Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung: Analyse umweltwirtschaftlicher Konsequenzen der Grüngutverwertung
Projektdurchführung
Universität Bremen
Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,
Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre
28334 Bremen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Der Forschungsschwerpunkt bezieht sich auf die Entwicklung und Einführung alternativer Entsorgungswege von Grüngut (GG) im Sinne der Prinzipien einer nachhaltig zukunftsfähigen Entwicklung und Anforderungen der Kreislaufwirtschaft. Das Ziel der wirtschaftswissenschaftlichen Analyse ist die Bewertung ökonomischer und umweltbezogener Konsequenzen der Direktverwertung von Grüngut auf landwirtschaftlich genutzten Flächen auch im Vergleich zu ausgewählten alternativen Entsorgungsmethoden. Ein weiterer Forschungsaspekt betraf die Identifikation der betriebs-, regional- und umweltwirtschaftlichen Auswirkungen der Grüngutverwertung in Bezug auf Umwandlungs- und Kooperationsprozesse zwischen den beteiligten Akteuren.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm die verschiedenen Grüngutverwertungskonzepte bewerten zu können, waren sie zunächst hinsichtlich ihres Systemaufbaus und -ablaufs sowie der Verhaltensmuster der daran beteiligten Akteure eingehend zu analysieren. Methodisch erfolgte dies anhand einer systemtechnisch orientierten Beschreibung und Abbildung der Systemelemente, -relationen und -grenzen. Die dazu benötigten Informationen wurden v. a. im Rahmen von Experteninterviews mit den jeweiligen Kooperationspartnern aus der Landwirtschaft - vertreten insb. Durch die Maschinenringe -, der Abfallwirtschaft sowie den die Vergleichsprojekte begleitenden Forschungsinstituten und Universitäten eingeholt. In Anlehnung an bereits entwickelte Methodiken zur Durchführung nachhaltigkeitsorientierter Evaluationen wurde unter Berücksichtigung des rechtlichen Rahmens ein individuelles multikriterielles Bewertungskonzept entwickelt. Der Anspruch einer nachhaltigkeitsorientierten Bewertung implizierte einen gleichberechtigten Einbezug sowohl ökonomischer (z. B. Entsorgungskosten), ökologischer (z. B. Flächenverbrauch) und auch sozialer (z. B. Ar-beitsbedingungen) Bewertungskriterien. Es wurde eine qualitative (verbal-argumentative) Bewertung zunächst der verschiedenen GG-Direktverwertungskonzepte durchgeführt, woran sich eine vergleichende Charakterisierung ausgewählter herkömmlicher Entsorgungsmethoden anschloss. Auf Basis der Bewertungsergebnisse wurde dann eine Stärken-Schwächenanalyse durchgeführt, um darauf aufbauend die Übertragbarkeit des entsorgungslogistischen Konzepts Direktverwertung von GG sowohl auf andere Regionen als auch auf andere Wirtschaftsbereiche zu prüfen. Da der Schwerpunkt des Forschungsvorhabens auf dem Projekt im ehemaligen Landkreis Hannover lag, und sich dort eine Analyse und Bewertung der Grüngutverwertung bisher auf die Bodeneigenschaften (wie z. B. die Auswirkungen der Grüngutapplikation auf die Humusdynamik oder die Nährstoffversorgung) konzentrierte, andererseits auch noch keine empirisch gesicherten Erkenntnisse bzgl. der Akzeptanz der Direktverwertung durch die Landwirte im Allgemeinen sowie deren Wertschätzung des Produktes Grüngut im Speziellen vorlagen, wurde als übergeordnetes Arbeitspaket eine empirische Erhebung (schriftliche Befragung) bei den an der Grüngut-verwertung partizipierenden Landwirte als zentrale Akteursgruppe durchgeführt.
Ergebnisse und Diskussion
Ergebnisse der Erfassung der Aufbau- und Ablaufstrukturen (eingeschlossen der Akteurs- und Beziehungsstrukturen) aller Verwertungssysteme war eine annähern vergleichbare Darstellung und Gegenüberstellung der differierenden entsorgungslogistischen Gesamtkonzepte. Dadurch wurde eine Betrachtung zwischen Stoffstrom-, Informationsstrom- und Finanzstromebene einerseits und der Bewertungsebene andererseits möglich. Unterschiede der Verwertungssysteme konnten systematisch identifiziert und Bewertungskriterien abgeleitet werden. Die vergleichende Analyse der verschiedenen Grüngutprojekte zeigte beispielsweise, dass sich solche Unterschiede insbesondere auf eine differierende Komplexität der Systemstrukturen z. B. bzgl. Der informationswirtschaftlichen Beziehungsstrukturen, unterschiedliche regionale Abfallgebührensysteme, einen divergierenden Grad der Arbeitsteilung im Rahmen des Verwertungsprozesses oder auch unterschiedliche zugelassene Rohstoffmaterialen etc. beziehen. Die identifizierten Unterschiede fußen z. T. wiederum auf abweichenden historisch gewachsenen regionalen Strukturen, wie beispielsweise eine differierende Organisation der regionalen Abfallentsorgung (z. B. Hol- vs. Bringsysteme).
Auf dieser Basis wurde sodann die vergleichende nachhaltigkeitsorientierte Bewertung anhand des definierten Kriterienkataloges durchgeführt. Als eine zentrale Erkenntnis der vergleichenden Bewertung soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass das Konzept der Direktverwertung von GG eine unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sinnvolle abfallwirtschaftliche Ergänzungsmaßnahme darstellt, die zur Gewährleistung und Stärkung einer umweltverträglichen wie kosteneffizienten kommunalen Abfallwirtschaft beiträgt. Wenn auch Unterschiede zwischen de betrachteten GG-Systemen herausgearbeitet wurden, ergaben sich in Bezug auf die Gesamtbewertung gerade auch im Hinblick auf den Vergleich mit den alternativen Kompostierungsmethoden eher graduelle Unterschiede. Die ökologische Vorteilhaftigkeit wird beispielsweise in allen Systemen neben geringen Flächenverbrauchen und Energiebedarfen zur Realisierung des Stoffstroms auch durch geringe wahrgenommene Emissionen (insb. Geruchsemissionen) dokumentiert. Unter ökonomischen Gesichtspunkten qualifiziert sich die Direktverwertung insb. Aufgrund der realisierten finanziellen Entlastungen der kommunalen Abfallentsorgung aber auch des sicher erwirtschafteten Zusatzeinkommens für die verwertenden Landwirte. Die konstatierte Sozialverträglichkeit der Konzepte drückt sich wiederum z. B. in der Kundenfreundlichkeit aufgrund der geschaffenen bürgernahen Konzeption oder die im Vergleich zu klassischen Kompostierungsverfahren v. a. unter dem Hygieneaspekt angenehmeren Arbeitsbedingungen aufgrund der Trockenheit des Materials aus. Besonders positiv ist in diesem Zusammenhang noch hervorzuheben, dass sich die in allen drei betrachteten Regionen etablierten GG-Direktverwertungskonzepte einer sehr hohen Akzeptanz bei allen zentralen Akteursgruppen, also sowohl bei den öffentlichen Entsorgern und den Haushalten als insb. Auch bei den die Verwertung durchführenden Mitgliedslandwirten der Maschinenringe, erfreut. Sie kann nicht zuletzt mitverantwortlich gemacht werden für die hohe festgestellte Kooperationseffizienz.
Trotz dieser grundsätzlich positiven Gesamtbewertung der Konzepte wurden auch Schwachstellen offenkundig: weitgehend ungeklärt sind bisher die Regelungen bei ökologischen Störfallen - so hat der verwertende Landwirt die Risiken von Schädigungen seiner Produktionsgrundlage Boden infolge der GG-Ausbringung heute selber zu tragen. Darüber hinaus lassen nicht alle Anbauarten eine GG-Ausbringung zu und auch eine mengenmäßig unbegrenzte GG-Ausbringung wird nicht empfohlen.
Als Beispiele für zentrale Erfolgsfaktoren der GG-Direktverwertungskonzepte im Allgemeinen und des Systems Hannover im Speziellen können hier neben der bereits erwähnten hohen Akzeptanz bei allen zentralen Akteursgruppen für diese Verwertungsform auch die Existenz eines ländlichen Sozialgefüges oder die Güte der Kooperation zwischen den Akteuren angeführt werden.
Die für den Berichtszeitraum veranschlagten Forschungsziele wurden weitgehend erreicht. Leider konnten die zentralen Akteure bestimmte Informationen, wie z. B. die detaillierten Kosten- und Erlösstrukturen nicht preisgeben, so dass auf eine Quantifizierung bestimmter Bewertungskriterien verzichtete werden musste. Dennoch reichte der Konkretisierungsgrad, um zentrale nachhaltigkeitshemmende und -fördernde Faktoren identifizieren und eine Stärken-Schwächen-Analyse durchführen zu können. Auch konnten dann im Rahmen der Diskussion der Übertragungswürdigkeitfähigkeit der Systeme auf andere Wirtschaftsregionen und/oder auf andere Wirtschaftsbereiche allgemeine Erfolgsfaktoren der GG-Direktverwertung i. S. von GG-Direktverwertungsanforderungen und Bedingungsvoraussetzungen für die Zukunft abgeleitet werden.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die laufenden Forschungsergebnisse wurden bisher insbesondere bei den Kooperationspartnern vorgestellt und diskutiert. Da sich der Kooperationsverbund aus Akteuren verschiedenster Bereiche, sowohl aus der Forschung, der Landwirtschaft und auch der Abfallwirtschaft zusammensetzt, ist gewährleistet, dass sowohl die Theorie, als auch die Praxis am Projektfortschritt partizipiert. Im Dezember 2002 wurden beispielsweise auf der von der Marius Maschinenring Umweltservice GmbH einberufenen Vollversammlung der GG-verwertenden Landwirte des Verwertungssystems Hannover die zentralen Ergebnisse der schriftlichen Befragung den Mitgliedern des Verwertungssystems präsentiert. Auch im Rahmen von Forschungskolloquien und Fachvorträgen der Universität Bremen wurden die Teilergebnisse kontinuierlich vorgestellt. Darüber hinaus ist durch Einbringen einer Expression of Interest zum 6. EU-Rahmenprogramm durch den Forschungsverbund TRAUM (Transdisziplinäre Analyse und Management von Umweltsystemen unter Berücksichtigung sozioökonomischer Aspekte - Universität Bremen) beabsichtigt, die Thematik zu intensivieren. Im Rahmen dieses Forschungsverbundes TRAUM der Universität Bremen wurde erst im Juni 2003 ein interdisziplinärer Workshop speziell zum Thema Direktverwertung von GG durchgeführt, in dessen Rahmen eine Präsentation vorläufiger Projektergebnisse und deren intensiver Diskussion erfolgte.
Darüber hinaus sind neben einem zusammen mit dem Kooperationspartner UFT - Universität Bremen konzipierten Projektposter (als Beispiel für ein transdisziplinäres Forschungsprojekt), derzeit auch zwei Publikationen in Planung, eine für die Zeitschrift Umweltwirtschaftsforum sowie für die Lehrstuhlreihe Produktion und Umwelt in Vorbereitung.
Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die für das Forschungsvorhaben Analyse umweltwirtschaftlicher Konsequenzen der Direktverwertung von Grüngut gesetzten Projektziele weitgehend erreicht wurden. Die verschiedenen betrachteten entsorgungslogistischen GG-Konzepte konnten auf Basis einer systemtechnischen Beschreibung und Abbildung analysiert und mit Hilfe des entwickelten projekt-individuellen Bewertungskonzepts einer qualitativen nachhaltigkeitsorientierten Bewertung unterzogen werden. Gemäß den Ergebnissen des Bewertungsverfahrens kann die GG-Direktverwertung als um-weltverträgliche und effiziente Verwertungsalternative für diese Abfallart gewürdigt werden, die den Anforderungen einer Kreislaufwirtschaft genügt. Wenn sie auch die herkömmlichen Entsorgungsmethoden nicht substituieren kann, ist sie dennoch gerade unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten als sinnvolle abfallwirtschaftliche Ergänzungsmaßnahme zu würdigen, die unter spezifischen Rahmenbedingungen und Strukturvoraussetzungen dennoch einen wertvollen Beitrag zu einer integrierten, nachhaltigen Abfallwirt-schaft in ländlichen Regionen leisten kann, indem sie eine umweltverträgliche, für die Bürger bezahlbare kommunale Abfallentsorgung fördert und stärkt.
Positiv ist die Unterstützung durch die Kooperationspartner während des gesamten Projektzeitraums hervorzuheben, die sich aus allen Akteursgruppen und Bereichen, wie der Landwirtschaft, der Abfallwirtschaft oder der Forschung rekrutierten, was nicht zuletzt auch die gegebene theoretische wie praktische Relevanz des Untersuchungsgegenstandes zu unterstreichen scheint.
Fördersumme
95.640,73 €
Förderzeitraum
01.07.2001 - 31.12.2002
Bundesland
Bremen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik