Erstmaliger technischer Einsatz des Biofilm-Filter-Sequencing-Batch-Reaktors (BFSBR) zur Stickstoffelimination und Filtration in der kommunalen und industriellen Abwasserreinigung
Projektdurchführung
farmatic biotech energy ag
Kolberger Str. 13
24589 Nortorf
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Kleine und mittlere Betriebe haben oft Schwierigkeiten, anfallende Abwasserströme zu behandeln, da diese in Konzentration und Menge diskontinuierlich und schwankend anfallen. Mit dem Biofilm-Filter-Sequencing-Batch-Reactor (BFSBR) können verschiedene Reinigungsprozesse in einem Reaktor durchgeführt werden. Dadurch ist es kleinen und mittleren Betrieben möglich, ihre Abwässer weitestgehend kostengünstig vorzubehandeln, womit letztendlich auf eine end of pipe-Behandlung verzichtet werden kann.
Ziel ist es, den neu entwickelten Biofilm-Filter-Sequencing-Batch-Reaktor unter den Bedingungen der praktischen Anwendung zu überprüfen. Hierzu sollen die Untersuchungen an einer Anlage im technischen Maßstab durchgeführt werden. Am Beispiel der Kommune Tönning, Schleswig-Holstein, mit rund 10.000 Einwohnern sollte die Einsatzfähigkeit und Tauglichkeit der Technologie insbesondere für den Bereich der kommunalen Abwasserbehandlung untersucht werden. Der Aspekt der Reinigung industrieller Abwasserströme wurde am Beispiel eines Industriebetriebs in Brunsbüttel untersucht.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm ersten Arbeitsschritt ist die technische Anlage des BFSBR zu erstellen. Hierbei wird der BFSBR - einer Teichkläranlage (9500 Einwohnerwerte) nachgeschaltet - zur vollen Nitrifikation und Filtration eingesetzt werden. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch die Delphin Umwelttechnik GmbH. Nach dem Einfahren der Nitrifikation werden die Umsatzleistungen und die Filtrationsleistungen der Anlage in Abhängigkeit der Zykluseinstellungen bestimmt. Dabei soll eine Stabilität der Leistungen der Anlage hinsichtlich der Anwendung in der Industrie in Abhängigkeit einer einfachen Steuerung der Anlage erreicht werden. Die Filtrationsleistung ist in Abhängigkeit der Standzeit und der Belastung zu bestimmen. Die Grenzen der Standzeiten sind hinsichtlich einer größtmöglichen Wirtschaftlichkeit zu ermitteln, um diesen zusätzlichen Reinigungsschritt, der erheblich zur Umweltentlastung beiträgt, für KMU akzeptabel zu gestalten. Einen wesentlichen Schwerpunkt werden die Untersuchungen zur Rückspülung darstellen. Das Ziel ist eine ausreichende Regeneration des Betts mit den zum Betrieb der Anlage vorhandenen Aggregaten zu erreichen. Damit kann u. U. auf die in der Regel teuren und energieintensiven Geräte zur konventionellen Rückspülung verzichtet werden. Um die beschriebenen Innovationen der Festbetttechnologie mit dieser Anlage in die Praxis zu übertragen, ist eine enge Zusammenarbeit der Kooperations-partner notwendig. Die Firma Farmatic wird durch Kenntnis der Bedürfnisse der KMU die Übertragbar-keit der von der Delphin Umwelttechnik erarbeiteten Innovationen überprüfen.
Ergebnisse und Diskussion
Die Zielsetzung der technischen Umsetzung des an der TU Hamburg-Harburg erfolgreich halbtechnisch erforschten Verfahrens wurde erreicht. Allerdings war hierzu die Verlängerung des Projektzeitraums notwendig. Die Gründe hierfür waren hauptsächlich bautechnische und verfahrenstechnische Probleme, die vollständig gelöst wurden.
In der technischen Anwendung haben sich die aus der halbtechnischen Anwendung gewonnenen Bemessungsparameter bestätigt. Der BFSBR hat sich als Alternative zu den herkömmlichen Lösungen in der kommunalen, aber insbesondere in der Industrieabwasserreinigung erwiesen. So konnte eine vollständige Nitrifikation für die 10.000-EW-Kläranlage Tönning mit der sehr kompakten Bauweise durch den BFSBR auch bei sehr niedrigen Temperaturen erreicht werden. Die zusätzliche Filtrationsleistung des BFSBR lag eindeutig über derjenigen vergleichbarer Verfahren. Durch das SBR-Verfahren im Biofilmbereich konnten verschiedene Verfahrensschritte integriert werden. Mit dem Bau der technischen Anlage wurde gleichzeitig eine technische Verbesserung der Bodenkonstruktion vorgenommen. Dies wurde auf Grund der Chance einer weiteren nachhaltigen Verbesserung des Verfahrens vorgenommen, obwohl dies letztendlich zur Verzögerung des Projekts geführt hat. Kennzeichen der neuen Bodenkonstruktion ist eine erhebliche Energieeinsparung, die ansonsten für die Rückspülung benötigt wird. Bisher musste die gesamte Leerrohrfläche beaufschlagt werden. Mit der Veränderung konnte die notwendige, auf die Gesamtfläche bezogene Spülwassergeschwindigkeit um 75 % verringert werden. Damit können zukünftig Investitionen in die Maschinentechnik reduziert werden.Die Anwendung der Online-Technik zur Messung und Überwachung der Prozesse der Reaktoren erwies sich aufgrund der großen Suspensafracht der zu analysierenden Proben als sehr schwierig. So musste zum dauerhaften Einsatz der Technik von Dead-End- auf Cross-Flow-Filtration umgestellt werden. Um die Effekte der Selbstreinigung nutzen zu können, musste der zu beprobende Kreislauf mit hoher Strömungsgeschwindigkeit versehen werden. Dies führte zu zusätzlichen Kosten bei Anschaffung und Betrieb der dazu nötigen Maschinenteile. Die Optimierung des Durchflusses des membranfiltrierten Probenstroms auf die Anforderungen der Online-Messgeräte war schwierig, konnte aber vollständig geleistet werden.
Das neue Rückspülverfahren wurde darüber hinaus auch in einem Reaktor der Condea Chemie GmbH, Brunsbüttel, zur Restreinigung von Ammonium und Verbesserung des Chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) eingesetzt. Ziel der Anlage war es, das gebrauchte Wasser, das bei der Produktion von Fettalko-holen, hochreinen Tonerden und anderen chemischen Erzeugnissen zur Anwendung in Tensiden, Kunststoffen, Schmiermitteln, sowie zur Herstellung von Katalysatoren in Kraftfahrzeugen benötigt wird, als Betriebswasser wiederzuverwenden. Der Reaktor war der betriebseigenen Belebtschlamm-Kläranlage nachgeschaltet und zeigte gute Reinigungsleistungen. Da aus der Nachklärung phasenweise abtreibender Belebtschlamm den Biofilter überlastete und zudem der neue Firmenbesitzer das Projekt nicht weiter unterstützte, wurde der Biofilter wieder demontiert.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
- 11. Fachtagung Weitergehende Abwasserreinigung als Beitrag zum Schutz von Nord- und Ostsee im November 1998
- Symposium Kostensenkende Konzepte und Fortschritte in der Abwassertechnik, März 1999, Neumünster
- Brinke-Seiferth, S., Behrendt, J. & Sekoulov, I. (1999): The biofilm filter sequencing batch reactor (BFSBR). Water Science Tech. 39 (8): 77-83
- IFAT 1999, München- Pollutech Lyon (Frankreich), 2000
- Terra Tech 2001, Leipzig
Fazit
Das BFSBR-Verfahren zeichnet sich durch extrem hohe Flexibilität aus. So ist das System aufgrund der Umschaltmöglichkeit vom SBR-Verfahren auf Durchlaufbetrieb für verschiedene Anforderungen und Gegebenheiten einsetzbar. Dieses ist ein weiterer Vorteil des BFSBR. Das Verfahren wurde als Festbettreaktor in Lis Sado (Portugal) zur Aufbereitung von Tankwaschwasser realisiert und liefert hervorragende Ergebnisse. Weitere Projekte zur Aufbereitung von Abwässern der Textilindustrie laufen. Aufgrund des technisierteren Verfahrens im Vergleich zu konventionellen Abwasserreinigungsanlagen ist die Akzeptanz des BFSBR-Verfahrens in Industrieberieben mit entsprechender Betreuung größer als in kommunalen Kläranlagen.
Fördersumme
380.234,99 €
Förderzeitraum
01.11.1998 - 31.03.2001
Bundesland
Schleswig-Holstein
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umwelttechnik