Förderschwerpunkt Biotechnologie: Identifizierung, Charakterisierung und Bereitstellung thermostabiler Cellulasen für den innovativen und umweltschonenden Ansatz des thermisch-enzymatischen Aufschlusses von Cellulose
Projektdurchführung
TuTech Innovation GmbH
Harburger Schloßstr. 6 - 12
21079 Hamburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Konversion von nachwachsenden Pflanzenmaterialien zu Bioethanol ist häufig noch nicht wirtschaftlich genug, da effiziente Enzymsysteme fehlen, um die Cellulose zu hydrolysieren und damit für die etha-nolische Gärung verfügbar zu machen. Die Zahl der kommerziell erhältlichen Cellulasen ist sehr begrenzt und in der Regel handelt es sich um Enzyme des mesophilen Pilzes Trichoderma reesei. Um die Cellulose für den enzymatischen Abbau zugänglich zu machen, wird meistens ein thermischer Hydrolyseschritt vorgeschaltet. Nachteil dieses Verfahrens ist die Bildung toxischer Nebenprodukte (Hydroxymethylfurfural, Furfural) und die sequentielle Vorgehensweise in zwei getrennten Schritten (thermische Hydrolyse + enzymatische Hydrolyse). In diesem Projekt soll daher ein Set geeigneter Enzymsysteme für die Bioethanolproduktion bereitgestellt werden, die die thermische und enzymatische Hydrolyse in einem Schritt bei Temperaturen zwischen 100°C - 200°C ermöglichen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFür die kombinierte thermische und enzymatische Hydrolyse sollten neuartige Enzymsysteme aus ther-mophilen Mikroorganismen identifiziert, isoliert und untersucht werden. Dazu wurden Boden- und Was-serproben, die aus heißen Quellen der Azoreninsel Sao Miguel genommen wurden, für die Anreicherung cellulaseabbauender Mikroorganismen eingesetzt. Die aus den Anreicherungskulturen erstellten Microcom-Genombanken dienten als Quelle neuartiger thermostabiler Cellulasen. Zur Identifizierung weiterer cellulolytischer Enzyme wurden Reinkulturen der extremophilen Bakterien Anaerobranca gottschalkii und Fervidobacterium gondwanense untersucht. Die neu entdeckten Enzyme sollten unter Bedingungen ge-testet werden, wie sie im Projekt AZ 13157 (Integriertes Verfahren zur Gewinnung von Bioethanol aus nachwachsenden Rohstoffen: Verwertung von Roggenganzpflanzen durch innovativen thermisch-enzymatischen Aufschluss bei gleichzeitiger Biokonversion zu Ethanol und vollständiger Nutzung des Ligninanteils) vorherrschen (Temperatur bis 200°C, 100 bar Druck)
Ergebnisse und Diskussion
Die auf der Azoreninsel Sao Miguel gewonnenen Boden- und Wasserproben aus heißen Quellen (60°C - 90°C) Proben wurden aerob und anaerob auf Cellulose und Hemicellulose bei 70°C angereichert. Durch Herstellung von Microcom-Genombanken aus den Anreicherungskulturen der Azorenproben wurden drei thermostabile Cellulasen durch ein aktivitätsbasiertes Screening bei 70°C identifiziert. Die für die Cellulasen kodierenden Gene wurden umkloniert und erfolgreich in E. coli exprimiert. Die rekombinanten Cellulasen wurden gereinigt und biochemisch charakterisiert. Durch eine vergleichende Untersuchung der Cel-lulasen wurde ein geeignetes Enzym ausgewählt, das durch Hochzelldichtefermentation im Großmaßstab produziert wurde. Dieses Enzym wurde im Hochtemperatur-Druckreaktor zur Hydrolyse von Roggenstroh eingesetzt.
Das Genom des thermoalkaliphilen Bakteriums Anaerobranca gottschalkii enthält zwei offene Leserah-men, die für putative Endoglucanasen kodieren. Die für die Endoglucanasen kodierenden Gene wurden kloniert und die rekombinanten Enzyme erfolgreich in aktiver Form in E. coli exprimiert.
Durch ein aktivitätsbasiertes Screening der Genbank des thermophilen anaeroben Bakteriums Fervidobacterium gondwanense wurde eine weitere thermoaktive Cellulase identifiziert. Das Cellulase-Gen wur-de umkloniert und erfolgreich in E. coli exprimiert. Die Cellulase wurde anschließend für die kombinierte thermisch-enzymatische Hydrolyse von Roggenstroh eingesetzt.
Die identifizierten thermostabilen Cellulasen sind in einem breiten Temperatur- (40°C - 120°C) und pH-Bereich (pH 3 - pH 10) aktiv und nutzen ein weites Spektrum an löslichen und unlöslichen Cellulose-Substraten.
Die neu entdeckten Enzyme wurden dem Projekt AZ 13157 (Integriertes Verfahren zur Gewinnung von Bioethanol aus nachwachsenden Rohstoffen: Verwertung von Roggenganzpflanzen durch innovativen thermisch-enzymatischen Aufschluss bei gleichzeitiger Biokonversion zu Ethanol und vollständiger Nut-zung des Ligninanteils) zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wurden die cellulolytischen Enzyme der Bio-catCollection (AZ 13131) zur Verfügung gestellt, um sie den Hochschulen und der Industrie verfügbar zu machen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Präsentationen
Katzer, M., Stößer, N., Minow, B. and Antranikian, G.: Microbial community genomics (Microcomgenomics) for discovery of novel cellulases. Poster VAAM Tagung, Osnabrück, 01.-04.04.2007.
Piela, B. and Antranikian, G.: Novel thermoactive cellulases from the anaerobic thermophilic bacteria Anaerobranca gottschalkii and Fervidobacterium gondwanense. Vortrag VAAM Tagung, Osnabrück, 01.-04.04.2007.
Antranikian, G. (2008): Industrial relevance of thermophiles and their enzymes. In: Thermophiles - Biol-ogy and Technology at high temperatures. Eds. Robb, F. et al., CRC Press, Boca Raton: Taylor & Fran-cis. S.113-160.
Fazit
Die Meilensteine des Projekts wurden weitestgehend erreicht. Für die Herstellung von Anreicherungs- und Reinkulturenkulturen wurden die auf den Azoren gewonnenen Proben sowohl aerob als auch anae-rob auf verschiedenen Cellulose-Substraten angereichert. Der Einsatz von Microcomgenomics erwies sich dabei als sehr erfolgreich, so konnten durch die kombinierte Anreicherung und Herstellung von Metagenombanken aus Mischkulturen drei neuartige cellulolytische Enzyme identifiziert werden. Auf die Iso-lierung von celluloseabbauenden Reinkulturen wurde verzichtet, da durch das Screening der Microcom-Genombanken die Cellulasen bereits in rekombinanter Form identifiziert und isoliert wurden und somit gewährleistet wurde, dass die Proteine erfolgreich in E. coli exprimiert werden. Alternativ dazu wurde die Reinkultur des thermoalkaliphilen Bakteriums Anaerobranca gottschalkii auf cellulolytische Aktivität un-tersucht, wobei eine weitere Cellulase identifiziert werden konnte. Die Untersuchung von Enzymmischun-gen wurde nicht durchgeführt, da die identifizierten Cellulasen Endoglucanase-Aktivität zeigen und die weiteren, am Celluloseabbau beteiligten Enzyme (Exoglucanase, b-Glucosidase) bislang nicht identifiziert werden konnten. Zur Identifizierung weiterer cellulolytischer Enzyme wurde eine Genbank aus dem thermophilen Bakterium Fervidobacterium gondwanense erstellt, deren Screening zur Identifizierung einer weiteren rekombinanten Cellulase führte. Die Reinigung und Charakterisierung des Enzyms wurde ebenfalls erfolgreich abgeschlossen.
Fördersumme
125.000,00 €
Förderzeitraum
01.01.2006 - 30.06.2008
Bundesland
Hamburg
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik