
Vorteile einer produktionsintegrierten Kompensation sind zum einen die dauerhafte Sicherung von Flächen des Naturschutzes innerhalb der landwirtschaftlichen Produktion, zum anderen die ausschließliche Verwendung von Mitteln der Eingriffsregelung zur Naturaufwertung, sofern die Flächen im Besitz der Landwirtschaft verbleiben. Die Möglichkeiten der Integration von Kompensationsmaßnahmen sind zum einen abhängig von der Betriebsstruktur zum anderen spielen die persönliche Motivation des Betriebsleiters, die regionalen und agrarpolitischen Rahmenbedingungen und die angestrebten Ziele des Naturschutzes eine wichtige Rolle. Des Weiteren sind rechtliche Unterschiede zwischen der naturschutzfachlichen Eingriffsregelung nach BNatSchG und der städtebaulichen Eingriffsregelung nach BauGB, z. B. bezüglich der Kostentragungspflicht und der Sicherungsmöglichkeiten, sowie die Eigentumssituation zu berücksichtigten.
Die gewählte Methodik erlaubt es sowohl bei der ökologischen Bewertung als auch im Betriebsmodell regionale und betriebsspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Das ökologische Bewertungsver-fahren ÖQ-LAB ermöglicht die Bewertung produktionsintegrierter Maßnahmen auf Grünland und Ackerland, die mit den herkömmlichen Verfahren schwer fass- und messbar sind. Mit Hilfe des ökologisch-ökonomischen Betriebsmodells MODAM wurde eine Grundlage geschaffen, um die gesamtbetriebliche ökologische Aufwertung, dafür notwendige betriebliche Anpassungen und die finanziellen Folgen zu ermitteln. Mit MODAM können zum einen im Sinne des funktionalen Ausgleichs die notwendigen Aufwertungserfordernisse bei den einzelnen Umweltmedien vorgegeben werden und zum anderen können bestimmte Produktionsumstellungen (z. B. Grünlandextensivierungen) vorgenommen werden. Das Modell ermittelt dann in einem konsistenten Rahmen die kostenminimalste Anpassung der gesamten Betriebsorganisation, (z. B. Anpassung der Tierhaltung) den gesamten ökologischen Aufwertungseffekt (Wertpunkte) sowie die finanziellen Konsequenzen für den Betriebserfolg (Mindestausgleichsbetrag). Auf diese Weise ist es möglich für aus Eingriffen abgeleitete notwendige Aufwertungen, die kostengünstigste Alternative sowohl im Vergleich mehrerer Betriebe als auch für unterschiedliche Flächen zu bestimmen. Die in diesem Vorhaben getesteten Modellansätze stellen lediglich eine Entscheidungshilfe dar und kön-nen Gespräche und Verhandlungen mit Landwirten unterstützen und begleiten, nicht jedoch ersetzen. Da es sich bei der vorliegenden Modellversion um einen Prototypen handelt, der für die Zwecke dieses Vorhabens entwickelt wurde, ist eine weitergehende EDV technische Aufbereitung und Operationalisierung für die Zugänglichkeit einer breiteren Anwenderschaft erforderlich.
Anhand der beiden Beispielregionen konnte gezeigt werden, dass aufgrund der deutlichen Unterschiede bei den ökologischen und agrarstrukturellen Verhältnissen die Kosten für produktionsintegrierte Maßnahmen stark differieren. Entsprechend führen gleiche ökologische Anforderungen an die landwirtschaft-liche Produktion zu unterschiedlichen finanziellen Einbußen bei den Betrieben und somit zu Ausgleichszahlungen in unterschiedlicher Höhe. Generell konnte gezeigt werden, das mit steigendem Umfang für Kompensationsmaßnahmen auf vorgegebenen Flächen, die Kosten infolge immer stärkerer Betriebsumstellungen überproportional ansteigen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Öffentlichkeitsarbeit umfasst sowohl die Darstellung der laufenden Arbeiten im Projektablauf als auch verschiedene ergänzende Aktivitäten. So haben drei Expertengespräche (am 06.12.2000 in Potsdam, am 04.10.2001 in Hannover und die Abschlussveranstaltung am 29.04.03 in Osnabrück) stattge-funden. Ergänzend wurden im September 2000 anlässlich eines Seminars des BfN in Leipzig, erste Er-fahrungen aus dem Projekt referiert. In einem Kurzvortrag im Rahmen der Statuskonferenz Flächen- und Maßnahmenpools am 16.09.2002 in Berlin fanden bis dahin vorliegende Projektergebnisse Berück-sichtigung. Mit Unterstützung der Edmund-Rehwinkel-Stiftung der landwirtschaftlichen Rentenbank wurden die Thematik Kompensation mit der Landwirtschaft auf Bundesländerebene untersucht, eine Ex-pertentagung zu organisatorischen, rechtlichen und ökonomischen Möglichkeiten und Problemen durch-geführt und ein schriftlicher Beitrag verfasst. Die Ergebnisse wurden bei einem abschließenden Sympo-sium in Frankfurt a. M. einer landwirtschaftlich orientierten Öffentlichkeit vorgestellt.
Fazit
Neben den klassischen Kompensationsmaßnahmen, meist verknüpft mit Flächenkauf, bieten sich produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen mit der Landwirtschaft als Alternative an. Dabei gilt es jedoch gewisse Mindestanforderungen zu beachten, so die Wahrung des funktionalen Bezugs zum Eingriff, die Gewährleistung einer langfristigen Sicherung und eine im Gelände erkennbare Aufwertung. Der Einsatz des ökonomisch-ökologischen Betriebsmodells bietet sich insbesondere bei geplanten umfangreichen Kompensationsmaßnahmen unter Beteiligung der Landwirtschaft als Beratungsinstrument an, da mögliche Alternativen untersucht werden und die Modellergebnisse zur Objektivierung der Diskussion zwischen Landwirtschaft, Vorhabensträger und Naturschutz beitragen können.
Fördersumme
99.164,55 €
Förderzeitraum
01.04.2000 - 01.04.2003
Bundesland
Niedersachsen
Schlagwörter