Modellhafte in situ-Sanierung umweltgeschädigter Sandstein-Deckplatten des Turmhelmes der Stadtkirche in Merseburg (Sachsen-Anhalt)
Projektdurchführung
Ev. Kirchspiel Merseburg
Hälterstr. 30
06217 Merseburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Das Turmdach der Stadtkirche St.Maximi ist ein steinernes Raumtragwerk, welches aus Kalksteinrippen und -platten sowie dolomitischen Sandsteinplatten besteht. Unter den am Standort in der Vergangenheit herrschenden aggressiven Umweltbedingungen kam es durch intensive Epsomitbildung im Sandstein zu gravierenden, die Stabilität beeinträchtigenden Schäden in Form starker Schalenbildung. Ziel des Projektes war die lnstandsetzung des Turmdaches mit einem Restaurierungskonzept, welches die originalen Werksteine weitgehend erhielt und den Steinaustausch auf das Notwendigste beschränkte.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt war in drei Phasen gegliedert. In der ersten Phase, der Erkundungs- und Laborphase, wur-den die Schäden qualitativ und quantitativ erfasst (I) und ein auf die Schäden an den Sandsteinplatten abgestimmtes Konservierungskonzept erprobt (II).
(I) Salzbestimmung (II) Salzreduktion
Petrophysikalische Messungen KSE-Festigung und Bohrwiderstandsmessungen
Petrographische Untersuchungen Zementinjektionen und Haftzugmessungen
In der zweiten Phase folgte die Umsetzung der im Labor getesteten Maßnahmen unter wissenschaftlicher Begleitung durch einen Steinrestaurierungsfachbetrieb. Grundgedanke des Konzeptes war die kraftschlüssige Anbindung sich ablösender Schalen an den intakten Stein durch mehrstufiges Einbringen von Kieselsol und geringviskosem Mikrozement in die oberflächenparallelen Risse und Spalten im µm- bis mm-Bereich. Die zu bewältigenden Aufgaben bestanden in einer effektiven Verringerung des hohen Magnesiumsulfatgehaltes im oberflächennahen Bereich der zu verfestigenden Sandsteinplatten, in der Rezeptierung eines auf die Sandsteineigenschaften abgestimmten, in Risse von einigen Hundert Mikrometer Weite eindringenden geringviskosen Mikrozements und in der Entwicklung einer geeigneten Applikationstechnik. Die dritte Phase bestand in der ausführlichen Dokumentation der Laborversuche und ihrer Umsetzung am Objekt.
Ergebnisse und Diskussion
Vor dem Hintergrund der gestellten Aufgabe, aufgeblätterte Schalenpakete kraftschlüssig mit dem gesunden Sandstein zu verbinden, stellten die Untersuchungsergebnisse einen beachtlichen Teilerfolg dar. Um die Schalen miteinander und insgesamt als Paket an den Stein wieder anzubinden, wurde über ein System von Bohrungen sulfatbeständiger Mikrozement in die übereinander liegenden, mehr oder weniger horizontalen Risse injiziert. Dadurch sollten die Risse verfüllt und eine Konsolidierung der Schalenpakete erreicht werden. Bei den Laborversuchen wurde mit den Mikrozementen Rheocem 900 SR und Tricodur experimentiert. Zwar erwies es sich als nicht durchführbar, ein Paket von fünf bis sechs übereinanderliegenden Schalen als Ganzes zu erhalten, da die feinen Risse nur ungenügend mit Zement verfüllt wurden, doch das Anbinden größerer Schalen, die durch Millimeter weite Risse vom Sandstein abgetrennt waren, konnte erreicht werden.
Aus den Ergebnissen der Laboruntersuchungen und -versuche ergaben sich eine Reihe von Empfehlungen für die Ausführung des geplanten Sanierungskonzeptes.
Da der hohen Salzbelastung im Sandstein eine vergleichsweise geringe Effektivität der Kompressenentsalzung gegenüberstand, und durch den erforderlichen, mehrfachen Wechsel der Kompressen die Schuppen und kleinen Schalen abfielen, die ja eigentlich gehalten werden sollten, wurde auf die Entsalzung verzichtet und stattdessen die oberen 10 - 15mm des lockeren Sandsteins entfernt. Wie die Salztiefen- und Bohrwiderstandsprofile zeigten, erreichte man dadurch sowohl eine weitgehende Salzreduktion als auch eine Entfernung der entfestigten, absandenden Zonen. Eine KSE-Festigung war daher auch nicht mehr erforderlich. Das Verbinden der großflächigen Schalen, die durch weite, gut verfüllbare Risse vom Sandstein getrennt waren, konnte dann erfolgreich durch Injektion von Mikrozement erreicht werden. Zur Lokalisierung der Injektionsbohrungen wurde der Schalenbereich vorsichtig abgeklopft und auf der Oberfläche markiert. Die Injektionsbohrungen wurden am oberen Schalenrand gesetzt, damit der Mikrozement in den Riss einlaufen und diesen von unten nach oben auffüllen konnte.
Bei der Ausführung am Objekt wurde der Mörtel Rheocem 900 SR direkt ohne Injektionspacker nach und nach mit einer Spritze in Risse < 3mm injiziert.
Mit diesem Verfahren gelingt es, einzelne Schalen kraftschlüssig mit dem Sandstein zu verbinden. Wie jedoch die Ergebnisse von Haftzugfestigkeitsmessungen zeigten, sind die Verbindungen großen Belastungen nicht gewachsen, d. h. trotz erfolgreicher Durchführung der Maßnahme wurde die ursprüngliche, statisch relevante Plattenstärke nicht wiederhergestellt.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Ausstellung einer Fotodokumentation der Instandsetzung im Vorraum zum Kirchenschiff anlässlich der Wiederöffnung der Kirche im Oktober 2001
Fazit
Mit diesem Verfahren konnten weniger stark geschädigte Platten restauriert werden, stark geschädigte Platten mussten ausgetauscht werden. Das grundsätzliche Problem ist der Zusammenhang von Anzahl der Injektionsbohrungen und Grad der Verfüllung: um einen hohen Verfüllgrad zu erreichen, müssen viele Injektionsbohrungen gesetzt werden, was wiederum zu einer Schwächung der zu verfestigenden Bereiche führt.
Fördersumme
93.279,07 €
Förderzeitraum
01.02.1999 - 31.03.2000
Bundesland
Sachsen-Anhalt
Schlagwörter