Projekt 12032/01

Innovative praktische Umsetzung und Untersuchungen zur Einsetzbarkeit, Praxistauglichkeit und Langzeitstabilität eines neuartigen Rinnensystems zur dezentralen Versickerung von Niederschlägen

Projektdurchführung

BIRCO Baustoffwerk GmbH
Herrenpfädel 142
76532 Baden-Baden

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Vielfach ist es insbesondere im verdichtet bebauten Bereich aufgrund eingeschränkten Platzangebots nicht möglich, den Oberflächenabfluß dezentral zu versickern. Mit Hilfe des neu entwickelten und patentierten Versickerungsrinnen-Systems der Firma BIRCO Baustoffwerk GmbH kann Oberflächenabfluß, der nicht schädlich verunreinigt ist, direkt unterhalb der versiegelten Fläche versickert werden. Hierbei werden Entwässerungsrinnen direkt an eine Rigole angeschlossen. Ein durchlässiger Oberflächenbelag ist nicht erforderlich. Zusätzlich kann eine Zisterne zur Brauchwassernutzung angeschlossen werden.
Vor der Praxisreife des Systems ist ein an die spezifischen Anforderungen angepaßtes, effektives und wartungsarmes Partikelfilter zu entwickeln. Ferner sind offene Fragen zur Retention von Schadstoffen, dem lokalen Grundwasserhaushalt und der mechanischen Standfestigkeit zu klären.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Sicherstellung einer dauerhaften Funktion der Anlage soll ein Partikelfilter entwickelt werden, der Feststoffe aus dem Oberflächenabfluß zurückhält, ohne die Durchsatzleistung der Anlage bei Starkregenereignissen zu beeinträchtigen. Zu diesem Zweck werden am ISWW Filtersiebe und an die Systemgeometrie angepaßte Lamellenabscheider einem Leistungsvergleich unterzogen. Anschließend wird im Hinblick auf den Grundwasserschutz in Labor- und Geländeversuchen die Reinigungsleistung des Filters sowie der Rigole bezüglich der im Oberflächenabfluß enthaltenen Schadstoffe getestet.
Hinsichtlich der nicht abscheidbaren Partikelanteile soll das Kolmationsverhalten der mit einem Geotextil-Vliesstoff umkleideten Rigole am Lehrstuhl Baugrund-Grundbau der Universität Dortmund in Laborexperimenten untersucht werden. Hier wird zudem die mechanische Standfestigkeit des Gesamt-systems in Abhängigkeit von den verwendeten Komponenten und der Flächennutzung geprüft.
Die Bemessung der Anlage gemäß den einschlägigen Regelwerken wird unter Berücksichtigung der spezifischen Systemparameter einer Kontrolle durch ein hydrologisches Simulationsmodell unterzogen, das auf mehrjährige Regenreihen verschiedener Regionen zurückgreifen soll. Mit einem numerischen Grundwasserströmungsmodell soll unter Verwendung der Outputdaten des hydrologischen Modells die Auswirkung der Versickerung auf den lokalen Grundwasserhaushalt insbesondere im verdichtet bebau-ten Bereich und bei ungünstigen Bodenverhältnissen untersucht werden.


Ergebnisse und Diskussion

Die gängigen Ansätze zur hydraulischen Bemessung für Rigolen wurden hinsichtlich Ihrer Anwendbarkeit auf das vorgestellte System sowohl in praktischen Versuchen als auch in einer numerischen Modellierung mit einer langjährigen Regenreihe mit Erfolg getestet. Hinsichtlich der Versickerungsleistung bestehen gegenüber dem Bemessungsansatz nach ATV-Arbeitsblatt A 138 noch Sicherheitsreserven. In weiteren numerischen Untersuchungen wurde der langfristige Grundwasserhaushalt im Be-reich einer Versickerungsanlage und die Wechselwirkung mit benachbarten Gebäuden nachgebildet. Dabei konnte gezeigt werden, dass selbst bei lehmigen Sandböden eine Vernässung von unterirdischen Bauwerksteilen auch in regenreichen Perioden nicht zu befürchten ist, wenn zu den Bauwerken ein Ab-stand von mindestens 3 m eingehalten wird.
In Lehm- und Tonböden können Versickerungsanlagen meist nur mit unwirtschaftlich hohem Aufwand als reine Versickerungslösung eingesetzt werden. Hier kann die Rigole als Retentionsspeicher mit einem gedrosselten Abfluss in einen Vorfluter bzw. in das Kanalisationssystem ausgeführt werden.
Mit einem Finite-Elemente-Programm wurde die mechanische Belastbarkeit des Versickerungsrinnen-Systems im eingebauten Zustand für verschiedene Lastfälle und verschiedene Ausführungen untersucht. Dabei wurden sowohl für PKW- als auch für LKW-Belastung Ausführungen gefunden, die sowohl die beim Überfahren auftretenden vertikalen Lasten als auch horizontale Bremskräfte aufnehmen können. Die Ergebnisse des numerischen Modells wurden an einer Testanlage auf dem Firmengelände von BIRCO in der Praxis verifiziert.
Zur Verhinderung der Kolmation der Versickerungsanlage wurden für den Sammel- und Reinigungsschacht ein Filtersieb und ein Lamellenabscheider zum Unterflureinbau entwickelt und im Labor sowie im Freilandversuch getestet. Dabei wurde im Laufe des Forschungsprojekts deutlich, an welchen Stellen die ursprüngliche Konstruktion des Lamellenabscheiders überarbeitet werden musste. Die Optimierung des Lamellenabscheiders im Hinblick auf eine effektive Trennung von abgelagerten Partikeln und durchströmendem Oberflächenabfluss wurde mit Hilfe von hydraulischen Modellversuchen vorgenommen.
Da durch Filter- bzw. Absetzmaßnahmen Partikel unter einer Korngröße von 60 bis 100 µm nicht zurückgehalten werden können, wurden die langfristigen Auswirkungen des Partikeleintrages auf die Standzeit der Rigole ermittelt und die verwendeten Materialien Kies und Rigolenvlies in dieser Hinsicht optimiert. Die unvermeidbare Reduzierung der Durchlässigkeit des Rigolenvlieses infolge Partikeleinlagerung muss bei der Dimensionierung der Versickerungsrigole berücksichtigt werden.
Der wichtigste Mechanismus, der das Grundwasser vor wassergefährdenden Stoffen schützt, ist bei allen Versickerungsanlagen die Zurückhaltung von Partikeln, an denen Schadstoffe gebunden sind. Dies kann entweder in einer belebten Oberbodenschicht oder in einer entsprechend leistungsfähigen Reinigungseinheit stattfinden. Im Rahmen von mehrmonatigen Versickerungsversuchen in Laborsäulen, die zur Erzielung eines Zeitraffereffekts mit einer Intensivierung der Regenhäufigkeit und -intensität betrieben wurden, konnten im Ablauf der Säulen nach einer Bodenpassage von 0,5 m weder Schwermetalle noch Mineralölkohlenwasserstoffe nachgewiesen werden.
Hinsichtlich des Verhaltens der Anlage bei Frost konnte über eine Betrachtung der Energiebilanz beim Einleiten von Wasser in eine Rigole, in der Temperaturen unter 0°C herrschen, gezeigt werden, dass die Gefahr eines Versagens auch bei extremen Wettersituationen nur sehr gering ist.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Versickerungsrinnen-System wurde in das Produktprogramm der BIRCO Baustoffwerk GmbH aufgenommen und wird über das bundesweite Vertriebsnetz sowie auf Baufachmessen auf dem Markt vorgestellt. Eine Veröffentlichung von Teilprojekten aus dem Untersuchungsprogramm in Fachpublikationen ist geplant.


Fazit

Im Rahmen des Projekts wurde in Laborversuchen und in der Praxis gezeigt, dass das beschriebene Versickerungsrinnen-System die Anforderungen zahlreicher Anwendungsfälle für Versickerungsanlagen erfüllt und für die Versickerung von nicht schädlich verunreinigtem Oberflächenabfluss eingesetzt wer-den kann.
Nach dem Abschluss des Forschungsprojekts steht ein marktreifes System zur Verfügung, das auch auf vielen Flächen eingesetzt werden kann, bei denen bisher aus Platzgründen keine Versickerung möglich war. Damit kann die Akzeptanz der Regenwasserversickerung erhöht und ein Beitrag zur Entlastung der Vorfluter und zur Wiederherstellung des natürlichen Grundwasserhaushalts geleistet werden.

Übersicht

Fördersumme

195.000,08 €

Förderzeitraum

01.04.1998 - 31.10.2000

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik