Konzept zur ökologischen Durchgängigkeit der Wehre Holtemme und Zillierbach im Stadtgebiet Wernigerode
Projektdurchführung
Stadt WernigerodeDezernat für Bauwesen
Marktplatz 1
38855 Wernigerode
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Durch den Rückgang der Abwassereinleitungen in die Fließgewässer Holtemme und Zillierbach hat sich die Gewässergüte erheblich verbessert, so dass auch im Stadtgebiet von Wernigerode wieder Forellen beobachtet werden können.
Allerdings ist es den Fischen nicht möglich, zurück zu ihren Laichgründen in die Oberläufe der Fließgewässer zu gelangen, da Wehre und Sohlabstürze den Aufstieg verhindern.
Die Überwindung dieser Querverbaue ist nur möglich, wenn nicht mehr benötigte Anlagen zurückgebaut und die weiterhin erforderlichen Anlagen mit geeigneten Fischaufstiegseinrichtungen versehen werden.
Daher strebt die Stadt Wernigerode im Konsens mit lokalen Naturschutz- und Fischereiverbänden, dem Landkreis Wernigerode und örtlichen Wirtschaftsunternehmen an, die ökologische Durchgängigkeit der Holtemme und des Zillierbaches im Stadtgebiet - dem Schlüsselbereich für die Wiederausbreitung wertgebender Arten - schrittweise im Rahmen eines Gesamtkonzeptes wiederherzustellen.
Die Notwendigkeit und Sinnfälligkeit der Wiederherstellung der Durchgängigkeit unmittelbar an den Wiederausbreitungszentren wurde durch eine Ammoniakhaverie im Jahre 1997 und die nachweisbare Wiederbesiedelung des betroffenen Holtemmeabschnittes über die kurz zuvor fertig gestellte Fischaufstiegsanlage Ilsenburger Straße eindrucksvoll belegt.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methodenm Rahmen der Vorbereitung der Maßnahme wurden durch die Arbeitsförderungs- und Sanierungsgesellschaft Nordharz mbH 7 Arbeitskräfte über einen Zeitraum von 3 Monaten (Februar bis April 1998) zur Verfügung gestellt. Die Aufgabe dieser Arbeitskräfte bestand darin, im Untersuchungszeitraum Grunddaten zu ermitteln:
1. Physiographischer und landschaftsbezogener Bezug,
2. Erarbeitung eines speziellen Bewertungsverfahrens für die Fließgewässer,
3. Erstellung der Erfassungsbögen und Vervielfältigung,
4. Erfassung der morphologischen Verhältnisse der Fließgewässer (z. B. Bewuchs, Verbauungsgrad, Sedimentbeschaffenheit),
5. Erfassung des Arteninventars (Makrozoobenthos, Fische),
6. Erfassung anthropogener Beeinflussungen und anderer für die Projektierung notwendiger Parameter (z. B. Einleitung von Abwässern, Anfahrtwege, Möglichkeiten zur Einbindung der Wehre in einen Lehrpfad),
7. Abschlußbericht und Übergabe der Daten an das Planungsbüro.
Zur planerischen Bearbeitung des Vorhabens Schaffung der ökologischen Durchgängigkeit der Holtemme und des Zillierbaches im Stadtgebiet von Wernigerode erhielt die HYDROPROJEKT Ingenieurgesellschaft mbH, Blankenburg/Harz im April 1998 von der Stadt Wernigerode den Auftrag.
Der Inhalt der Planungsunterlagen ist die Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung). Die weiteren Leistungsphasen, wie Ausführungsplanung, Ausschreibung, Vergabe und Realisierung sind später in Abhängigkeit der Finanzierungsmöglichkeiten durchzuführen. Das Untersuchungsgebiet umfasst die Forellen- und Groppenregion innerhalb, oberhalb und unterhalb des Stadtgebietes von Wernigerode.
Ergebnisse und Diskussion
Im Ergebnis der Vorplanung stellte sich heraus, dass sich in der Holtemme 20 Querbauwerke (davon 3 zusammenhängend) und im Zillierbach 7 Querbauwerke (davon 2 zusammenhängend) befinden, die einer ökologischen Durchgängigkeit im Wege stehen.
Im weiteren Verlauf wurde mit der Entwurfsplanung einschließlich der hydraulischen Bemessung eine Planungsunterlage erstellt, die der Genehmigungsbehörde übergeben werden konnte.
Im Rahmen der Straßenbaumaßnahme B 6n wurden 6 Querbauwerke gesondert eingereicht, da hier ein räumlicher Zusammenhang erkennbar ist, der die Deklarierung als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme rechtfertigt.
Bei den Querbauwerken handelt es sich fast ausschließlich um Sohlenstufen in Form von Absätzen. Entsprechend den Höhendifferenzen zwischen Ober- und Unterwasser sowie den örtlichen Gegebenheiten wurden verschiedene Aufstiegsmöglichkeiten für die aquatische Fauna bei der Planung berücksichtigt.
Sohlrampen in Riegelbauweise sind flachgeneigte, rauhe Anrampungen mit einem Gefälle von 1:10 bis 1:20, auf denen aus großen Steinen Beckenstrukturen hergestellt werden, die Ruhezonen für wandernde Fische darstellen.
Rauhgerinne-Beckenpässe bestehen aus mehreren, kaskadenartigen kleinen Sohlstufen im Nebenschluss zum vorhandenen Querbauwerk.
Umgehungsgerinne liegen im Nebenschluss zum eigentlichen Fließgewässer und stellen eine Umgebung des Querbauwerkes dar.
Schlitzpässe sind eine Variante der Beckenpässe, bei denen die Zwischenwände durch über die gesamte Höhe reichende, vertikale Schlitze gekennzeichnet sind.
Infolge der Realisierung o. g. Planungen wird schrittweise die ökologische Durchgängigkeit der Holtemme und des Zillierbaches wiederhergestellt.
Die Hochwasserführung wird in beiden Fließgewässern durch Umsetzung der Renaturierungsmaßnahmen verbessert oder bleibt unverändert.
Das Landschaftsbild und der Erholungswert der Gewässer werden verbessert.
Unterschiedliche rechtliche Zuständigkeiten (Holtemme Gewässer I. Ordnung - obere Wasserbehörde, Zillierbach - untere Wasserbehörde) und die Bereitstellung finanzieller Mittel durch das Arbeitsamt machten es möglich, die Maßnahme Z1 - Zillierbach/Kaltes Tal kurzfristig zur Ausführungsplanung zu bringen, um die Realisierung noch im Jahre 1999 zu beginnen.
Die im Ergebnis der Entwurfsplanung erstellte Kostenberechnung zeigt in den Einzelmaßnahmen Abweichungen, jedoch liegen die Gesamtkosten im Rahmen der Kostenschätzung.
Die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern des Vorhabens wird als gut bewertet.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Das öffentliche Interesse an der Planung und schrittweisen Umsetzung der ökologischen Durchgängigkeit der Fließgewässer Holtemme und Zillerbach ist sehr groß. Verwaltungen, Vereine, Verbände, Unternehmen, Schulen und Bürger der Stadt Wernigerode identifizieren sich mit der Zielstellung des Vorhabens.
Auf Veranstaltungen zum Umwelt- und Naturschutz (Bau- und Umweltausschuss, Naturschutzbeirat, 1. Wernigeröder Wildfischsymposium, Agenda 21-Foren, Projekttage mit Schülern, Fachvorträge, Umweltmarkt, Vereinssitzungen u. a.) wurde das Vorhaben und der Ergebnisstand mehrfach vorgestellt. Im Stadt-Öko-Pfad wird auf die Fischaufstiege im Rahmen der Biotopvernetzungsplanung verwiesen.
Fazit
Das Förderprojekt und die Vorhabensergebnisse wurden in Form der Planungsunterlagen (3 Projektmappen) in Text- und Zeichnungsteil jeweils 4-fach übergeben.
Die, in den Planungsunterlagen ausgewiesenen Fischaufstiegsanlagen werden als realistisch bewertet und bieten die Voraussetzung für eine mittelfristige Genehmigung und Umsetzung des Vorhabens.
Fördersumme
73.218,02 €
Förderzeitraum
25.02.1998 - 10.01.2000
Bundesland
Sachsen-Anhalt
Schlagwörter
Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik