Verbundprojekt zur Entwicklung, Optimierung und Qualifizierung einer Technologie auf Basis Polysiloxanfolie zur kostengünstigen und umweltverträglichen Gestaltung elektronischer Baugruppen
Projektdurchführung
KERAFOLKeramische Folien GmbH
Stegenthumbach 4 - 6
92676 Eschenbach
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Gesamtvorhabens war es, das Gefahrstoffpotential elektronischer Baugruppen durch Eliminierung der Flammschutzmittel und die Substitution der Schwermetalle drastisch zu reduzieren. Kostengünstige Verwertungsverfahren sollten ermöglicht werden. Bisher wurden elektronische Baugruppen überwiegend auf duroplastischen Leiterplatten aufgebaut, die halogenhaltige oder phosphorhaltige Flammhemmer enthalten. Im Bereich von Leistungsbaugruppen sollte aus ökologischen Gründen die du-roplastische Leiterplatte durch Polysiloxanmaterial substituiert werden. Die erste Phase zielte verstärkt auf die Entwicklung der Werkstofftechnik und auf die Ermittlung und Adaption geeigneter Be- und Verarbeitungsverfahren. Die Teiltechnologien sollten mit Ziel einer Serientauglichkeit weiterentwickelt werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Verbesserung und Qualifizierung der Folie wurden die Folienparameter Dimensionsstabilität, Biegefähigkeit, Reißfestigkeit, Wärmeleitfähigkeit sowie die Herstellungsverfahren der Folie, die Kupferstrukturierung, die chemische Beständigkeit und die Herstellung von Steckverbindungen aus der Folie untersucht. Die Messungen und Testreihen wurden in Zusammenarbeit der Industriepartner KERAFOL und KEW mit den Hochschulinstituten FAPS und TU Ilmenau durchgeführt. Zur Entwicklung eines ge-eigneten Pastensystems wurden Materialien und Prozessparameter für Druckpasten; für Leitpasten und Widerstandspasten optimiert. Untersuchungen zu Verdruckbarkeit, Schichteigenschaften der Pastensysteme, Aushärtetemperaturen und -zeiten sowie die Layoutherstellung von Widerständen wurden vom Projektpartner IKTS in enger Zusammenarbeit mit KERAFOL, Ritec und TU Ilmenau durchgeführt.
Zur Ermittlung von geeigneten Fertigungsverfahren und Parametern wurden Bestückungsverfahren und Kontaktierungsverfahren auf flexibler, wärmeleitfähiger Polysiloxanfolie, Druckverfahren, Laserbearbeitung und Multilayertechnologie untersucht. Dies erfolgte in enger Kooperation der Partner Fritsch, Rehm und Ritec und Laser Systems mit den Hochschulinstituten, mit Projektführer Kerafol und dem Koordinator KEW. Das Applikationsbeispiel Hochfrequenzchirurgiegerät wurde neu konzipiert. Ein Mustergerät mit optimiertem Folienlayout und konstruktiven Aufbau wurde angefertigt. Die Arbeiten in Teilprojekt 4 wurden von DMT (konstruktiver Aufbau entsprechend dem EPAC-Verfahren) und KEW (elektronische Baugruppe auf Polysiloxanfolie) unter wissenschaftlicher Begleitung von FAPS und TU Ilmenau durchgeführt. Die zuvor bearbeitete 1. Phase enthielt folgende Arbeitspakete: Stoffeigenschaften Polysiloxanfolie, Entwicklung Druckpastensysteme, Schutzlacke und Multilayer, beispielhafte Testapplikation.
Ergebnisse und Diskussion
Teilprojekt 1: Weiterentwicklung und Qualifizierung der Polysiloxanfolie
Die Untersuchungen zeigen, dass die derzeit erzielten Folienparameter für eine Serienproduktion elektronischer Baugruppen ausreichen und die angestrebten Umwelt- und Kostenentlastungen erreichbar sind. Die Dimensionsstabilität der Folie gewährleistet eine großflächige Bearbeitung, wobei allerdings spezielle Layoutvorschriften einzuhalten sind. Einige Fertigungsverfahren- und Einrichtungen sind anzupassen. Die Biegefähigkeit der Polysiloxanfolie lässt auch bei kupferkaschierten Folien ausreichend viele Biegevorgänge bei kleinen Biegeradien zu. Entsprechenden Biege- und Layoutvorschriften wurden erarbeitet. Die Reißfestigkeit der Folie ist für den Fertigungsprozess und den Service der Baugruppen ausreichend. Für mechanisch beanspruchte Bereiche ist Polysiloxanfolie allerdings nicht geeignet. Auch die chemische Beständigkeit und die Stabilität des Materials gegenüber Umwelteinflüssen ist gut. Untersuchungen von Steckverbindungen ergaben sehr gute Ergebnisse. Es sind außerordentlich hohe Stromdichten und niedrige, langzeitstabile Übergangswiderstände erreichbar. Diese Steckverbindungen können jedoch aufgrund der mechanischen Eigenschaften der Folie nur geräteintern eingesetzt werden. Die Verbindung nach außen ist mit Steckverbindungen an Polysiloxanfolien nicht möglich.
Teilprojekt 2: Entwicklung eines für Polysiloxanfolie geeigneten Pastensystems
Die entwickelten Leitpasten erreichen die in der Projektdefinition geforderten Werte. Für hochflexible Pasten werden 20 mW/square erreicht. Bei nichtflexiblen Pasten erreichbare Flächenwiderstände unter 10 mW/ square sind besser als bei derzeit verfügbaren Polymerpasten. Diese Pasten sind lötfähig.
Teilprojekt 3: Ermittlung und Untersuchung von Fertigungsverfahren für elektronische Baugruppen auf Polysiloxanmaterial
Die Bearbeitung kann von Rolle zu Rolle durchgeführt werden, wobei eine Fixierung der Folie mittels Vakuumansaugung und der Einsatz optischer Positioniersysteme empfohlen wird. Der Bestückungsvorgang erwies sich als relativ problemlos. Der Lötprozess kann unter Ausnutzung der guten Wärmeleitfähigkeit des Polysiloxanmaterials optimiert werden. Ein bleifreier Lötprozess mit hochschmelzendem Silber-Zinn-Lot ist unkritisch. Auch der Lötprozess komplexer Bauteile, beispielsweise Ball-Grid-Arrays, kann bei reduzierten thermischen und mechanischen Stressbedingungen für die Bauteile durchgeführt werden.
Die üblichen Druckverfahren sind einsetzbar. Die Laserbearbeitbarkeit ist gut; es entstehen keine Kohlenstoffrückstände, welche Leiterbahnen überbrücken könnten. Für die Laserbearbeitung geeignete Prozessparameter wurden ermittelt und spezifiziert.
Die in Ätztechnik grobstrukturierte Kupferebene kann in Teilbereichen mittels Laser feinststrukturiert und mit Flip-Chips bestückt werden, dies bietet deutliche Einsparungspotentiale; die Technologie kann auch als kostensparende Alternative zu gehäusten ICs eingesetzt werden.
Mit Multilayerschaltungen auf Basis kupferbeschichteter, strukturierter Polysiloxanfolien können komple-xe Baugruppen miniaturisiert werden; eine hohe Leistungsdichte wird erreicht. Prüfverfahren können ü-bernommen werden (u. a. der Incircuit-Test); Schnittstellen werden ohne zusätzliche diskrete Bauteile direkt aus der Folie gebildet. Laserverfahren zum Abgleich elektronischer Baugruppen sind einsetzbar.
Teilprojekt 4: Applikationsbeispiel aus dem medizinischen Bereich
Als Applikationsbeispiel wurde für das Hochfrequenzchirurgiegerät ICC 50 der Firma ERBE ein Konzept für den konstruktiven Aufbau erarbeitet und ein Demonstrator in Form einer funktionsfähigen Machbarkeitsstudie auf Polysiloxanfolie hergestellt. Anhand des Gerätes können die entwickelten Technologien demonstriert und getestet werden. Es wurde auch eine Ökobilanzierung durchgeführt. Der Material-Index, der Verwertungs-Index und der Schadstoff-Index zeigen quantitativ die ökologischen Verbesserungen elektronischer Baugruppen, die mit dem Konzept möglich sind.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Zwischenergebnisse des Forschungsvorhabens wurden in verschiedenen Fachpublikationen, Firmenbroschüren und Referaten vorgestellt. Die Öffentlichkeitsarbeit der Projektpartner mit dem Ziel der kommerziellen Umsetzung der Entwicklungsergebnisse wird verstärkt und offensiv weitergeführt.
Fazit
Die Projektergebnisse haben die in den Vorgängerprojekten erarbeiteten Einsatzmöglichkeiten der Poly-siloxanfolien bestätigt und in wesentlichen Bereichen erweitert. Für alle technologischen und fertigungs-technischen Probleme konnten Lösungen bzw. Lösungsansätze erarbeitet werden. Es werden erhebliche Umweltentlastungen erreicht. Gesetzliche Vorgaben werden erfüllt bzw. durch die Eliminierung sämtlicher organischer Flammhemmstoffe deutlich übertroffen.Für verschiedene Einsatzbereiche kann die gefahrstoffhaltige duroplastische Leiterplatte ersetzt werden.Die Polysiloxanfolie ist als Trägermaterial der elektronischen Bauteile beim Aufbau elektronischer Bau-gruppen mit hoher Leistungsdichte optimal geeignet. Für elektronische Baugruppen mit geringer Leis-tungsdichte steht das im Vorhaben entwickelte Konzept längerfristig in Konkurrenz zu Platinen und Fo-lien aus kostengünstigerem thermoplastischen Material.
Fördersumme
360.205,13 €
Förderzeitraum
01.01.2000 - 19.11.2001
Bundesland
Bayern
Schlagwörter
Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik