Entwicklung eines Verfahrens zur Reduzierung diffuser Deponiegasemissionen und Optimierung des Nachbetriebes einer Altdeponie durch Abdeckung und geregelte Wasserzuführung
Projektdurchführung
ATUS GmbH
Berater Gutachter Ingenieure
Steindamm 39
20099 Hamburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die bisher verfolgten Strategien des Umgangs mit Altdeponien nach Abschluss der Verfüllung führen entweder zu dauerhafter Neubildung von Sickerwasser oder zur Mumifizierung des Deponiekörpers. Die vielfach aufgebrachten temporären Abdeckungen vermeiden zwar die Sickerwasserneubildung, bringen aber die biologische Prozesse zum Stillstand mit der Folge, dass diese zu einem weit späteren Zeitpunkt bei Versagen der Oberflächenabdichtung wieder in Gang kommen können. Am Beispiel des Müllkörpers der Deponie Wilsum im Landkreis Grafschaft Bentheim sollten daher die Auswirkungen einer gezielten Sickerwasserrückführung auf die Gasentwicklung untersucht werden. Dazu wurden vorhandene Infiltrationseinrichtungen für nicht aufbereitetes Sickerwasser weiter ausgebaut und weitere Infrastruktur zur Durchführung und Auswertung der Versuche geschaffen. Zugleich sollte das Vorhaben insofern der betrieblichen Optimierung dienen, als dass die kostenträchtige Sickerwasseraufbereitung minimiert, die Dauer der Nachsorgephase verkürzt und die Gasnutzung verbessert werden sollten.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAuf dem Bauabschnitt I A der Deponie Wilsum im Landkreis Grafschaft Bentheim wurde eine Oberflächenabdeckung aufgebracht. Unter diese Abdeckung wurden Schluckbrunnen in einem relativ engen Raster (24 Stück auf etwa 3 ha) eingebaut. In diese Brunnen wird Rohsickerwasser infiltriert; damit sollte nicht nur das bisherige Niveau der Gasbildung (= biologischer Umsetzung) aufrechterhalten, sondern ein höheres Niveau erreicht werden.
Kern des Projektes war die Installation einer angepassten Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Die Infiltration wurde über einen Industrie-PC gesteuert und konnte somit optimiert erfolgen. Zur Beschreibung der Reaktion des Deponiekörpers wurden Gasmengen, Methangehalte und Sickerwasseraustritt kontinuierlich erfasst.
In der ersten Projektphase wurde das System installiert und der Zustand der Deponie vor Projektbeginn - u.a. durch Bohrungen mit Trockensubstanzanalysen und Gärtests - beschrieben. In der zweiten Phase wurden verschiedene Betriebszustände eingestellt und das Verhalten der Deponie beobachtet. Als Methoden zur Beschreibung des Befeuchtungserfolgs wurden - neben umfangreichen Auswertungen des Datenbestands - elektromagnetische Untersuchungen sowie Tracerversuche eingesetzt.
Ergebnisse und Diskussion
Die Ergebnisse der Ist-Zustandserhebung und insbesondere die durchgeführten Bohrungen ergaben einen fortgeschrittenen Stabilisierungszustand des Deponiekörpers, der in dieser Form - ungefähr 3 Jahre nach den letzten Einlagerungen und etwa 10 Jahre nach dem Schwerpunkt des Ablagerungsbetriebs - nicht erwartet worden war. Dies ist für sich genommen ein wertvolles Ergebnis. Es zeigt, dass ein ständig feucht gehaltener Deponiekörper sehr viel schneller stabilisiert, als es die gängigen Abbauprognosen erwarten lassen. Im Sinne des Projektablaufs war dieses Ergebnis jedoch insofern unerfreulich, dass die Infiltration am Standort der Deponie Wilsum keine nennenswerten Auswirkungen auf den Stabilisierungsprozess mehr entfalten konnte.
Da die Infiltrationsanlage bereits installiert war, wurde der Projektschwerpunkt dahingehend geändert, die Funktionalität des installierten Systems zu überprüfen, insbesondere die Veränderung des Deponiewassergehalts aufgrund der Wasserzugabe.
* Die Schluckbrunnen erwiesen sich als kostengünstige, robuste und funktionable Technik. Die EDV-technische Steuerung funktionierte nach einigen Kinderkrankheiten einwandfrei.
* Die zu Pegeln ausgebauten Bohrlöcher zeigten eine deutliche Veränderung des Wasserstands aufgrund der Zugabe.
* Mittels der geophysikalischen Erkundungen konnte nachgewiesen werden, dass trotz punktförmiger Wasserzugabe eine flächenhafte Erhöhung des Wassergehaltes auch in den obersten Schichten erfolgt.
* Die Tracerversuche ergaben eine relativ lange Retentionszeit des zugeführten Wassers (Durchfluss-geschwindigkeit < 0,4 m/d) selbst bei Brunnen mit hoher Infiltrationskapazität.Eine Abschätzung der Umweltentlastung durch diese Technik - die aus den beschriebenen Gründen für eine Modelldeponie durchgeführt werden musste - ergab ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis, mit CO2-Vermeidungskosten von rd. 20 DM/t gegenüber den mittleren Vermeidungskosten nach Klima-schutzprogramm von 67 DM/t.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Am 13.September 2000 wurde eine Fachtagung in Uelsen (Grafschaft Bentheim) mit anschließender Anlagenvorführung durchgeführt, die mit rd. 50 Fachbesuchern gut wahrgenommen wurde. Die gehaltenen Vorträge wurden in einem Tagungsband dokumentiert.
Die Projektergebnisse wurden in zwei Statements anlässlich des UBA-Fachgesprächs Infiltration von Wasser in den Deponiekörper am 14.12.00 sowie auf der Trierer Deponiegastagung 2001 vorgestellt.
Fazit
Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass die Beeinflussung des Wasserhaushalts einer Deponie durch Sickerwasserrückführung möglich ist. Dies lässt darauf schließen, dass an anderen Standorten mit erheblichem Feuchtigkeitsdefizit mit dieser Technik Vorteile auch hinsichtlich der Beschleunigung des biologischen Abbaus erreicht werden können. Angesicht der stärker werdenden Diskussion um die Sickerwasserrückführung und der anstehenden Schließung von Hausmülldeponien in Deutschland geht die ATUS GmbH von weiteren Anwendungsfällen aus.
Fördersumme
158.830,27 €
Förderzeitraum
23.05.1997 - 15.11.2001
Bundesland
Hamburg
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik