Modellhafte Entwicklung von Schutzkonzepten und passiven Anlagen zum Raumklimaausgleich am Beispiel der national wertvollen umweltgeschädigten Wandmalereien in Schloss Rossewitz
Projektdurchführung
IWT
Stiftung Institut für Werkstofftechnik
Amtliche Materialprüfungsanstalt Bremen
Analytische Baustoffmikroskopie
Paul-Feller-Str. 1
28199 Bremen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Schloß Rossewitz (1654-1670) gehört zu den wertvollsten Schlossanlagen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Der Festsaal mit seinen außergewöhnlichen Wandmalereien aus der Entstehungszeit der Anlage war bedingt durch Leerstand und Teileinstürze lange Zeit Witterungseinflüssen ausgesetzt. Zur Erhaltung der Wandmalereien wurden folgende Fragen bearbeitet: 1. Suche nach geeigneten Technologien der Hohlrauminjektage zur Sicherung gefährdeter Putzlagen (KSE-Modulsystem) 2. Suche nach wartungsarmen, passiven - also energieunabhängigen - technischen Anlagen zur Klimastabilisierung (´Feuchtepuffer´) im noch ungenutzten Festsaal.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden§ Voruntersuchungen zum Zustand der Wandmalereien und Putze (Stratigraphie, Pigmente, Bindemittel, Feuchte- und Salzbelastung) und zum Raumklima (Außen-, Innen-, Nahfeldklima)
§ Begleitende Maßnahmen zur baulichen Instandsetzung des Festsaales als Beitrag zur konstruktiven Sicherung und Verbesserung der allgemeinen Feuchtesituation (gefördert aus Mitteln DSD als Eigenanteil): Rekonstruktion Festsaaldecke, Fenstereinbau, Treppenanlage
§ Technologische Untersuchung geeigneter Restaurierungsmaterialien zur Hohlrauminjektage an Putzen mit wertvollen Wandmalereien (KSE-Modulsystem, Dispergiertes Weißkalkhydra (Calxnova), Kalk mit hydraulischen Anteilen (PLM-AL)
§ Anlage von Objektmusterflächen im Festsaal: Vorfestigung Putze und Hohlrauminjektage
§ Bauklimatisches Objektmonitoring
§ Montage von Feuchtepuffern im Festsaal (kulissenartige Vorhänge mit spezialbefüllten Nesselsäcken, Füllstoff Zellulose Marke ISOFLOC)
§ Quantifizierung der Wirksamkeit restauratorischer Eingriffe und klimastabilisierender Maßnahmen (Feuchtepuffer als passive, netzunabhängige Ausgleichsmedien)
Ergebnisse und Diskussion
Ausgangsituation:
Die durch Leerstand und Teileinstürze akut gefährdeten Malereien (insgesamt 400 qm) zeigten zu Beginn des Projektes folgende Hauptschäden, die als typisch für derart beanspruchte und gealterte Wandmalereien anzusehen sind:
§ Ablösung (Blasen- und Hohlraumbildung) der verschiedenen, mehrlagigen und teils malschichttragenden Putze vom Mauerwerk als auch untereinander
§ Verblassung der Raumausmalung in Kombination mit Bindemittelabbauprozessen in der Malerei
Sicherung Wandmalereien:
Die grundlegenden Erkenntnisse, die sich aus den Vorversuchen und den Objektmusterflächen ergaben, sind, dass die Putze vor einer Hinterfüllung bzw. hinterfüllenden Konservierung zuerst in ihrer vorlie-genden Struktur konsolidiert werden müssen. Nach dem bisherigen Erkenntnisstand ist dies ohne eine Flutung mit einem KSE nicht möglich. Nach den bisherigen Versuchen empfiehlt es sich, ein KSE mit höherer Gelabscheiderate zu verwenden und dafür auf Syton X30 zu verzichten. So hat man die Möglichkeit innerhalb des KSE-Sytems zu arbeiten. Nachteil des Flutverfahrens ist die Verletzung der Malschicht. Vorteil des Flutverfahren sind die o.g. Verbesserung der Strukturfestigkeit des Putzes sowie der Fließeigenschaften der Hinterfüllmassen. Ein weiterer Vorteil ist die dübelartige Verklammerung der Putzschichten durch das Einbringen der Hinterfüllmassen auf der Grundlage einer Rasterinjektion. So werden die gefestigten Putze an das Mauerwerk punktuell angebunden. Je nach Schadensbild eignen sich grundsätzlich alle erprobten Materialien: Entsprechend dem Schadensbild muss allerdings die Wahl des Materials und der Zusammensetzung (Rezeptur) modifiziert werden (à Fallentscheidung). So eignen sich CalXnova für größere Hohlräume, PLM-AL für größere und mittlere Hohlräume und das KSE-System von Remmers für kleinere Hohlräume und Spalten.
Klimastabilisierung:
Den installierten Feuchtepuffern kann ein nachweislicher Beitrag zur Klimastabilisierung im Festsaal attestiert werden. Die dominierende Wirkung des Außenklimas auf das Raumklima aufgrund des hohen Luftwechsels und der Lüftungseffektivität der gegenüberliegenden Fensterachsen bleibt allerdings auch nach Einbau der Puffermedien weiterhin bestehen. Die genauere Betrachtung der Klimaverläufe zeigt jedoch die beabsichtigte Arbeitsweise der Feuchtepuffer, die zur Stabilisierung des Raumklimas beiträgt.
Eine Klimaregulierung ist mit diesem rein passiven Verfahren nicht möglich, eine Klimadämpfung hingegen wurde erfolgreich demonstriert. Die ausgesprochen heftige Reaktion der Feuchtemeßstellen im Feuchtepuffer auf Schwankungen des Umgebungsklimas verdeutlicht das gewünscht hohe Sorptionspotential der Zellulosekissen. Um die Wirksamkeit der Feuchtepuffer zu verbessern, wäre zunächst generell eine Verringerung des Luftwechsels zwischen Raumluft und Außenluft angemessen.
Eine Erweiterung der Funktionalität über die Pufferaufgabe hinaus, wäre in Verbindung mit einer gesteuerten Lüftung möglich. In Zeiten geringer Außenfeuchte (häufig in der Nacht) wird der Luftförderstrom erhöht und damit eine Trocknung der Feuchtepuffer erreicht. Durch Kombination der Puffer mit einem gezielten Aufladen bzw. Entladen durch kontrollierte Lüftung ließe sich die klimastabilisierende Wirkung mit einer Entfeuchtungswirkung kombinieren. Voraussetzung ist die Reduzierung der intensiven Raum-lüftung durch bauliche Maßnahmen, um eine geregelte Lüftung überhaupt erst zu ermöglichen sowie die Sicherung einer effektiven Raumdurchströmung.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Schloss Rossewitz: Zur Erhaltung der Wandmalereien des Festsaales durch restauratorische Sicherungsmaßnahmen und den modellhaften Einsatz feuchteregulierender Speichermedien in: Denkmalpflege und Denkmalschutz in Mecklenburg-Vorpommern; in Vorbereitung
Fazit
Die besondere Modellhaftigkeit des Vorhabens liegt in folgenden Kriterien begründet:
§ Wirkungsanalyse und -nachweis der im Festsaal installierten Feuchtepuffer (kulissenartig verschiebliche Großvorhänge aus spezialbefüllten Säcken) und damit Beitrag zur Klimastabilisierung in großdimensionierten, unbeheizten historische Räumen ohne klimapuffernde Ausstattungen
§ Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Injektionsmassen unterschiedlicher BM-Systeme für die Konsolidierung von Hohlstellen an Wandmalereien
§ Zeitliche Parallelität restauratorischer Maßnahmen (Musterflächen) und klimapuffernder Installationen bei kontinuierlicher, meßtechnischer Verfolgung aller Eingriffe an Malerei und Raumhülle
Fördersumme
94.537,87 €
Förderzeitraum
20.07.2000 - 01.07.2004
Bundesland
Brandenburg
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik