Förderschwerpunkt Biotechnologie: Effiziente Produktivitätssteigerung und Kostensenkung in mittelständischen Industriebetrieben durch Implementierung biotechnologischer Verfahren unter besonderer Berücksichtigung des Umweltkostenmanagements – erstmal[…]
Projektdurchführung
Leibniz Universität HannoverZentrum Angewandte ChemieInstitut für Technische Chemie
Callinstr. 5
30167 Hannover
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Projekts ist es, die enzymatische Hydrolyse nachwachsender Rohstoffe (Modellsubstanzen: Mais- und Reiskleber, Kartoffel- und Rapsproteine) zur Produktion von Aminosäuren in Einzelreaktionsphasen zu entkoppeln und selektive Aufarbeitungsschritte in den Gesamtprozess zu integrieren. Die Auswahl der Rohstoffe erfolgte nach einer Abschätzung der voraussichtlichen Erträge der einzelnen Rohstoffe auf Basis von Produktionskosten der herkömmlichen Verfahren, der durchschnittlichen Rohstoffpreise und der regionalen Verfügbarkeit. Eine detaillierte betriebswirtschaftliche Bilanzierung in Sinne des Umweltcontrollings soll im Rahmen dieses Projekts erstellt werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUnter den Gesichtspunkten des Umweltschutzes sind unbedingt Methoden erforderlich, die eine Proteinhydrolyse unter Vermeidung des hohen Chemikalieneinsatzes und der daraus resultierenden hohen Salzfrachten herkömmlicher chemischer Verfahren ermöglichen. Für die heute hauptsächlich angewandte Hydrolyse und Aufarbeitung sind die Chemikalienmengen, die Salz- und Stickstofffrachten und die Energiemengen als extrem umweltproblematisch anzusehen. Neue Verfahren werden benötigt, um den Umweltanforderungen Rechnung zu tragen und den Standort Deutschland nicht zu gefährden. Als Alternative zu herkömmlichen Verfahren bieten sich enzymatische Prozesse an. Enzyme bieten die Möglichkeit unter schonenden Bedingungen Proteine in L-Aminosäurebausteine zu zerlegen, ohne in diesem Verfahrensschritt hohe Salzfrachten zu erzeugen. Bei den zu entwickelnden Verfahren sollen als Enzyme Proteasen eingesetzt werden. Hierbei sind besonders die extremophilen Proteasen notwendig, die auch bei extremen Bedingungen (z. B. hohe Ionenstärke in komplexen natürlichen Substraten) optimal arbeiten können. Zur Entwicklung des innovativen enzymatischen Hydrolyseverfahrens werden Membranmoduleinheiten (z. B. Ultrafiltrationseinheiten) aufgebaut, in denen geeignete Enzymsysteme die Proteine sukzessiv auftrennen. Dabei sollen auch thermostabile Enzyme verwendet werden, um die Raum-Zeit-Ausbeute zu verbessern und unsterile Arbeitsweisen zu ermöglichen. Die Modulbauweise hat den Vorteil, dass sie durch die Wahl der geeigneten Enzyme an alle Rohstoffe angepasst werden kann. Salzfrachten werden vermieden.
Ergebnisse und Diskussion
In dem Projekt wurden von den einzelnen Partnern folgende Themenschwerpunkte behandelt:
· Erstmalig heterologe Expression zweier verschiedener Proteasen aus T. maritima (pSer, pCarb)
· Bestimmung der optimalen Fermentationsbedingungen
· Aufreinigung, Charakterisierung und Möglichkeiten der Aufkonzentrierung der rekombinanten Proteasen
· Einsatz der nicht rekombinanten Protease aus Thermoanaerobacter keratinophilus
· Einsatz der Extremozyme bei der Hydrolyse
· Vergleich: Enzyme - Extremozyme
· Aufarbeitung der Hydrolysate mittels Ionenausschlusschromatographie
· Stabilisierung des Biosensors zur Bestimmung des Gesamthydrolysegrads
· Untersuchungen zu Konkurrenzreaktionen bei der Adsorption aus Aminosäuremischungen
· Versuche zur Desorption
· Untersuchungen zur Mehrfach-Ad- und Desorption
· Bestimmung einer geeigneten Prozesslinie
· Erkennen der Vorteilhaftigkeit der enzymatischen Hydrolyse anhand finanzieller Kennziffern und Allokation
· Entwicklung der Datenbank OIKOS (Oekologische Informations- und KOstenstruktur Simulation)
In diesem Forschungsprojekt wurden neben der naturwissenschaftlichen Arbeitsweise die ökologische und wirtschaftliche Bewertung ausführlich behandelt. Der dafür erforderliche Daten- und Gedankenaustausch zwischen dem naturwissenschaftlichen und dem wirtschaftswissenschaftlichen Bereich lief sehr gut. Aufgrund dieser Kooperation konnte die Datenbank OIKOS im abschließenden Projektjahr entwickelt werden, die es den verschiedenen Projektbeteiligten erlaubt, die Wirkung spezifischer Parameteränderungen auf den Gesamtprozess abzuschätzen. Auch wenn wegen des derzeitigen Stands im wesentlichen Tendenzaussagen abgeleitet werden können, bietet sich hier für die betriebliche Praxis ein adäquates Instrumentarium zur Abschätzung der ökologischen und ökonomischen Wirkungen der jeweiligen Prozesse und der Abwägung des pro und contra weiterer FuE-Anstrengungen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
· Hübner, S. (2001): Aminosäuren - Eine Marktübersicht, Hannover.
· Müller, U., Hübner, S. (2002): Economic Aspects of Amino Acids Production. In: Advances in Biochemical Engineering/ Biotechnology, 79/2002, Heidelberg
· Müller. U., Hübner, S., Serger, H., Tostmann, R. (2000): Integrierter Umweltschutz und Biotechnologie: Ökobilanz und Wirtschaftlichkeitsrechnung im Innovationsprozess. Chemie, Ingenieur, Technik, 72: 1429 - 1438
· Müller, U., Jasper, J., Tostmann, R. (2000): Ecobalance based environmental cost management as a strategy for corporate growth - Extremozymes and gene technology for the representation of amino acids, Vortrag im Rahmen des 243. WE-Heraeus-Seminars: Economic Growth - Driving Forces and Constraints in the Perspective of Economics and the Sciences vom 23. bis 25. Oktober 2000 im Phy-sikzentrum Bad Honnef
· Scheper, T., Ulber, R., Koop, T., Kosemund, D., Müller, U., Hübner, S., Tostmann, R., Faurie, R. (2001): Entwicklung innovativer Aminosäureproduktion unter Berücksichtigung des Umweltkostenmanagement. In: Heiden, S., Erbs, R. (Hrsg.): Biokatalyse, Sonderausgabe der DBU in Kooperation mit Biospektrum, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, S. 69-71, e = Müller, U., Hübner, S. (2002): Advances in Biochemical Engineering / Biotechnology, Amino Acids, Heidelberg
· Gödde, C., Sahm, K., Kluskens, L., de Vos, W., Antranikian, G. (2001): Cloning and Expression of protease encoding genes from Thermotogales. VAAM. Oldenburg
· Gödde, C., Sahm, K., Schwerdtfeger, R., Antranikian, G. (2000): Cloning and expression of thermoactive proteases of Thermotogales strains. VAAM. München
· Riessen, S., Antranikian, G. (2001): Isolation of Thermoanaerobacter keratinophilus sp. nov. a novel thermophilic, anaerobic bacterium with kerationlytic activity. Extremophiles. 5:399-408
Fazit
In dem Projekt konnten die bisher verwendeten kommerziell erhältlichen Enzyme mit innovativen Extremozymen verglichen und kombiniert werden, um eine Hydrolyse verschiedener biogener Rohstoffe zu Aminosäuren effizient durchzuführen. Die eingesetzten Zeolithe zur Trennung der Hydrolysate konnten an Realmedien und im größeren Maßstab getestet werden. Mit den naturwissenschaftlichen Ergebnissen konnte die Datenbank OIKOS entwickelt werden, die eine schnelle Kalkulation für verschiedene Szenarien erlaubt.
Fördersumme
1.109.920,09 €
Förderzeitraum
01.01.1999 - 27.08.2003
Bundesland
Niedersachsen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik