örderschwerpunkt Biotechnologie: Entwicklung eines innovativen Verfahrens zur kombinierten Selektion und in vivo Evolution von Esterasen mit dem Ziel der Veränderung ihrer Enantioselektivität am Beispiel der rekombinant in E. coli vorliegenden Ester[…]
Projektdurchführung
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Institut für Biochemie
Abt. Biotechnologie und Enzymkatalyse
Felix-Hausdorff-Str. 4
17487 Greifswald
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel dieses Projekts ist die Veränderung der Substratspezifität von Esterasen gegenüber chiralen Ver-bindungen (Carbonsäuren, Alkohole) mit der Methode der in vivo Evolution. Hierzu stehen mehrere rekombinante Esterasen im Arbeitskreis zur Verfügung (BsubE = Bacillus subtilis Esterase, BsteE = Bacillus stearothermophilus Esterase, BS2 = Esterase aus Bacillus subtilis, SDE = Streptomyces diastatochromogenes Esterase [5, 6] und PLE = Pig Liver Esterase). Der Schwerpunkt soll jedoch auf einer Esterase aus Pseudomonas fluorescens SIKW1 (PFE-I), kloniert in E. coli, liegen.
Die gerichtete Evolution von Enzymen ist eine sehr aktuelle Methode, bei der zunächst Mutationen - meist durch eine error-prone PCR - in vitro eingeführt und die daraus resultierenden Mutantenbibliotheken anschließend mittels Hochdurchsatzscreening auf gewünschte Varianten durchmustert werden. Obwohl es eine ganze Reihe eindrucksvoller Beispiele für die erfolgreiche Anwendung dieser Methode gibt, fehlt jedoch der in der Natur erfolgende evolutive Druck (survival of the fittest).
Zur Einführung eines solchen evolutiven Drucks bietet sich die Verwendung des Mutationsstamms oder die Zugabe von chemischen Mutagenen an. Um die Richtung der Mutationen zu beeinflussen, werden dabei speziell ausgewählte Substrate zu einer Kultivierung im Minimalmedium zugegeben. Zum Beispiel kann die Spaltung des einen Enantiomers eine Kohlenstoffquelle liefern, die des anderen ein Antibiotikum oder ein toxisches Produkt freisetzen (Prinzip: Zuckerbrot und Peitsche). Diese Strategie ist der Kern dieses Projekts.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFolgende Methoden wurden angewendet: Synthese von chiralen 3-Phenylbuttersäureestern, Chiralanalytik mit HPLC, GC-FID und GC-MS, enzymatische Hydrolyse von chiralen Carbonsäureestern im analytischen und präparativen Maßstab, Derivatisierung von Carbonsäuren zu den korrespondierenden Estern zur chiralen GC-Analyse, Enzymscreening im analytischen Maßstab, Zellanalyse mittels Durch-flusszytometer, verschiedene molekularbiologische und proteinbiochemische Methoden.
Ergebnisse und Diskussion
Im Rahmen dieses Projekts sollte ein in vivo Selektionssystem etabliert und dessen Validierung durchgeführt werden. Die neuartige Methode wurde am Beispiel der Selektion von Esterasevarianten mit erhöhter Enantioselektivität gegenüber 3-Phenylbuttersäureester getestet. Geeignete Positiv- und Negativkontrollen in Form von enantioselektiven und nicht-enantioselektiven Esterasevarianten (Pyrobaculum calidifontis Esterase pEST vs. Bacillus subtilis Esterase BS2) konnten identifiziert und in dem bevorzugten E. coli-Stamm (E. coli JM109(DE3)) exprimiert werden. Diese ausgewählten Kontrollen wurden anschließend zur Validierung der Methode eingesetzt.
Zu Beginn des Projekts wurden strukturell ähnliche Selektionsmoleküle ausgewählt, also chirale Moleküle, die einen Selektionsdruck auf die Bakterien ausüben. Der sogenannte Positivimpuls ist die Kohlenstoffquelle (C-Quelle) Glycerol, und den sogenannten Negativimpuls stellen bromierte Glycerolderivate dar, die in einem Vorscreening mit verschiedenen halogenierten Glycerolderivaten getestet und wegen ihrer geringen Minimalen Hemm-Konzentration (Minimal Inhibitory Concentration, MIC) von 5-10 mM für E. coli JM109(DE3) ausgewählt wurden. Die Synthese der Selektionssubstrate war erfolgreich und die neuen Substanzen wurden anschließend charakterisiert. Nach Veresterung der (R)-und (S)-Enantiomere von 3-Phenylbuttersäure an Positiv- und Negativimpuls erhielt man die Selektionsester, bei deren enzymatischer Hydrolyse entweder eine C-Quelle oder ein Toxin freigesetzt wird. Weiterhin wurden die Kultivierungsbedingungen angepasst, um ein wässriges System zu erhalten, in dem die Bakterien in Gegenwart der Selektionssubstrate leben und sich vermehren können, was eine Interaktion mit den Zellen erlaubt.
Als die Grundlagen für das System etabliert waren, konnte der nächste Selektionsschritt mit dem Durchflusszytometer durchgeführt werden, die Anwendung der Methode für das Hochdurchsatzscreening, was das finale Ziel des Projekts darstellt.
Hierbei wurden verschiedene Systeme zur Detektion von Bakterien und der Unterscheidung ihres metabolischen Zustands im Durchflusszytometer erprobt und für die Unterscheidung ihrer verschiedenen physiologischen Zustände hinsichtlich ihrer Effektivität überprüft. Die Kombination der DNA Farbstoffe Syto9 und Propidiumiodid wurde als am besten geeignet festgestellt. Im Folgenden wurden Positiv- und Negativkontrolle in dem Selektionssystem separat kultiviert und mit dem Durchflusszytometer analysiert. Man konnte dabei beobachten, dass das gewünschte unterschiedliche Verhalten mit der Enantioselektivität der jeweils exprimierten Esterase korreliert. Anschließend wurde eine Mischung von Positiv- und Negativkontrolle zusammen in selektivem Medium kultiviert und nach der Analyse mit dem Durchflusszytometer konnten die metabolisch aktivsten Klone sortiert und analysiert werden. Dabei konnte erfreulicherweise eine Anreicherung der Positivkontrolle (pEST) gegenüber der Negativkontrolle (BS2) festgestellt werden, was den ersten Schritt für die erfolgreiche Validierung der Methode darstellt.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Im Rahmen des Projekts wurde an Fachvorträgen auf folgenden Tagungen teilgenommen: Biotrans2007 (Oviedo, Spanien), Biocat2008 (Hamburg). Ein Ergebnis des Projekts wurde in einer internationalen Fachzeitschrift mit Peer-Review-Begutachtung publiziert:
Fernandez-Alvaro, E., Kourist, R., Winter, J., Böttcher, D., Liebeton, E., Eck, J., Naumer, C., Jäger, K.E., Streit, W., Bornscheuer, U.T. (2009): Enantioselective kinetic resolution of phenylalkyl carboxylic acids using metagenome-derived esterases, Microb. Biotechnol., online.
Fazit
Ein in vivo Selektionssystem zum Auffinden hochselektiver Esterasevarianten gegenüber 3-Phenylbuttersäureestern konnte für eine Positiv- (selektive Esterase, pEST) und eine Negativkontrolle (unselektive Esterase, BS2) etabliert und validiert werden. Die Durchmusterung von durch Sättigungsmutagenese erstellten Mutantenbibliotheken ergab bislang keine selektiveren Enzymvarianten. Die Anwendung einer in vivo Mutagenese (z. B. durch UV-Licht oder chemischen Mutagenen) und die Kombination mit der Selektionsmethode konnte innerhalb der Projektlaufzeit leider nicht erreicht werden.
Fördersumme
125.000,00 €
Förderzeitraum
01.05.2007 - 30.04.2009
Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik