Modell einer universitär-kommunalen Partnerschaft zur Realisation einer Lokalen Agenda 21
Projektdurchführung
Technische Universität DarmstadtZentrum für Interdisziplinäre Technikforschung
Hochschulstr. 1, Geb. S1/03
64289 Darmstadt
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des gemeinsamen Projekts der Technischen Universität Darmstadt und der Gemeinde Riedstadt war die Ausarbeitung des Modells einer universitär-kommunalen Partnerschaft zur Realisation einer Lokalen Agenda 21, das auf andere Universitäten und Gemeinden übertragbar ist. Das Modell sollte die Kooperationsstrukturen darstellen, mit denen eine Universität theoretische Konzepte und konkrete Projektbeiträge für eine nachhaltige kommunale Entwicklung im Dialog von Politik, Verwaltung und Bürgern erarbeiten und in den lokalen Agenda 21 - Prozess einbringen kann. Es sollte darüber hinaus aufzeigen, wie aus einer solchen Kooperation Arbeits-, Lehr- und Forschungsformen resultieren können, die an der Universität die Bildung für eine nachhaltige
Entwicklung fördern können.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Vorhaben war geprägt durch die intensive Verknüpfung des Lokale Agenda 21 - Prozesses mit der Ausarbeitung des Partnerschaftsmodells. Zwischen der Gemeinde und der Universität detailliert abgestimmte Arbeitsschritte waren:
1. Aufbau der gemeinsamen Prozesssteuerung durch die Gemeinde bzw. die Universität;
2. Gründung jeweils einer Koordinationsgruppe für die Gemeinde bzw. die Universität;
3. Etablieren von acht thematischen Agendagruppen in der Gemeinde bzw. Identifikation, Bearbeitung und Koordination von wissenschaftlichen Fachbeiträgen in Form von Forschungsprojekten, Studien-, Diplom- und Vertieferarbeiten sowie Lehrveranstaltungen durch die Universität;
4. Verabschiedung des Handlungsprogramms für das 21. Jahrhundert, der Lokalen Agenda 21, durch die Gemeindevertretung und Umsetzung der erarbeiteten Leitlinien und Ziele in konkreten kommunalen Projekten.
Das Vorhaben ist der experimentell-empirischen Sozialforschung zuzuordnen, wobei die universitären Akteure weniger Beobachter als vielmehr Mitgestalter des lokalen Agendaprozesses waren. Im Rahmen einer Netzwerkanalyse wurden die Aufgaben der beteiligten Akteursgruppen und die Intensität ihrer Interaktionen detailliert erhoben. Ergänzend erfolgte eine begleitende Evaluierung des Kooperationsvorha-bens.
Ergebnisse und Diskussion
Etwa 60 wissenschaftlich-fachliche Beiträge, darunter eine Dissertation, in den Bereichen Klimaschutz, Siedlungsentwicklung, Verkehrsplanung, Naturschutz, Direkt- und Regionalvermarktung und Gemeinwesen wurden durch die 26 beteiligten sozial-, natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fachgebiete erarbeitet und in den kommunalen Agendaprozess, die Politikberatung und den Verwaltungsvollzug eingespeist. Die im Agenda 21-Prozess eingeübten Diskurs- und Beteiligungsverfahren wurden fester Be-standteil des kommunal-politischen Handelns der Gemeinde Riedstadt. Zur Vernetzung der kommunalen und universitären Akteure wurden folgende Organisationseinheiten gebildet:
1. Eine zentrale Koordinierungsstelle an der Universität, die als Ansprechpartner für die Kommune Kontakte zu Projektpartnern knüpft, wissenschaftliche Beiträge bündelt, sichert und vermittelt.
2. Ein Agendabüro, das an zentraler Stelle in der Kommune (z.B. Stabsstelle) die verwaltungsinternen und politischen Aktivitäten zur Lokalen Agenda 21 abstimmt, den Agenda-Prozess koordiniert und als zentraler Ansprechpartner für die Universität fungiert.
3. Die zentrale Koordinationsgruppe, die aus Vertretern der Koordinierungsstelle (1) und des Agen-dabüros (2) besteht und die Kooperation hinsichtlich Inhalt und Organisation abstimmt.
4. Ein Arbeitskreis Agenda 21 an der Universität, der unter Federführung der universitären Koordinierungsstelle (1) die Beiträge der beteiligten Fachbereiche abstimmt und die interdisziplinäre Projektbearbeitung und den fächerübergreifenden Austausch fördert.
5. Ein Koordinationskreis der Lokalen Agenda 21, der der Abstimmung der Agenda-Aktivitäten und der Unterstützung des Agendabüros (2) dient und in dem der Austausch zwischen den vier zentralen Akteursgruppen Verwaltung, Gemeindevertretung, Agenda-Gruppen und Universität erfolgt.
6. Projektgruppen an der Universität, die die wissenschaftlich-fachlichen Beiträge erarbeiten.
7. Agenda 21-Arbeitsgruppen in der Kommune, die Probleme, Ziele und Maßnahmen benennen bzw. ausarbeiten und Projekte gemeinsam mit der Politik konzipieren, mit der Verwaltung umsetzen und dabei die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit einbeziehen.
Die Projektgruppen (6) und die Agenda 21-Arbeitsgrupen (7) repräsentieren hierbei die inhaltliche Ebene der universitär-kommunalen Partnerschaft, während die Koordinationsgruppe (3) die prozessual-organisatorische Ebene darstellt. Für die gelungene Kooperation lassen sich u.a. folgende Erfolgs- und Gestaltungskriterien benennen:
1. Abschluss eines Kooperationsvertrages zwischen Universität und Gemeinde;
2. Mittelfristige Bearbeitungsdauer, gesicherte Finanzierung der Moderation und der Projektarbeit sowie Bereitstellung von jeweils einer halben Stelle für wissenschaftliches Personal auf beiden Seiten;
3. Aufbau eines institutionenübergreifenden Netzwerkes mit hoher Dichte;
4. Koordination an den zentralen Schnittstellen von Universität und Kommune;
5. Aufstellen von Regeln für die Interaktion von Bürgerschaft, Politik und Verwaltung;
6. Offenheit der Gemeinde gegenüber Partizipationsprozessen;
7. Ertüchtigung der Universität als gesellschaftlicher Akteur;
8. Erarbeitung von fachlich breit gestreuten universitären Beiträgen v. a. mit konzeptionellem Charakter;
9. Synchronisation der universitären Beiträge mit der Kommunalpolitik - wofür sich Studien- bzw. Diplomarbeiten und das interdisziplinäre Projektseminar als besonders geeignet erwiesen haben;
10. Vermittlung der wissenschaftlichen Ergebnisse an die kommunalen Akteure.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Öffentlichkeitsarbeit diente der Binnensteuerung des Agenda-Prozesses, der Information und Einbindung der Bevölkerung sowie der wissenschaftl. Reflexion des Projekts. Wesentliche Aktivitäten waren:
1. 200 Artikel im Laufe von fünf Jahren in der Lokal- und Regionalpresse;
2. Fachtagung Strategien nachhaltiger Entwicklung zu Erfolgsfaktoren und Hemmnissen von Lokale Agenda 21-Prozessen, Darmstadt, 14. Nov. 2000;
3. Auszeichnung des Modellvorhabens als ein Beispiel für best-practice auf dem BLK-Kongreß Zukunft lernen und gestalten - Bildung für eine nachhaltige Entwicklung, Osnabrück, 12./13. Juni 2001;
4. Veröffentlichungen in Monographien und Fachzeitschriften;
5. Internetauftritt Lokale Agenda 21-Prozess Riedstadt (www.zit.tu-darmstadt.de/ riedstadt/index.htm)
6. Internetauftritt UNIKOMM 21-Modellvorhaben (www.zit.tu-darmstadt.de/ unikomm/start.html).
Fazit
Das Modell der universitär-kommunalen Partnerschaft zur Realisation einer Lokalen Agenda 21 zwischen der TU Darmstadt und der Gemeinde Riedstadt ist grundsätzlich auf andere Universitäten und Gemeinden übertragbar, sofern die o.g. Erfolgs- und Gestaltungskriterien zumindest ansatzweise erfüllt sind. Die gewählte Form der Zusammenarbeit ist geeignet, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in Hochschulen und Kommunen gleichermaßen zu etablieren und das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung umzusetzen.
Fördersumme
167.468,54 €
Förderzeitraum
01.09.1998 - 13.12.2001
Bundesland
Hessen
Schlagwörter