Projekt 13028/10

Förderschwerpunkt Biotechnologie: Verbund Sensorik in der Biotechnologie: Optimierung eines Biosensorsystems zur ressourcenschonenden Führung des Entalkoholisierungsprozesses der Bierherstellung

Projektdurchführung

Universität HohenheimInstitut für Lebensmittelw. und BiotechnologieFG Prozessanalytik und Getreidetechnologie (150i)
Garbenstr. 25
70599 Stuttgart

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Da praxistaugliche Online-Messsysteme fehlen, werden die Verfahren zur Entalkoholisierung von Bier so ausgelegt, dass die gesetzlichen Vorgaben (Ethanolgehalt max. 0,5 % (v/v)) garantiert eingehalten werden. Ziel des Projekts war die Entwicklung eines industrietauglichen Prozessanalyseautomaten zur se-lektiven Online-Bestimmung von Ethanol bei der Herstellung von alkoholfreiem Bier. Durch den Einsatz dieses Messsystems soll der Entalkoholisierungsprozess hinsichtlich ökologischer und betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte optimiert werden. Im Vordergrund steht eine effizientere Ausnutzung der Ressourcen Energie, Wasser und Abwasser sowie eine Qualitätsverbesserung des Produkts.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Analysegerät beruht auf einem enzymintegrierenden Fließinjektionsanalyse(FIA)-System ohne Probenaufbereitung, das die direkte Verwendung der komplexen Probenmatrix vorsieht. Ethanol wird enzymatisch mit immobilisierter Alkohol- und Formaldehyd-Dehydrogenase bestimmt, indem das umgesetzte NADH/H+ photometrisch detektiert wird. Die durch die Matrix auftretende Beeinflussung der Enzymaktivität und des Detektorsignals soll über eine Teilmodellierung des FIA-Signals mit mathematischen Verfahren (z. B. Fuzzy-Logik, Künstliche Neuronale Netze; KNN) korrigiert werden.
Bei der Entwicklung des Analysesystems wurde insbesondere auf die industriellen Randbedingungen (Robustheit, Zuverlässigkeit, geringe Wartung, Bedienerfreundlichkeit, Anbindung an das Prozessleitsystem) eingegangen, die sich bei der Prozessanbindung vor Ort bei den am Projekt beteiligten Brauereien ergaben.
Der zeitliche und inhaltliche Vorhabensverlauf konzentrierte sich zunächst auf die Entwicklung des Analysegeräts und den Aufbau der Auswertealgorithmen zur Korrektur des Matrixeffekts. Nach der Fertig-stellung des Prototypen, dessen Validierung anhand realer Proben und dem Vergleich mit einer Referenzmethode erfolgen sollte, war der Online-Einsatz am Prozess bei den Kooperationspartnern sowie die Optimierung des Produktionsverfahrens vorgesehen.


Ergebnisse und Diskussion

Die Arbeiten umfassten einerseits die hardwaretechnische Entwicklung des Analysegeräts und andererseits die Entwicklung der dazugehörenden Ablauf- und Steuerungssoftware sowie der Software zur Teilmodellierung des FIA-Signals mit geeigneten Auswertealgorithmen. Diese bildeten die Basis für die ana-lytische Methodenentwicklung und die Anpassung der Parameter des enzymatischen Bestimmungsverfahrens.
Für die Hardwareentwicklung wurden Pumpen, Ventile, eine Steuerungs- und Auswerteeinheit sowie ein optisches Detektionssystem getestet. Als Förderelement kam eine Kolbenhubpumpe zum Einsatz, da diese sich bezüglich Genauigkeit, Dosiervolumen, Robustheit, Verschleiß und Kosten empfahl. Aufgrund der Zuverlässigkeit wurden, trotz etwas höherer Kosten, Drehventile gegenüber Schlauchquetschventilen bevorzugt. Die Steuereinheit bildete ein Slot-PC, die Detektion erfolgte mittels eines Einstrahl-Einbauphotometers. Als Durchflusszelle wurde eine Eigenkonstruktion mit Lichtwellenleiteranschlüssen verwendet.
Nach Etablierung der Arbeitsmethodiken wie Enzymimmobilisierung oder die Herstellung der Enzymsäulen erfolgten Parametervariationen am Fließsystem zur Anpassung des Messbereichs sowie zur Optimierung der Empfindlichkeit und Genauigkeit.
Die Referenzanalytik basierte auf einem kommerziell erhältlichen Enzymkit (Fa. Boehringer, Mannheim). Aufgrund vorhandener Fehlerquellen, insbesondere mit der hohen notwendigen Verdünnung, muss selbst beim Referenzverfahren mit einer Abweichung von 0.02-0.03 Vol.% Ethanol gerechnet werden. Erste Messungen mit Ethanol-Wasser-Lösungen wurden später auf reale Bierproben ausgeweitet.
Für die Unterdrückung der beobachteten Signalschwankungen in den FIA-Peaks wurden zwei Modelle entwickelt. Ersteres basiert auf einem Fuzzy-Logik gestützten Expertensystem, bei dem zweiten handelt es sich um ein reines Datenmodell auf der Basis Künstlicher Neuronaler Netze (KNN). Dabei lieferten KNN- und Fuzzy-Filter ähnlich gute Ergebnisse und gestatteten sogar bei unverdünnten Proben eine nahezu vollständige Eliminierung des Matrixeffekts.
Die Validierung des Messsystems wurde zunächst am Einfluss kurzeitiger Variationen (temperaturinduziert, Änderungen von Fließeigenschaften) betrachtet. Der Temperatureinfluss auf das Analyseergebnis betrug 0,03 Vol. % Ethanol je °C. Eine konstante Temperatur am Aufstellungsort oder eine Temperierung der Enzymkartuschen ist folglich unabdingbar. Analyseabweichungen durch Variation der Fließeigenschaften betrugen maximal 10 % (bezogen auf 0.5 Vol.% Ethanol). Durch kurze Rekalibrierungsintervalle ließ sich der Fehler auf unter 0,02 Vol.% verringern.
Weiter ist die enzymatische Aktivität und auch die Stabilität der Immobilisate maßgeblich durch den eingestellten pH-Wert bestimmt. Die Verwendung eines 0.4 M Glycinpuffers (Einbettung der Probe in zwei Puffersegmente) genügte, um den pH-Wert sämtlicher Lösungen bei der injizierten Menge von 10-20 µl ohne Beeinflussung des Messergebnisses auf den Systemwert von pH 9,5 einzustellen. Das Kosubstrat (NAD) wurde hier ursprünglich den Puffersegmenten beigesetzt. Durch getrennte Injektion (in Phosphat-puffer, pH 7) wurde eine Zersetzung des NAD beim gewählten pH-Wert von 9,6 verhindert.
Hinsichtlich der Stabilitätsuntersuchungen der eingesetzten Enzyme empfahl sich die Alkoholhydrogenase. Hier nahm die Aktivität innerhalb eines Zeitraums von 4 Wochen bei einem pH Wert von 9,5 lediglich um 10 % ab. Die Stabilität der Alkoholdehydrogenase bzw. des Gesamtsystems bestätigte sich in weiteren, mehrwöchigen Testreihen, wobei die Bestimmung von Standardlösungen und von Proben alkoholfreien Bieres identische Werte lieferte. Bei der Vermessung von Prozessproben wiesen alle Proben mit Ethanolkonzentrationen im Messbereich des FIA-Systems eine hohe Genauigkeit auf (Abweichung vom Mittelwert £ 0,05 % (v/v)).Weiter wurde ein Online-Verdünner entwickelt, um Blasenbildung bei der Analyse carbonisierter Proben zu eliminieren. Dabei wird die Probe im System mit 2-molarer Natronlauge vermischt, wodurch sich das gelöste CO2 chemisch bindet und nicht mehr ausperlen kann. Auf diesem Wege konnten auch carbonisierte Proben mit der geforderten hohen Genauigkeit analysiert werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Ein Großteil der Öffentlichkeitsarbeit wurde von der Koordinationsstelle des Verbunds Sensorik (Uni Hannover) geleistet: Internetauftritt, Pressemappe, Messepräsentationen.
1. Hämmerle, M.; Becker, T. (1999): Optimierung eines Biosensorsystems zur ressourcenschonenden Führung des Entalkoholisierungsprozesses der Bierherstellung. Vortrag auf der DECHEMA- Jahrestagung 99, Wiesbaden.
2. Becker, T., Schneider, V. & Delgado, A.(2001): Ethanolmesssystem für Brauereien. In: Erb, R. & Heiden, S. (Hrsg.) (2001): Sensorik, Sonderausgabe BIOSpektrum: 26-30.


Fazit

Die prinzipielle Entwicklung des Messsystems kann als abgeschlossen betrachtet werden. Das Prototypengerät ist hardware- und softwareseitig komplett aufgebaut und praktisch betriebsfertig. Die geforderte Genauigkeit des Messprinzips als Grundlage für eine nachhaltige Erfüllung der Projektziele konnte aufgezeigt werden. Gegen Ende des letzten Projektjahrs erfolgten erste Online-Messungen bei den Brauereien, weitere Einsätze sind noch im folgenden Quartal geplant. Dabei sollen auch Betriebsdaten über den Prozess, wie Energie-, Wasser- und Abfallverbrauch erhoben werden.

Übersicht

Fördersumme

170.879,88 €

Förderzeitraum

01.01.1999 - 31.12.2001

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik