Projekt 14376/01

Untersuchungen zur anaeroben Behandlung von Fäkalabwasser mit Bioabfällen und weiteren Cosubstraten sowie der Grauwasserreinigung am Pilotprojekt Lübeck-Flintenbreite

Projektdurchführung

OtterWasser GmbH Ingenieurgesellschaft für integrierte Siedlungstechnik
Travemünder Allee 79
23568 Lübeck

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

An der ökologischen Wohnsiedlung Lübeck-Flintenbreite sollte das autark arbeitende, differenzierende Abwassersystem untersucht werden. Hier sollten die anaerobe Behandlung von Fäkalabwasser und Bioabfällen in einer Biogasanlage und die Reinigung des Grauwassers in den bewachsenen Bodenfiltern detaillierter betrachtet werden. Ziel war die Begleitung und Unterstützung des Einfahrbetriebs der Biogasanlage und die Überprüfung der Planungsannahmen auf der Basis der wissenschaftlichen Untersu-chungen und Begleitung. Weiterhin sollte der Betrieb in der Anfangsphase detaillierter überwacht, Betriebsempfehlungen ermöglicht und eine Abschätzung der Leistungsreserven zur Vergärung zusätzlicher externer Cosubstrate erbracht werden. Anhand der Ergebnisse sollten Empfehlungen für die Planung und Realisierung zukünftiger Abwasserkonzepte erarbeitet werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie während der Betriebszeit von fünf Jahren regelmäßig protokollierten Verbrauchsdaten (Wasser-, Energieverbrauch und Grau- und Schwarzwasseranfall etc.) und die bis dato gesammelten Erfahrungen wurden ausgewertet und interpretiert.
Es wurden zwei Messphasen durchgeführt, in denen aus den verschiedenen Teilströmen Proben entnommen und analysiert wurden. Es wurden Laboranlagen zur anaeroben Behandlung des aus der Siedlung entnommenen Schwarzwassers über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr betrieben und der Abbaugrad, die Biogasproduktion und die Zusammensetzung des Biogases untersucht. Durch eine Aufstockung der Anlagen mit Kohlenhydraten und Proteinen zur Nachbildung zusätzlicher externer Cosubstrate und der Zugabe von Harn-stoff sind Belastungsschwankungen untersucht worden. Auf der Basis dieser Ergebnisse wurden Massenbilanzen erarbeitet, um die Effektivität des teilstromorientierten Abwassersystems zu überprüfen. Im Rahmen einer Umfrage wurde das Nutzer- und Bewohnerverhalten erfragt. Eine ökonomische Bewertung des Abwassersystems gegenüber einer konventionellen Entsorgung wurde nach der Projektkosten-Barwertmethode vorgenommen.


Ergebnisse und Diskussion

Die Untersuchungen der anaeroben Behandlung der Fäkalabwässer und der Bioabfälle sollten an der Biogasanlage in der Siedlung Lübeck-Flintenbreite erfolgen. Mit Baubeginn dieser Siedlung im Jahr 1999 wurde auch die private Erschließung in großen Teilen fertig gestellt. Infolge der Insolvenz des Bauträgers im Februar 2001 ist jedoch erst etwa 1/3 der Wohneinheiten fertig gestellt (106 Einwohner). Aufgrund der geringen Bewohneranzahl wird daher nur ein bewachsener Bodenfilter betrieben. Aufgrund der geringen Einwohnerzahl kann derzeit die bereits fertig gestellte Biogasanlage noch nicht in Betrieb genommen werden. Daher wurden labortechnische Biogasanlagen, die mit dem Schwarzwasser aus der Siedlung beschickt wurden, über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr betrieben. Aufgrund der konjunkturell angespannten Situation der Bauwirtschaft war bis zum Projektende die Fortführung des Projekts mit einem neuen Bauträger noch nicht möglich. Trotzdem sind aus den Untersuchungen belastbare Ergebnisse ableitbar.
Durch das System der getrennten Erfassung von Grau- und Schwarzwasser ist das Grauwasser nur noch sehr schwach mit Nährstoffen belastet. Die abwasserbürtigen Nährstoffe: Stickstoff, Phosphor und Kalium finden sich zu 70 - 90 % im Schwarzwasser wieder. Das Grauwasser kann durch die bewachse-nen Bodenfilter erwartungsgemäß mit guten Ablaufqualitäten gereinigt werden und unterschreitet die Ablaufwerte konventioneller Kläranlagen. Lediglich die Phospatkonzentrationen sind signifikant höher, dies wird auf den erhöhten Einsatz von Geschirrspülmaschinenreinigungsmittel zurückgeführt. Die im Grau- und Schwarzwasser gemessenen Frachten liegen im weit gefächerten Bereich der Literaturwerte. Die erwarteten Mengen an Schwarz- und Grauwasser sind deutlich niedriger als erwartet, aufgrund des hohen Einsparpotenzials liegt der Trinkwasserverbrauch signifikant unterhalb des bundesweiten Durchschnitts.
Die alleinige anaerobe Behandlung von Schwarzwasser arbeitet stabil. Die Raumbelastung ist aufgrund des niedrigen TS-Gehalts im Schwarzwasser relativ niedrig. Trotz des suboptimalen C:N-Verhältnisses läuft der organische Abbau ungehemmt ab, die Gaserträge aus der alleinigen Schwarzwasserbehandlung sind allerdings sehr niedrig, daher ist die Zugabe von energiereichen Bioabfällen erforderlich. Die Raumbelastung kann kurzfristig um den Faktor ‚acht mit gesteigert werden und bewirkt eine zehnfach höhere spezifische Gasproduktion. Eine Hemmung der anaeroben Prozesse durch Ammonium/Ammoniak aus dem Urin tritt erst bei um 80 % erhöhten Ammoniumgehalten auf.
Die landwirtschaftliche Verwertung des behandelten Schwarzwassers ermöglicht die weitgehende Nutzung der aus menschlichen Ausscheidungen stammenden Nährstoffe.
Anhand von Kosten- und Barwertbetrachtungen ist auch für den Realisierungsmaßstab der Flintenbreite von etwa 350 Einwohnern eine Gleichwertigkeit gegenüber herkömmlichen Systemen nachweisbar, die bei höheren Investitionskosten aus den deutlich geringeren Betriebskosten rührt. Im Rahmen des integrierten Ver- und Entsorgungskonzept führt dies zu deutlich niedrigeren Betriebskosten für die Bewohner, die etwa 20 - 30 % unterhalb von Vergleichswerten liegen.
Auch ohne die Erfahrungen aus dem Betrieb der Biogasanlage in der Flintenbreite ist daher absehbar, dass das integrierte Ver- und Entsorgungskonzept der Wohnsiedlung Flintenbreite sowohl technisch als auch wirtschaftlich funktions- und tragfähig ist und zu einer deutlichen Entlastung der Emissionen in die Umwelt führt.
Der Information der Bewohner über die eingesetzten Techniken ist ein hoher Stellenwert beizumessen, da hierdurch die Zuverlässigkeit der Gesamtanlage beeinflusst wird.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Dem Projekt wird ein sehr großes Interesse entgegengebracht. Neben der Darstellung des Gesamtkonzepts durch Führungen vor Ort sind Handzettel angefertigt und diverse Veröffentlichungen erfolgt. Auf verschiedenen nationalen und internationalen Veranstaltungen wurde das Projekt durch Vorträge und Poster vorgestellt. So beispielsweise auch in dem DBU-Vorhaben Ökologische Siedlungsentwicklung im Spiegel aktueller Trends und Praxiserfahrungen.


Fazit

Die im Projekt erzielten Ergebnisse zeigen, dass ein teilstromorientiertes Abwasserkonzept technisch und ökonomisch machbar ist. Die Behandlung des Schwarzwassers durch anaerobe Behandlung ist auch ohne die Zugabe von Bioabfällen möglich, auch wenn zur Steigerung des Energieertrags die Zugabe von Cosubstraten sinnvoll ist. Die Emissionen in das Gewässer können durch die alleinige Behandlung des Grauwassers erheblich verringert werden.

Übersicht

Fördersumme

93.666,12 €

Förderzeitraum

14.08.2000 - 14.08.2001

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik