Förderschwerpunkt Biotechnologie: ICBio: Einsatz effizienter Expressionssysteme für die Produktion von Biokatalysatoren aus extremophilen Bakterien und Archaea
Projektdurchführung
TuTech Innovation GmbH
Harburger Schloßstr. 6 - 12
21079 Hamburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Anwendung von Biokatalysatoren in biotechnologischen Produktionsverfahren führt vielfach zu einer besseren Ausnutzung von Rohstoffen, einer Minimierung von Schadstoffemissionen und einer Herabsetzung des Energieverbrauchs bei gleichzeitig verbesserter Produktqualität und -reinheit. Aufgrund dieser Vorteile wird der Einsatz von Enzymen in industriellen Prozessen, in denen zz. noch chemische oder physikalische Verfahren dominieren, weiter zunehmen. Es ist daher von besonderer Relevanz, effiziente Expressionssysteme in mesophilen Wirtsorganismen zu optimieren und einzusetzen, um so die natürlichen Quellen von Biokatalysatoren - insbesondere extremophile Mikroorganismen - für Umwelt und Gesellschaft zu nutzen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Zuge des Projekts wurden aus extremophilen Mikroorganismen mit Hilfe molekularbiologischer Methoden Lipasegene erfolgreich kloniert und rekombinant in mesophilen Produktionsstämmen exprimiert.
Zur Produktion und Sekretion hitzestabiler rekombinanter Biokatalysatoren wurden die grampositiven Bakterien Staphylococcus carnosus und Bacillus subtilis sowie das alternative System der Hefe Pichia pastoris verwendet. Die im Rahmen des Vorhabens gewonnenen Erkenntnisse mit Lipasen können modellhaft auf andere biotechnologisch relevante Biokatalysatoren übertragen werden.
Des Weiteren sollte die Ausbeute an rekombinanten Lipasen durch optimierte Fermentationstechniken im 1 l- und 20 l-Maßstab erhöht werden. Hierzu wurden Parameter wie beispielsweise Temperatur, Rührerdrehzahl, Begasung und Induktionszeitpunkt untersucht. Zusätzlich sollte die technische Anwendbarkeit ausgewählter rekombinanter Enzyme getestet werden.
Die Hochdurchsatz-Bioproduktion von Lipasen setzt deren kontinuierliche Entfernung aus dem Bioreaktor voraus. Gleichzeitig muss der das Enzym sekretierende Mikroorganismus im Reaktor zurückgehalten werden, um möglichst hohe Zelldichten zu erzielen. Dies sollte im Rahmen des Projekts durch neuartige keramische Membranen und Membranmodule im Fermenter realisiert werden.
Ergebnisse und Diskussion
In der Arbeitsgruppe von Prof. Freudl am Institut für Biotechnologie 1 des Forschungszentrums Jülich wurden zwei Modell-Lipasen, die extrazelluläre Lipase GTL aus Geobacillus thermoleovorans IHI-91 sowie die im Cytosol lokalisierte Lipase TSL aus Thermoanaerobacter thermohydrosulfuricus mit Sec- bzw. Tat-Weg spezifischen Exportsignalen versehen. Durch die Klonierung solcher Genkonstrukte konnte eine sekretorische Proteingewinnung erreicht werden. Die rekombinanten Lipasen konnten über den generellen Sekretionsweg (Sec-Weg) oder über den alternativen Tat-Weg (twin-arginine-translocation) aus den Gram-positiven Produktionswirten Staphylococcus carnosus und Corynebacterium glutamicum in den Kulturüberstand sekretiert werden. In der von Dr. Thomas Schäfer geleiteten Abteilung Bacterial Discovery Unit (Novozymes) wurde die Lipase aus T. thermohydrosulfuricus ohne Signalsequenz in Bacillus subtilis kloniert und extracellulär expremiert.
Die Arbeitsgruppe Technische Mikrobiologie von Prof. Antranikian an der TU Hamburg-Harburg hat sich der Arbeit mit Lipasen aus thermophilen und psychrophilen Organismen gewidmet. Die Klonierungen der Lipasen aus den anaeroben thermophilen Organismen, Caldanaerobacter subterraneus subspec. tengcongensis, Thermoanaerobacter thermohydrosulfuricus in E. coli in den Expressionsvektor pETBlue-1 wurden erfolgreich abgeschlossen. Die Lipasen wurden unter der Kontrolle des T7lac-Promotors intrazellulär exprimiert. Die rekombinanten Enzyme wurden durch eine hydrophobe Interaktions- und eine Gelfiltrationschromatographie aufgereinigt und anschließend charakterisiert. Die aufgereinigten rekombinanten Enzyme sind aktiv im Temperaturbereich von 40 bis 90 °C. Die Lipasen aus C. subterraneus subspec. tengcongensis und aus T. thermohydrosulfuricus sind aktiv in dem pH-Bereich von 6,5 bis 10,0. Eine kälteaktive Lipase aus der psychrophilen Hefe Mrakia gelida konnte aus dem Kulturüberstand des Wildtyps mit einem Reinigungsschritt isoliert werden. Diese psychrophile Lipase wurde anschließend charakterisiert. Mit Hilfe von degenerierten Primern und inverser PCR sowie einigen Primer-walking Schritten konnte eine Lipasegen-Sequenz ermittelt werden. Das hypothetische Lipasegen ist bereits in E. coli kloniert. Die Klonierung der Lipase aus dem thermoalkaliphilen Organismus Anaerobranca gottschalkii in das Expressionssystem der Hefe Pichia pastoris war ebenfalls erfolgreich. Die rekombinante Lipase wurde mittels hydrophober Interaktions- und Gelfiltrationschromatographie gereinigt und anschließend charakterisiert. Pichia pastoris lässt sich als bereits etabliertes Expressionssystem problemlos im Fermenter kultivieren. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner Prof. Chmiel, Gesellschaft für umweltkompatible Prozesstechnik mbH an der Universität des Saarlandes, wurde eine keramische Mehrkanal-Flachmembran in einen Versuchsfermenter integriert. Mit Hilfe der in den Fermenter integrierten Dialysemembran wurde eine extrazelluläre Lipase aus T. brockii subsp. brockii aus dem laufenden Produktionsprozess entnommen.
Die neuartige keramische Mehrkanal-Flachmembran (Patent-Nr. DE 197 49 411.0) wurde innerhalb des Projekts hinsichtlich der Trenneigenschaften (Porendurchmesser) und der Wechselwirkung mit dem Kulturmedium (Fouling) optimiert. Zusätzlich wurden an die Fermentationsbedingungen angepasste sterilisierbare Module entwickelt (Patent-Nr. DE 197 49 411.0). Der Einsatz der Membran und der Membranmodule zur Abtrennung der Biokatalysatoren bereits während der Fermentation gelang bei unterschiedlichen Enzym-Produzenten.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Präsentation des Projekts auf dem International Congress on Extremophiles 2004, Baltimore, USA.
Posterpräsentation auf der BioPerspectives 2004 in Wiesbaden, Deutschland.
Zwei Artikel über die Charakterisierung der thermo-aktiven Lipasen aus T. thermohydrosulfuricus und C. subterraneus subspec. tengcongensis sind bereits angefertigt.
Vortrag und Posterpräsentationen auf der VAAM Jahrestagung 2005 in Göttingen, Deutschland.
Fazit
Sowohl die Klonierungen, die rekombinante Expression der Lipasen in E. coli und P. pastoris sowie in Staphylococcus carnosus und Corynebacterium glutamicum als auch die Charakterisierung der Lipasen wurden abgeschlossen (AG Prof. Antranikian und AG Prof. Freudl). Somit wurden vier hitzestabile Lipasen erfolgreich rekombinant produziert und eine kälteaktive Lipase charakterisiert. Die Konstruktion und Optimierung der Mehrkanal-Flachmembran war erfolgreich. Die enge Kooperation und der Erfahrungsaustausch mit den Projektpartnern ItN Nanovation GmbH und der Gesellschaft für umweltkompatible Prozesstechnik mbH (Prof. Chmiel) ermöglichten einen reibungslosen Einbau des Membran-Moduls, so dass modellhafte Fermentationversuche mit verschiedenen Organismen durchgeführt werden konnten. Der Einsatz des Expressionssystems von P. pastoris erweist sich zur Produktion der Lipase aus Anaerobranca gottschalkii als nachteilig, da die Lipase zellmembrangebunden vorlag. In nachfolgenden Versuchen konnte eine Lipase bereits während einer kontinuierlich laufenden Fermentation mittels der neuartigen Mehrkanal-Flachmembran gewonnen werden. Die Fermentationsversuche mit der neuartigen Membran zeigten, dass Biokatalysatoren zukünftig schnell und äußerst wirtschaftlich produziert werden könnten.
Fördersumme
249.649,00 €
Förderzeitraum
01.07.2003 - 30.06.2005
Bundesland
Hamburg
Schlagwörter
Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik