Förderschwerpunkt Biotechnologie: ICBio: Einsatz von Magnettrenntechnologie bei der Biokatalyse und Bioproduktaufbereitung zur industriellen Etablierung effizienter und nachhaltiger Bioprozesse
Projektdurchführung
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)Institut für Funktionelle GrenzflächenAbt. Physikalisch-Chemische Interaktion an Grenzflächen
Hermann-von-Helmholtz-Platz 1
76344 Eggenstein-Leopoldshafen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Forschungsvorhabens war die Entwicklung und Bewertung eines technischen Verfahrens zur einfachen und umweltschonenden Abtrennung von Bioprodukten, wie z. B. technisch hergestellten Enzymen, direkt aus feststoffhaltigen Medien über an magnetische Mikropartikel gebundene Affinitätsliganden und Magnetseparatoren. Weiteres Ziel des Vorhabens war zudem eine direkte biokatalytische Um-setzung von schwerlöslichen Substraten bzw. von Substraten in Suspensionen und viskosen Medien durch den Einsatz von an magnetischen Mikropartikeln immobilisierten Enzymen und geeigneter Magnettrenntechnologie.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAnhand verschiedener Modellsysteme, wie z. B. immobilisierter Penicillinacylase als industriell intensiv genutztes Enzym oder magnetischen Mikropartikeln mit IMA (immobilised metal affinity) Liganden zur Aufreinigung His-getaggter Proteine, sollte die Leistungsfähigkeit dieses im industriellen Maßstab völlig neuen Verfahrens demonstriert werden. Hierbei erfolgten in der Anfangsphase Screeningversuche zur Auswahl geeigneter magnetischer Trägerpartikel und Funktionalisierungsmechanismen. Die Charakterisierung der Partikel umfasste die Partikelgrößenverteilung, mechanische und chemische Stabilität, magnetische Eigenschaften sowie insbesondere die Bindungskapazitäten und Selektivitäten. Parallel zur Partikelcharakterisierung erfolgte die Konstruktion und Fermentation getaggter Proteine sowie die Konstruktion und Fertigung eines Labor-Hochgradienten-
Magnetseparators. Ausgehend von den im Labormaßstab an den Partikeln gewonnenen Daten wurde das Verfahren mit Hilfe des Simulationsprogramms SuperPro Designer programmiert und für verschiedene Rahmenbedingungen durchgerechnet. Eine Markt-studie und eine Bewertung der Ergebnisse der Experimente und Simulationen erfolgte in Zusammenarbeit mit der DECHEMA. In den späteren Projektphasen standen Fragen des Scale-ups der Partikelproduktion und die Demonstration des Verfahrens im Pilotmaßstab im Vordergrund.
Ergebnisse und Diskussion
Im Rahmen des Projekts wurden zahlreiche wichtige technologische Meilensteine erreicht, die als kritische Schlüsselpunkte auf dem Weg zur Realisierung des Verfahrens der primären Proteinaufreinigung mittels Magnetbeads zu sehen sind. Zu den wichtigsten dieser Meilensteine zählen u.a. die Herstellung funktionalisierter Magnetbeads mit hoher Bindekapazität im 50-100 g Maßstab, der Nachweis der Wiederverwendbarkeit der Magnetbeads, die Konzeption, Fertigung und Automatisierung einer halbtechni-schen Pilotanlage zur Proteinreinigung, die molekularbiologische Generierung zahlreicher aktiver, getaggter Enzym u. GFP-Varianten, die Demonstration der Proteinaufreinigung mittels Magnetbeads für verschiedene Bioprodukte im Maßstab bis zu 16 l ungeklärter Rohsuspension sowie schließlich die erfolgreiche Immobilisierung, Charakterisierung und Anwendung von Enzymen an Magnetbeads. Die ermittelten Prozessparameter lassen dabei, neben dem übergeordneten Ziel einer Umweltentlastung über ei-ne Erweiterung der Anwendungsgebiete der Biotechnologie, auch Effekte, wie z. B. die Reduzierung der benötigten Puffermengen oder die Verminderung der Konzentration der benötigten Elutionschemikalien, erkennen, die zu einer direkten Ressourcenschonung in bestehenden Prozessen führen können.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die folgende Liste gibt eine Auswahl der im Zusammenhang mit dem Projekt bisher erschienenen Veröffentlichungen:
Franzreb, M., Ebner, N., Siemann-Herzberg, M. (2003): Magnettechnologie in der Bioproduktaufarbeitung Transkript, Sonderheft Nachhaltige Biokatalyse, 112-115.
Magnetisches Fischen von Biomolekülen, (2003): Flyer erschienen bei der Deutsche Bundesstiftung Umwelt.
Rahaus, N. (2003): Einsatz von Magnettrenntechnologie in der Bioproduktaufarbeitung: Aufreinigung von rekombinanten Proteinen am Beispiel des Green Flurescent Protein (GFP). Diplomarbeit, Institut für Bioverfahrenstechnik, Universität Stuttgart.
Zissis, S. (2003): Untersuchungen zum Einsatz von Magnettechnologie in der Bioproduktaufarbeitung Diplomarbeit, Institut für Technische Chemie, Wasser- und Geotechnologie, Forschungszentrum Karlsruhe.
Schultz, N. (2003): Application of magnetic separation technology for purification and immobilisation of recombinant enzymes; Poster auf der European Conference of Biotechnolgy, 24.-29.08.2003, Basel, Switzerland.
Franzreb, M. (2004): Direct capture of proteins from unclarified feedstocks by magnetic separation technology, Executive Summary anlässlich der 5. Baesweiler BioTec Tage, Baesweiler, 01.10.2004.
Fazit
Im Rahmen des Projekts wurden große Fortschritte auf dem Weg zur technischen Umsetzung der Verfahren der Proteinreinigung bzw. Biokatalyse mit Hilfe von Magnetbeads erreicht. Der realisierte Maßstab der Pilotanlage zur Proteinreinigung liegt mit dem Einsatz von 100 g Magnetbeads pro Zyklus und bearbeiteten Suspensionsvolumen bis über 15 l um mehr als eine Größenordnung über sämtlichen bisher in der Literatur beschriebenen Anwendungen von Magnetbeads in der Biotechnologie. Zudem wurde in der Pilotanlage ein Automatisierungsgrad erreicht, der dem industrieller Prozesse entspricht und damit sämtliche daraus resultierende Herausforderungen vorwegnimmt. Ausgehend von einem Biofeedstock, wie z. B. einem ungeklärten Zellhomogenisat, liefert die Pilotanlage einen feststofffreien und zu ca. 70-95 % reinen Produktstrom. Die experimentellen Ergebnisse sowie theoretische Überlegungen zeigen, dass sich das Verfahren der primären Proteinreinigung mittels Magnetbeads am besten für Zielproteinkonzentrationen im Ausgangsmedium von ca. 0,1 1 g/l eignet.
Im Bereich der Biokatalyse konzentrierten sich die Arbeiten überwiegend auf die Erarbeitung effizienter Immobilisierungstechniken für Enzyme an Magnetbeads und auf den Nachweis der postulierten Vorteile unporöser Mikroträger im Vergleich zu makroporösen, konventionellen Trägermaterialien. Unter Einsatz des Spacers Hexamethylendiamin konnten im Falle der Penicillinamidase (PA) Enzymbeladungen bis über 50 mg/g Beads erreicht werden, wobei 80-90 % des gebundenen Enzyms aktiv waren. In anschließenden Biotransformationsversuchen, u. a. zur Stereoselektivität, zeigte sich dass die Eigenschaften der an Mikroträger immobilisierten PA zwischen denen der freien PA und denen von an makroporösen Trägern immobilisierter PA liegen. Hierdurch bestätigt sich, dass die Biotransformation mittels Mikro-Immobilisaten praktisch keinen Transporteffekten, wie z. B. einer unerwünschten pH-Verschiebung innerhalb des Trägers, unterliegt.
Fördersumme
421.027,00 €
Förderzeitraum
01.07.2002 - 31.10.2004
Bundesland
Baden-Württemberg
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik