Grenzüberschreitende deutsch-polnische Umweltbildung für junge Menschen mit Behinderungen
Projektdurchführung
Verein zur Förderung bewegungs- undsportorientierter Jugendsozialarbeit (bsj) e. V.
Biegenstr. 40
35037 Marburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Für eine dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung bedarf es in Grenzregionen verstärkt binationaler Projekte, dies gilt auch für die Umweltbildung im deutsch-polnischen Grenzraum. Menschen mit Behinderungen sind eine bislang nur wenig beachtete Zielgruppe für Umweltbildungsaktivitäten, und auch zu deutsch-polnischen Begegnungen haben sie nur in Ausnahmefällen Zugang.
Das Projekt hat ein transnationales Netzwerk für eine dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung in der Grenzregion Stettiner Haff / Odermündung mit behinderten jungen Menschen aus Deutschland und aus Polen aufgebaut. Ein Hauptanliegen war, über Umweltbildungsmaßnahmen, Multiplikatorenarbeit und Publikationen umweltgerechte Lebensstile zu fördern und einen Beitrag zur Umsetzung umweltpolitischer Ziele zu leisten. Gleichzeitig verfolgte das Projekt die Integration behinderter Menschen in die Ge-sellschaft und die Verständigung zwischen Deutschen und Polen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZwischen Einrichtungen der Behindertenhilfe aus Deutschland und aus Polen sowie zwischen Sonderschulen beider Länder wurden Partnerschaften geknüpft. Gruppen behinderter junger Menschen von diesen Partnerorganisationen trafen sich regelmäßig in Polen und in Deutschland zu mehrtägigen gemeinsamen Umweltbildungsmaßnahmen, die didaktisch und inhaltlich entsprechend der spezifischen Kompetenzen der jeweiligen Teilnehmenden vorbereitet und durchgeführt wurden. Inhaltliche Schwerpunkte der Programme waren Wasser, Fischerei, Energie, naturnahe Landschaftsgestaltung, Ernährung, Landwirtschaft, Selbstversorgung, Baum und Wald. Umwelt und Natur wurde als grenzüberschreitendes Thema erlebbar gemacht. Während der gemeinsamen Umweltaktivitäten förderten moderierte Einheiten das Kennen lernen und den Austausch untereinander und damit das Verständnis für das Nachbarland. Vor- und Nachbereitungstreffen sowie Beratungen unterstützten einen Transfer des Gelernten in den Alltag. Parallel dazu fanden binationale Multiplikatorenschulungen für soziale Fachkräfte statt, in denen Hintergründe zu den Projektinhalten und Arbeitshilfen vermittelt wurden, die die kooperierenden Einrichtungen zu einer selbstständigen Fortführung der Umweltbildungsarbeit befähigten.
Ergebnisse und Diskussion
Sowohl die Umweltbildungsinhalte als auch die deutsch-polnische Komponente des Projektes Grenzströme stießen bei den Menschen mit Behinderungen stets auf ein großes Interesse.
Die Projektbeteiligung hing jeweils vor allem von den zuständigen Ansprechpersonen der Institutionen der Behindertenhilfe bzw. der Sonderschulen ab, auf polnischer Seite meist der Einrichtungsleitung, auf deutscher Seite in der Regel der konkret beteiligten Betreuungspersonen.
Die meist fünftägigen deutsch-polnischen Umweltbildungsmaßnahmen verliefen dann besonders erfolgreich, wenn die Umweltbildungsinhalte didaktisch entsprechend den individuellen Kompetenzen der Teilnehmenden aufbereitet waren und auch auf Soziales (persönliche Bedürfnisse, Gruppenbelange, Spaß) sowie die deutsch-polnische Verständigung aktiv eingegangen wurde. Entscheidende Kriterien in der didaktischen Herangehensweise für eine erfolgreiche Umsetzung waren, durchgängig Kooperation und die nonverbale Kommunikation zu fördern, alle Einheiten möglichst ganzheitlich und handlungsorientiert umzusetzen und das Aktivitätsprinzip zu verfolgen. Ferner war es wesentlich, Drucksituationen zu vermeiden und für alle Praxiseinheiten stets viel Zeit einzuplanen. Eine möglichst homogene Gruppenzusammensetzung bezüglich Alter und Behinderungsgrad der Teilnehmenden unterstützte die Kontaktaufnahme zwischen Deutschen und Polen.
Für den Transfer der Umweltbildungsinhalte in den Alltag der Teilnehmenden boten die Themenfelder Energie und Ernährung / Selbstversorgung die meisten Anknüpfungspunkte. Da der Alltag von Menschen mit Behinderungen in der Regel weniger vielfältige Möglichkeiten bietet als der Alltag von nichtbehinderten Personen, war für sie die Teilnahme an den deutsch-polnischen Umweltbildungsmaßnahmen häufig ein herausragendes Erlebnis. Dieser intensive Eindruck wirkte sich unterstützend auf den Trans-fer der Inhalte aus.
In diesem Kontext und auch bezüglich der Verstetigung der Projektarbeit nahmen die Betreuungspersonen eine Schlüsselrolle ein, da die Fortsetzung der deutsch-polnischen Umweltbildungspraxis über den Förderzeitraum hinaus ein hohes Maß an Eigeninitiative und Verantwortungsübernahme aller Beteiligten erfordert. Die Menschen mit Behinderungen zeigten durchweg ein großes Interesse an der Verstetigung der deutsch-polnischen Umweltbildungspartnerschaften. In der Regel stellt es für sie allerdings eine Überforderung dar, solche Partnerschaften ohne moderierende und animierende Begleitung fortzuführen. Die größte Unterstützung bieten in dem Zusammenhang engagierte und im Projektverlauf qualifizierte Betreuungspersonen, die die Bildungspraxis fortsetzen und gleichzeitig soweit wie möglich die Selbstständigkeit und das eigenverantwortliche Handeln der Menschen mit Behinderungen fordern und fördern.
Das Zerum und mehrere kooperierende Einrichtungen in Deutschland und in Polen werden in dieser Form die Projektpraxis fortsetzen. Positiv zeigt sich in diesem Zusammenhang, dass Wert auf eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit jeweils denselben Partnern und Gruppen gelegt worden ist. Dadurch wurde zum einen die Identifikation mit Grenzströme und zum anderen die eigenständige Übernahme von Programmbestandteilen gefördert - zwei wesentliche Aspekte für eine weitgehend eigenverantwortliche Fortführung der deutsch-polnischen Umweltbildung durch die Partnerschaften bzw. durch bestimmte Kontaktpersonen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Medien der Öffentlichkeitsarbeit waren das Projektfaltblatt, welches auf deutsch und auf polnisch erschienen ist, Veranstaltungsausschreibungen, Presse- und Fachartikel, Radioauftritte, Internetdarstellungen, Beiträge auf CD-ROM, die Beteiligung an öffentlichen Großveranstaltungen, Vorträge und Workshops auf diversen Fachtagungen sowie die Herausgabe einer Tagungsdokumentation zum Umwelt- und Naturschutz und zur Umweltbildung in Mecklenburg-Vorpommern und Polen.
Hervorzuheben ist das auf polnisch und deutsch erscheinende Praxishandbuch Grenzen los, das über detaillierte Darstellungen konkreter Praxiseinheiten Einrichtungen der Behindertenhilfe, Sonderschulen und Umweltbildungsinstitutionen motivierend auffordert, grenzüberschreitende Umweltbildung mit Menschen mit Behinderung umzusetzen.
Fazit
Deutsch-polnische Umweltbildung für junge Menschen mit Behinderungen kann bei entsprechender auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmter Herangehensweise zur Integration, zur grenzüberschreitenden Verständigung und zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Für die langfristige Wirksamkeit der Umweltbildungsinhalte ist zum einen die frühzeitige Vorbereitung der Verstetigung der Modellprojektarbeit von Bedeutung. Zum anderen sollte ein großes Augenmerk auf den Transfer der Inhalte in den Alltag der Teilnehmenden gelegt und diese direkt in die Einrichtungen hinein getragen werden im Rahmen von Nachbereitungen, regelmäßigen Projekttagen oder mehrtägigen Umweltbildungsmaßnahmen.
Fördersumme
268.428,24 €
Förderzeitraum
08.02.2000 - 31.12.2003
Bundesland
Hessen
Schlagwörter