Einsatz der Lasermassenspektrometrie mit ultrakurzen Laserpulsen zum quantitativen Nachweis von Nitrotoluolen und deren Abbauprodukten in Boden- und Gewässerproben
Projektdurchführung
Brandenburgische Technische Universität CottbusInstitut für ChemieLehrstuhl für Physikalische Chemie und Analytik
Erich-Weinert-Str. 1
03044 Cottbus
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Entwicklung eines, auf der Lasermassenspektrometrie basierenden, Verfahrens zur schnellen Detektion und Quantifizierung von Nitroaromaten und deren Abbauprodukten in festen und flüssigen Matrizes. Die Erkundung und Charakterisierung von militärischen Altlasten erfordert die Analyse einer Vielzahl von Bodenproben. Daher werden Techniken benötigt, die gegenüber den zeit- und kostenintensiven Standardverfahren nur einen geringen Aufwand für die Probenpräparation benötigen und einen hohen Probendurchsatz gestatten.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer Aufbau des im Rahmen des vorliegenden Projekts entwickelten und eingesetzten Lasermassenspektrometers gliedert sich in vier Hauptkomponenten:
1) Einlasssysteme mit Probenhalterungen
2) Reflektron-Flugzeit-Massenspektrometer zum Ionennachweis
3) Lasersysteme: Desorptionslaser: Nd:YAG-Laser (Wellenlängen: 266 nm und 1064 nm; Pulsdauer ca. 5 ns)
Ionisationslaser: Ti:Saphir-Laser (Wellenlängenbereiche: 200 - 210 nm und 400 - 420 nm; Pulsdau-er ca. 170 fs)
4) Elektronik zur Steuerung der zeitlichen Abfolge der einzelnen Vorgänge, zur Messdatenaufnahme und -verarbeitung.
Die Probe befindet sich am Ende einer Schubstange und wird über eine Vakuumschleuse zum Desorptionsort transportiert. Dort wird von ihrer Oberfläche durch den Desorptionslaserpuls Material verdampft von dem durch den Ionisationslaser anschließend selektiv die Zielsubstanzen ionisiert werden. Die Ionen werden in der zweistufigen Ionenquelle beschleunigt und im Flugzeitgerät massengetrennt nachgewie-sen. Dieser Messzyklus wird mit einer Rate von 10 Hz wiederholt.
Voraussetzung für die Anwendung der Lasermassenspektrometrie ist die Kenntnis der Resonanzwellenlängen der nachzuweisenden Substanzen im UV-Bereich. Diese wurden im ersten Jahr der Projektlaufzeit mittels resonanter Zweiphotonenspektroskopie ermittelt, ebenso wie die durch Multiphoton-Ionisation erzeugten Massenspektren.
Auf der Grundlage dieser Daten wurden im zweiten Jahr geeignete Nachweisparameter (Laserwellenlänge, Laserintensität, etc.) für jede Substanz, bzw. für Gruppen mehrerer Substanzen ermittelt, mögliche Interferrenzprobleme untersucht und Querempfindlichkeiten bestimmt. Gleichzeitig wurde ein Verfahren zur Quantifizierung der Messungen entwickelt.
In der letzten Phase stand die Anwendung der bis dahin an Reinsubstanzen bzw. synthetischen Mischungen erarbeiteten Methode auf reale Proben im Vordergrund. Dazu wurden die quantitativen Ergeb-nisse mit denen aus der Routineanalytik erhaltenen verglichen. In einem iterativen Prozess wurde der Satz aller relevanten Nachweisparameter (Laserwellenlängen, Laserintensitäten, Ionenquellengeometrie, etc.) weiter optimiert. In engem Kontakt zum Kooperationspartner wurden Wege gesucht, das Verfahren hinsichtlich Anwenderfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit den Erfordernissen einer routineanalytischen Technik so weit wie möglich anzunähern.
Ergebnisse und Diskussion
Lasermassenspektrometrie der Nitrotoluole
In diesem Projektabschnitt wurde das Fragmentierungsverhalten der Nitrotoluole bei Multiphoton-Ionisation mit Femtosekunden-Laserpulsen mit Laserwellenlängen von 206 nm und 412 nm bzw. mit Na-nosekunden-Laserpulsen bei 266 nm in einem Flugzeitmassenspektrometer untersucht und hinsichtlich der Erkennung isomeren-typischer Fragmentierungsmuster bewertet.
Bei Pulsdauern des Ionisationslasers im Nanosekunden-Bereich konnten für den Nachweis nur kleine und uncharakteristische Fragmentionen im Massenspektrum beobachtet werden. Erst durch den Einsatz von ultrakurzen Laserpulsen wurde es möglich, fragmentärmere Massenspektren mit Molekülionen-Signalen für alle Nitrotoluole zu erhalten. Bei allen Nitrotoluolen, bei denen der Orthoeffekt eintritt, führt die Abspaltung des OH-Radikals aus dem Molekülion zum dominierenden Peak im Spektrum, wie bei 2-MNT, 2,3-DNT, 2,4-DNT, 2,6-DNT und 2,4,6-TNT.
Es zeigte sich, dass der Fragmentierungsgrad zwar im Zweiphotonen-Ionisationsbereich (206 nm) niedriger war als im Falle der Vierphotonen-Ionisation (412 nm), dennoch waren die Molekülionen bzw. größere Fragmentionen meist besser bei der Wellenlänge 412 nm erkennbar. Die relative Signalintensität des Molekülions nimmt mit zunehmendem Substitutionsgrad ab und ist im Fall von TNT kaum nachweisbar.
Analyse von Bodenproben
Die Bodenproben wurden an verschiedenen Stellen in und um Cottbus gewonnen. Dabei handelte es sich um verschiedenartige Bodentypen, die von sandigem über humushaltigen Boden bis zum Lehmboden reichten. Für quantitative Untersuchungen wurden die Böden definiert verunreinigt, die Proben vermischt und in einer Planeten-Schnellmühle einige Minuten homogenisiert. Die Bodenproben werden zu kleinen Stäbchen (Æ 4 mm) gepresst und in einen Probenträger gegeben. Der gesamte Vorgang der Probenvorbereitung und der Einführung der Probe in das Massenspektrometer benötigt nur wenige Minuten.
Um mögliche massenspektrometrische Interferenzen von Bodenbestandteilen untersuchen zu können, war es notwendig, den Einfluß des Bodentyps auf die Laserflugzeitmassenspektren zu untersuchen. Um nachzuweisen, dass die Laserdesorption und auch alle anderen Teile des Massenspektrometers richtig funktionierten, wurde jeder Probe ein polyzyklischer aromatischer Schadstoff, in diesem Fall Pyren mit einer Konzentration von 100 µg/g, zugegeben. Die Flugzeitmassenspektren dieser Proben, bestehend aus unterschiedlichen Bodentypen, zeichnen sich bei einer Desorptions- und Ionisationswellenlänge von jeweils 266 nm und Laserpulsdauer im Nanosekunden-Bereich durch ein intensives Molekülionensignal des Pyren. Nennenswerte Fragmentionen oder andere, eventuell durch Huminstoffe ausgelösten, stö-renden Signale sind nicht erkennbar. Folglich kommt es bei der Anwendung dieser Laserpulsenergien und -wellenlängen zu keinen Interferrenzproblemen mit Bodenbestandteilen.
Die anschließenden Experimente zur Bodenanalytik zeigten, dass die Kopplung von Laserdesorption und Laserionisation im Flugzeitmassenspektrometer in der Lage ist, Schadstoffe wie Nitroaromate, aber auch Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe aus einer Bodenprobe sowohl mit Ultraviolett- als auch mit Infrarot-Laserlicht zu desorbieren und nachzuweisen, wobei die Desorption bei der Wellenlänge von 1064 nm schonender, aber mit deutlich geringerer Nachweiseffizienz erfolgt. Die Untersuchungen zum zeitlichen Signalverlauf der Desorption ergaben, dass die Intensität des Signals innerhalb einiger hundert Laserpulse stark abnimmt und daher die Aufnahme des Spektrums innerhalb der ersten 50 bis 100 Laserschüsse erfolgen muss, um eine brauchbare Quantifizierung vornehmen zu können. Dies ist darauf zurüch zu führen, dass es sich bei dem hier eingesetzten Verfahren letztlich um eine oberflächensensiti-ve Methode handelt und sich die Zusammensetzung der dem Laserlicht ausgesetzten Probenschichten im Verlauf der Bestrahlung ändert.
Die Leistungsfähigkeit der LD-LAMS in Böden wurde anhand von quantitativen Messungen mit internen Standards an mit Pyren und 9-Chloranthracen dotierten Böden überprüft. Im gesamten untersuchten Konzentrationsbereich von 1,5 bis 1400 µg/g konnten die Messwerte durch eine lineare Kalibrierfunktion dargestellt werden. Die Nachweisgrenze wurde für Pyren mit ns-Ionisations-Laserpulsen und Pulsener-gien von 4 mJ bei 266 nm zu 1,5 µg/g bestimmt. Die Streuung der Messwerte betrug im oberen Konzent-rationsbereich ca. 10 % und im unteren Bereich bis zu 30 %. Die Abweichungen resultieren aus den Puls-zu-Puls-Schwankungen der Laser sowie der inhomogenen Verteilung der Schadstoffe in der Bodenmatrix.
Die entwickelte Analysenmethode ermöglicht eine extrem schnelle Detektion aromatischer Schadstoffe in Böden und zeigt eine für ein Screeningverfahren ausreichende Empfindlichkeit. Da von keinem der untersuchten Bodentypen eine Beeinträchtigung des Nachweises ausging, kann auf weitere Schritte der Probenvorbereitung verzichtet werden.
Analyse von Wasserproben
Um den für die Feststoffanalytik entwickelten instrumentellen Aufbau auch für Wasserproben nutzen und deren Analyse in ähnlich kurzen Zeiten durchführen zu können wurden die Wasserproben auf verschiedenen festen Adsorbermaterialien aufgebracht und fixiert und diese dann direkt in das Massenspektrometer eingebracht. Es konnte gezeigt werden, dass die Laserdesorption mit anschließender Lasermassenspektrometrie auf diese Weise auch problemlos für flüssige Proben eingesetzt werden kann. Bei der Desorption aus Adsorbermaterialien konnten entscheidende Unterschiede des Signalzeitverlaufes im Vergleich zur Bodendesorption beobachtet werden. Das Molekülionen-Signal konnte noch für eini-ge Zeit nach dem Abschalten des Desorptionslasers registriert werden, die Intensität des Peaks nahm sehr langsam ab. Da es sich bei Adsorbermaterialien um mikroporöse Materialien handelt, die das Substrat aufsaugen und einschließen, ist es möglich, dass die Desorption der Probe thermisch aus dem durch den Laserstrahl aufgeheizten Adsorbermaterial erfolgt. Man erhält langzeitstabilere Signale als bei der Bodenanalytik.
Als ideale Trägermaterialien haben sich Calciumcarbonat und Zeolith bewährt. Beide Adsorber sind leicht handhabbar und ermöglichen eine schnelle, problemlose Überführung der Probe in das Flugzeitmassenspektrometer. Aktivkohle und Natriumsulfat als Adsorptionsmedium haben sich bei dem Großteil der Substanzen nicht bewährt. Es wurden starke Fragmentierungen beobachtet, die wahrscheinlich auf die höhere Laserintensität, die zur Überwindung der stärkeren Bindung der Probenmoleküle an das Adsorbermaterial notwendig ist, zurück zu führen ist.
Die Verwendung von Adsorbermaterialien ist mit wenig Aufwand verbunden und daher ideal für eine Schnellanalytik mit hohem Probendurchsatz geeignet. Eine komplette Analyse, inklusive Probenpräparation, dauert nur wenige Minuten pro Probe. Da die genutzten Adsorbermaterialien durchweg sehr kosten-günstig sind, können beliebig viele Proben ohne einen nennenswerten zusätzlichen Kostenaufwand analysiert werden.
Die Quantifizierung der Substanzen erfolgte unter den gleichen experimentellen Bedingungen wie bei den Bodenuntersuchungen nach der Methode des internen Standards. Für eine mit Fluoren dotierte Lösung konnte über einen Bereich von 10 µg/ml bis 1000 µg/ml ein linearer Zusammenhang zwischen Konzentration und Ionensignal ermittelt werden.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Projekt erschienen folgende Publikationen:
1. Multiphoton Ionization of Nitrotoluenes by Means of Ultrashort Laser Pulses
K. Tönnies, R. P. Schmid, C. Weickhardt, J. Reif, J. Grotemeyer
Int. J. Mass Spectrom., 206, 245 (2001)
2. Short Pulse Laser Mass Spectrometry of Nitrotoluenes: Ionization and Fragmentation Behavior
C. Weickhardt, K. Tönnies
Rapid Commun. Mass Spectrom., 16, 442 (2002)
3. Rapid Analysis of Complex Mixtures by Means of Resonant Laser Mass Spectrometry
C. Weickhardt, K. Tönnies
in: Laser Assisted Analytical Methods in Environmental and Medical Sciences
Hrsg: P. Hering, J. P. Lay, Springer Verlag, Berlin, zur Veröffentlichung eingereicht.
4. Einsatz der Laserdesorptions-Lasermassenspektrometrie zum quantitativen Nachweis von Nitrotoluolen und ihren Abbauprodukten sowie von Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen in Boden- und Wasserproben
K. Tönnies
Dissertation, BTU Cottbus, 2001
5. Spurenanalyse in Gewässerproben mittels Lasermassenspektrometrie
D. Globig
Diplomarbeit, FH Lausitz, 2002
Über die Fortschritte des Forschungsprojekts wurde in den Jahren 1999 bis 2002 jährlich auf der Tagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Massenspektrometrie berichtet. Auf der Jahrestagung der American Society for Mass Spectrometry wurde 2001 ein Vortrag zu diesem Thema abgehalten.
Um das Interesse von Jugendlichen an umweltrelevanten Themen im Allgemeinen und an modernen Methoden der Umweltanalytik im Besonderen zu fördern, erhielten im Verlauf des Vorhabens mehrere Schulklassen Laborführungen. Einer breiten Öffentlichkeit wurde das Projekt im Rahmen von Tagen der offenen Tür an der Brandenburgischen Technischen Universität und Hochschulinformationstagen zugänglich gemacht.
Zum Abschluß des Projekts wurde ein eintägiges Symposium durchgeführt, das Wissenschaftler und potentielle Nutzer der entwickelten Methode zusammenbrachte, um über dessen Möglichkeiten zu informieren, sowie weitere Entwicklungsrichtungen und Verbesserungsmöglichkeiten zu diskutieren.
Fazit
Die Ergebnisse des vorliegenden Projekts haben gezeigt, dass die Lasermassenspektrometrie in Kombination mit der Laserdesorption in der Lage ist aromatische Schadstoffe sowohl in festen als auch in flüssigen Proben praktisch ohne jegliche Probenvorbereitung zu detektieren. Die mit dem verwendeten Mas-senspektrometer erzielten Nachweisgrenzen liegen für Bodenproben in einem für eine Screening-Technik annehmbaren Bereich, müssen jedoch für die Wasseranalytik noch erheblich verbessert werden. Dazu kommt neben einer Optimierung des Massenspektrometers insbesondere der Einsatz von schnellen Anreicherungsmethoden in Frage.Einem Einsatz der entwickelten Methode in der Routine- und insbesondere in der Feldanalytik stehen immer noch die vergleichsweise hohen Kosten und die geringe Benutzerfreundlichkeit gepulster Lasersysteme im Wege. Erfreulicher weise zeichnen sich aber auf diesem Gebiet sehr interessante Entwick-lungen ab, die sich innerhalb der kommenden Jahre äußerst positiv auf die Anwendbarkeit derartiger Systeme in der Umweltanalytik auswirken werden.
Fördersumme
90.416,86 €
Förderzeitraum
17.06.1998 - 31.12.2001
Bundesland
Brandenburg
Schlagwörter
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik