Modellhafte Konzeptentwicklung zur Optimierung von Erhaltungsbedingungen eines national wertvollen Buchbestandes in der umweltgeschädigten Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar
Projektdurchführung
Stiftung Weimarer Klassik und KunstsammlungenDirektion Bauten und Gärten
99401 Weimar
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Aus Anlass der Restaurierung des Rokoko-Bibliothekssaales der Herzogin Anna Amalia Bibliothek sollten mit dem Projekt folgende Ziele erreicht werden:
- Minderung der schädlichen Umwelteinflüsse auf die wertvolle Ausstattung durch innovative bauklimatische Konzepte u. objektangepasste technische Lösungen
- Einrichtung eines effektiven und langfristig verlässlichen Klima-Managements
- Entwicklung des konzeptionellen Ansatzes zum Umgang mit vergleichbaren Objekten
- Transfer der Ergebnisse durch Entwurf eines Handlungsleitfadens
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Bestandsaufnahme u. Dokumentation von Bauwerk, Raumhülle, Büchern, Raumausstattung u. Farbfassung
2. Untersuchungen u. Messungen zum Raumklima
- einjährige Messung der Klimaparameter (Feuchte, Temperatur innen u. außen, Verlaufskurven, Kennwerte )
- thermische und hygrische Klassifizierung
- Luftwechselmessung durch Blower-Door- u. Tracergasmessung
- Ermittlung des Sorptionspotentials an einem Messbuch
3. Rechentechnische Klimasimulation
Ergebnisse und Diskussion
Das bestehende Raumklima im Rokokosaal ist, obwohl nicht normgerecht, generell förderlich für den Schutz und Erhalt von Gebäude, Inventar und Buchbestand. Das Bibliotheksklima in Schaumagazinen ist charakterisiert durch ein niedriges und im Jahresverlauf ausgeglichenes Feuchteniveau mit starker Dämpfung von dynamischen Feuchtebelastungen. Ursache für diese Feuchtestabilität ist vor allem die Feuchtesorption der inneren Speichermassen, also von Büchern und Interieur. Durch die große Oberfläche der Speichermassen (Buch u. Ausstattung) ist die Feuchtebelastung für das einzelne Buch gering.
Nach der Restaurierung und Sanierung des Gebäudes sind im Rokokosaal die an sich widersprüchlichen Nutzungen als Bibliothek/Bücherarchiv und öffentliches Buchmuseum unter Beachtung der kritischen Klimagrenzwerte miteinander vereinbar. Auf eine Vollklimatisierung des historisch bedeutsamen Raumensembles kann dabei verzichtet werden. Die Temperierung des Raumes sollte bei - 15 °C Außentemperatur im Inneren + 10 °C nicht übersteigen. Unter Beachtung einer Grundlüftung des Saales kann so Tauwasseranfall vermieden werden. Gefährdete Stellen, wie etwa die Fenstergewände, sollten direkt erwärmt bzw. temperiert werden. Die Anzahl der Besucher spielt bei den jetzt vorhandenen Luftwechselzahlen keine derart entscheidende Rolle wie ursprünglich angenommen. Der Feuchteeintrag durch die maximal 90.000 Besucher im Jahr hat keinen signifikanten Einfluss auf die Feuchtebilanz. Im Falle kritischer Sommertage (schwülwarme Außenluft) mit gleichzeitigem Wunsch nach touristischer Nutzung sind mobile Geräte zur kurzfristigen Entfeuchtung notwendig bzw. muss der Saal geschlossen werden. Auf der Grundlage der tatsächlichen Klimawerte und der zu berechnenden Sorption können natürliche und kontrollierte Lüftung bzw. mobile Hilfsgeräte gezielt und variabel eingesetzt werden.
Die in den Simulationsrechnungen ermittelte langfristig positive Feuchtebilanz ist in der Praxis zu überprüfen. Im Zuge der Projektbearbeitung sind weitere vertiefende Untersuchungen, insbesondere am Messbuch vorzunehmen und die unterschiedlichen Einbandmaterialien bezüglich der Sorptionsfähigkeit zu bewerten. Im Expertenkolloquium wurde trotz der positiven Gesamteinschätzung des Projektergebnisses auf die Komplexität des Raumklimas und auf die Gefährdungsmöglichkeiten der historisch wertvollen Ausstattung hingewiesen. Das Projekt hat bereits auf dieses Problem reagiert. Gerade die positive Wirkung der Ausstattung auf ein ausgeglichenes Raumklima und die nur geringfügige Anhebung der Temperatur im Winter erfordert nur eine Unterstützung des natürlich vorhandenen Raumklimas durch Lüftung u. mobile Geräte für die Spitzenzeiten.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Durchführung eines Expertenkolloqiums mit Experten verschiedener Fachrichtungen und Institutionen am 27.02.2003 vor endgültigem Abschluss des Förderprojektes.
Fazit
Im Rahmen des Projektes wurde der Nachweis erbracht, dass im historischen Bibliotheksschaumagazin bei nur geringen technischem Einsatz ein stabiles, die Ausstattung und das Gebäude schonendes Klima erreicht werden und neben der Archivfunktion die Museumsfunktion gewährleistet werden kann.
Fördersumme
91.009,95 €
Förderzeitraum
27.01.1999 - 01.03.2003
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter
Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik