Projekt 13227/01

örderschwerpunkt Biotechnologie: ChemBioTec: Enzymatische Umsetzung von Abietinsäure und analoger Verbindungen aus Nadelbäumen mittels bakterieller Cytochrom P450-Enzyme zur Produktion neuer Wirkstoffe für die Pharma-, Lebensmittel-, Pflanzenschutzm[…]

Projektdurchführung

Universität des Saarlandes Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät III Lehrstuhl für Biochemie
66041 Saarbrücken

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Diterpene wie Abietinsäure werden in Nadelbäumen als Verteidigungsstoffe gegen Schädlinge wie Insekten, Pilze etc. gebildet. Darüber hinaus haben sie biotechnologische Bedeutung als Synthons für die Synthese biologisch aktiver Naturstoffe sowie als therapeutisch wirksame Substanzen (antibakteriell, antiviral). Das Projekt soll (1) die Möglichkeiten der Umsetzung von Abietinsäure und seiner Analoga und Derivate mit dem Enzym CYP106A2 untersuchen; (2) die gebildeten Produkte charakterisieren und (3) die Anwendbarkeit der Umsetzungen bzw. Produkte für umweltschonende biotechnologische Verfahren prüfen. Bisherige chemische Verfahren beschreiben für die Hydroxylierung der Abietinsäure den Einsatz des hochgiftigen OsO4 als Katalysator. Der Einsatz einer enzymatischen Reaktion wäre daher viel umweltschonender.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Arbeitsschritte beinhalten die folgenden Aufgaben und zu verwendenden Methoden:
1) Herstellung einer ausreichenden Menge der durch CYP106A2 umgesetzten Abietinsäure und Aufklärung der Struktur des Produkts.
2) Etablierung der Methodik für die Identifizierung des Produktes/der Produkte.
Hier muss untersucht werden, inwieweit HPLC und MS für die Identifizierung ausreichend sind oder ob NMR-Analysen notwendig werden. Die Entscheidung hängt u. a. von der Frage ab, welche Derivate als Standards erhältlich sind.
3) Herstellung einer ausreichenden Menge der durch CYP106A2 umgesetzten Abietinsäure-Analoga und Aufklärung der Struktur der Produkte.
4) Einsatz von aktiven CYP106A2-Mutanten zur Synthese von Abietinsäure-Derivaten mit geänderter Hydroxylierungsselektivität im Vergleich zum Wildtyp-CYP106A2.
5) Analyse potenzieller Anwendungsmöglichkeiten der Produkte in der Biotechnologie.


Ergebnisse und Diskussion

Das in vitro-Screening der Terpenoid-Bibliothek mit CYP106A2 ergab, dass insgesamt 24 Diterpenoide von dem Enzym umgesetzt werden können. Darüber hinaus konnte der Umsatz von Abietinsäure sowie 15 weiterer Diterpenoide durch das bakterielle CYP105A1 aus Streptomyces griseolus nachgewiesen werden.
Die Etablierung eines Protokolls für den in vivo Umsatz von Abietinsäure in Bacillus megaterium war erfolgreich und die Reaktionsprodukte konnten nach ihrer Isolierung und Reinigung mittels NMR identifiziert werden. Die so gezeigte regioselektive allylische Hydroxylierung der Abietinsäure durch CYP106A2 ist sehr interessant, da sie über herkömmliche organische Synthese nur schwer bewerkstelligt werden kann. So werden für die allylische Hydroxylierung von Terpenen unter anderem Methoden unter Verwendung von Selendioxid beschrieben, welche jedoch auf Grund der möglichen Bildung von sehr giftigen Organoselenverbindungen recht problematisch sind.
Für den Abietinsäure-Umsatz mit CYP105A1 wurde ein weiteres Ganzzellsystem in Escherichia coli entwickelt. Auch dieses System ermöglichte die Herstellung des Reaktionsproduktes von Abietinsäure mit CYP105A1 in ausreichendem Maße für eine anschließende Strukturaufklärung mittels NMR. Es konnte gezeigt werden, dass es sich bei dem Produkt um 15-Hydroxyabietinsäure handelt. Dies ist insofern sehr interessant, als dass ein sehr ähnliches Oxidationsprodukt der Abietinsäure, die 15 Hydroperoxyabietinsäure (15-HPA), vor einiger Zeit als das Hauptallergen von Kolophonium identifiziert wurde. Da Kolophonium in einem breiten Spektrum von Produkten des täglichen Lebens vorhanden ist und dessen Hautunverträglichkeit zu den fünf häufigsten Kontaktallergien gehört, besteht ein großes Interesse an diesem Molekül. Der von uns gezeigte Umsatz durch das bakterielle Cytochrom P450 in Kombination mit anschließender Reaktion zum 15-Hydroperoxid ist somit eine ernstzunehmende Alternative für die Herstellung dieser interessanten Substanz.
Des Weiteren wurden Untersuchungen über die strukturellen Grundlagen der Substratbindung von Diterpenoiden durch CYP105A1 und CYP106A2 angestellt. In diesem Zusammenhang wurden erste Screening-Experimente zur Kristallisation der beiden Enzyme durchgeführt. Aus beiden Proteinen konnten erfolgreich Proteinkristalle gezüchtet werden, was einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Strukturaufklärung bedeutet.
Insbesondere durch die Entwicklung der potenten Ganzzellsysteme für die Biotransformation der Substrate in Bacillus megaterium und Escherichia coli wurde eine hervorragende Ausgangslage für die Untersuchung weiterer potentieller Substrate der bakteriellen Cytochrome geschaffen. Darüber hinaus sollte in weiterführenden Arbeiten untersucht werden, in wieweit sich die Enzyme bzw. die Ganzzellsysteme zur Detoxifikation eignen, denn große Mengen von Harzsäuren stellen auf Grund ihrer Toxizität nach wie vor ein großes Problem für Gewässer, insbesondere durch Einleitung von Abwässern der Papier- und Zellstoffverarbeitenden Industrie, dar.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Teile der Projektergebnisse wurden auf der 17th International Conference on Cytochrome P450 vorgestellt. Es entstand außerdem eine Publikation, welche in ChemBioChem veröffentlicht wurde. Eine weitere Publikation befindet sich in der Vorbereitung.


Fazit

Im Rahmen des Projektes wurden mehrere neue Substrate aus der Klasse der Diterpenoide für das CYP106A2 nachgewiesen. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass das bakterielle CYP105A1 ebenfalls in der Lage ist, die Abietinsäure sowie eine Reihe weiterer Diterpenoide umzusetzen. Um ge-nauere Untersuchungen der Produkte durchführen zu können, wurden zwei effiziente Ganzzellsysteme für Bacillus megaterium bzw. Escherichia coli mit relativ hoher Produktausbeute entwickelt. Die Analyse der Produkte zeigte, dass es sich um für die Allergieforschung relevante Substanzen handelt, die auf chemischem Wege nur sehr schwer zu synthetisieren sind. Die entwickelten Ganzzellsysteme stellen somit nicht nur eine kostengünstigere und schnellere, sondern auch ökologisch deutlich bessere Alternative zur Herstellung dieser Substanzen dar.

Übersicht

Fördersumme

119.000,00 €

Förderzeitraum

01.10.2009 - 30.09.2011

Bundesland

Saarland

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik